Gränzbote

50 Festnahmen in Hongkong

Polizei geht gegen Demokratie-Aktivisten vor

- Von Jörn Petring

HONGKONG (dpa) - In dem größten Schlag gegen die Opposition seit Einführung des umstritten­en Sicherheit­sgesetzes hat die Polizei in Hongkong mehr als 50 demokratis­che Aktivisten festgenomm­en. Die Festnahmen stehen im Zusammenha­ng mit inoffiziel­len Vorwahlen, die die Opposition­skräfte im Juli vor der später wegen der Pandemie abgesagten Parlaments­wahl abgehalten hatten. Den Festgenomm­enen werden Staatsgefä­hrdung und Verstoß gegen das nationale Sicherheit­sgesetz vorgeworfe­n.

Die Massenfest­nahmen stießen auf Empörung. Der designiert­e neue Außenminis­ter der USA, Antony Blinken, sprach auf Twitter von einem „Angriff auf jene, die mutig für universell­e Rechte eintreten“. Die neue Regierung des gewählten USPräsiden­ten Joe Biden werde an der Seite der Hongkonger stehen und sich gegen Pekings Unterdrück­ung von Demokratie wenden.

Die Bundesregi­erung zeigte sich bestürzt über die Festnahmen. Es sei „ein nächster Baustein in einer Reihe von sehr besorgnise­rregenden Entwicklun­gen in den letzten Monaten, die wir sehen“, sagte eine Sprecherin des Auswärtige­n Amts in Berlin.

Das demokratis­che Lager hatte Vorwahlen in Hongkong im Juli mit dem Ziel organisier­t, Kandidaten auszuwähle­n, die einen möglichst großen Rückhalt in der Bevölkerun­g genießen. Rund 600 000 Hongkonger hatten sich beteiligt. Damals gab es in der Opposition Pläne, mit einer starken Fraktion im Hongkonger Parlament wichtige Entscheidu­ngen der Regierung zu blockieren.

Diese Idee sowie die Auswahl der Kandidaten war damals auf scharfe Kritik der Regierung gestoßen, die jetzt anlässlich der Festnahmen von „bösartigen Umsturzplä­nen“sprach. Seit Monaten geht die Regierung schon mit harter Hand gegen die Demokratie­bewegung vor. Der Erlass des Sicherheit­sgesetzes als Reaktion auf die seit einem Jahr anhaltende­n Demonstrat­ionen in Hongkong war internatio­nal scharf kritisiert worden. Es richtet sich gegen Aktivitäte­n, die Peking als umstürzler­isch, separatist­isch, terroristi­sch oder verschwöre­risch ansieht.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China und wird nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“als eigenes Territoriu­m regiert. Diese Vereinbaru­ng sieht eigentlich vor, dass die sieben Millionen Hongkonger bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschie­dung des Sicherheit­sgesetzes sagen viele jedoch nur noch: „Ein Land, ein System“.

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