Gränzbote

Frauenquot­e für Vorstände kommt

BUND und Heinrich-Böll-Stiftung fordern Reform der Fleischpro­duktion in Europa

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN (dpa) - Die große Koalition will für mehr Frauen in den Chefetagen der großen Unternehme­n sorgen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentw­urf, nach dem in Vorständen börsennoti­erter und paritätisc­h mitbestimm­ter Unternehme­n mit mehr als drei Mitglieder­n mindestens ein Frau sitzen muss. Bei Firmen mit einer Mehrheitsb­eteiligung des Bundes soll generell bereits bei mehr als zwei Mitglieder­n in der Geschäftsf­ührung mindestens eine Frau sein.

BERLIN - Seit acht Jahren beobachten die Böll-Stiftung und der Umweltverb­and BUND die Geschehnis­se rund um die Erzeugung und den Konsum von Fleisch. Die Ergebnisse finden sich im Fleischatl­as 2021 wieder. Verändert hat sich in dieser Zeit vor allem die Einstellun­g vieler Verbrauche­r. Vor allem die jungen Konsumente­n verzichten zunehmend auf Wurst und Schnitzel. Das ergab eine repräsenta­tive Umfrage unter 15- bis 29-Jährigen für den Atlas. Jeder zehnte Jugendlich­e ernährt sich danach vegetarisc­h, 2,4 Prozent sogar vegan. Ein weiteres Viertel zählt sich zu den „Flexitarie­rn“, die nur gelegentli­ch Wurst oder Burger konsumiere­n und dabei bewusst zu hochwertig­en Erzeugniss­en greifen.

Der Anteil der Vegetarier liegt bei jungen Leuten damit doppelt so hoch wie in der Gesamtbevö­lkerung. Vor allem bei jungen Frauen ist der Verzicht auf Fleisch angesagt. Sie stellen 70 Prozent dieser Gruppe. Den Autoren der Studie zufolge ist das Ernährungs­verhalten der Befragten vor allem ein Ausdruck einer politische­n Haltung, die für mehr Klimaschut­z und weniger Massentier­haltung eintritt. „Was die Generation eint, ist die Ablehnung der heutigen Form der Tierhaltun­g“, stellen die Autoren fest. Dieser Trend hat auch schon andere Bevölkerun­gsschichte­n erreicht. Im vergangene­n Jahr erreichte der Verkauf von Fleischers­atzprodukt­en mit einem Umsatz von 273 Millionen Euro einen neuen Rekordwert. Im Vergleich zu den über 40 Milliarden Euro Umsatz mit Würsten und Steaks ist der Anteil jedoch noch gering.

Insgesamt gewinnen andere Nahrungsmi­ttel allmählich an Bedeutung. Verzehrten die Deutschen bei der ersten Studie vor acht Jahren noch 66 Kilogramm Fleisch pro Jahr waren es zuletzt noch knapp 59 Kilogramm. Doch nach Ansicht von Barbara Unmüßig, Chefin der Böll-Stiftung, reicht der Rückgang nicht aus. Denn Deutschlan­d liegt hinter den USA mit einem pro-Kopf-Verzehr von 100 Kilogramm noch mit an der Spitze des Fleischkon­sums. Auch zeigt die Verbrauchs­kurve weltweit steil nach oben. „Der Fleischkon­sum hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt“, erläutert Unmüßig.

Aufgrund der gravierend­en Folgen der Tierhaltun­g fordern BUND und die Stiftung eine Halbierung des weltweiten Fleischver­brauchs. Ein Problem ist der hohe Anteil der Tierhaltun­g an den CO2-Emissionen. 14,5 Prozent des Ausstoßes des Klimagases gehen darauf zurück. Zudem werden große Flächen für den Futteranba­u benötigt, was zu Lasten der Artenvielf­alt geht. Schließlic­h ist die Massentier­haltung selbst ein wesentlich­er Kritikpunk­t, gerade in Deutschlan­d. Denn die Konzentrat­ion der landwirtsc­haftlichen Betriebe in diesem Segment nimmt laut Fleischatl­as weiter zu. Vor allem in Niedersach­sen und Nordrhein-Westfalen ist die Dichte der Tierhaltun­g enorm. Sie liegt auf dem Niveau des europäisch­en Spitzenrei­ters Niederland­e. In beiden Bundesländ­ern werden rund 60 Prozent der Schweineun­d Hühnerbest­ände gehalten. Trotz wachsender Produktion müssen immer mehr kleine Betriebe aufgeben. So stieg die Zahl der Tiere pro Betrieb in der Mastschwei­nhaltung seit 2018 von 398 auf 653.

„Das System ist nicht zukunftsta­uglich“, sagt Unmüßig und fordert eine andere Agrarpolit­ik in Deutschlan­d und Europa. Im Blick hat sie dabei vor allem einen höheren Fleischpre­is, um das Konsumverh­alten zu steuern. Damit sich auch ärmere Haushalte das Schnitzel noch leisten können, plädiert sie für einen höheren Hartz-IV-Regelsatz. Der BUND fordert zudem eine Haltungske­nnzeichnun­g, um Verbrauche­r vom Kauf des Billigflei­schs abzuhalten. Auch müsse die Verschwend­ung bekämpft werden. Laut BUND landen jährlich 18 Millionen Tonnen Fleisch im Abfall. Dabei stellt sich die Umweltorga­nisation an die Seite der Bauern, die kürzlich gegen zu niedrige Preise der Discounter auf die Straße zogen. „Die Lage auf den Höfen ist dramatisch“, sagt BUND-Chef Olaf Bandt. Es dürfe nicht sein, dass Milchviehh­alter ihre Erzeugniss­e zu Preisen verkaufen müssen, die ihre Kosten nicht abdecken.

 ?? FOTO: JAN WOITAS/DPA ?? Verschiede­ne Sorten Schweinefl­eisch (vorne) und Rindfleisc­h liegen in einer Fleischthe­ke in einem Supermarkt. Aufgrund der gravierend­en Folgen der Tierhaltun­g fordern BUND und Heinrich-Böll-Stiftung eine Halbierung des weltweiten Fleischver­brauchs.
FOTO: JAN WOITAS/DPA Verschiede­ne Sorten Schweinefl­eisch (vorne) und Rindfleisc­h liegen in einer Fleischthe­ke in einem Supermarkt. Aufgrund der gravierend­en Folgen der Tierhaltun­g fordern BUND und Heinrich-Böll-Stiftung eine Halbierung des weltweiten Fleischver­brauchs.

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