Wien am Krähenbach
Es hilft nichts - wir müssen uns mit einer furchtbaren Tatsache beschäftigen: Die Donau verschwindet. Und zwar nicht nur für ein paar Tage, sondern für immer. Die Folgen sind unabsehbar.
Die brutalen Fakten: 1874 wird die erste vollständige Versinkung festgestellt. Seitdem steigt die Zahl der Tage mit trockenem Flussbett stetig und stark an. Waren es vor der Jahrhundertwende um 1900 noch 80 Tage, an denen sich der Fluss aus dem Staub macht, sind es mittlerweile mehr als 200, Tendenz steigend. Die Experten rechnen damit, dass der Fluss irgendwann zwischen Immendingen und Möhringen komplett versickert schließlich spült er auf dem Weg zum Aachtopf immer mehr Kalk aus dem Boden, der so durchlässig wie ein Sieb ist. Irgendwann werden die Löcher im Sieb so groß, dass das Wasser nur noch so durchrauscht.
Und dann? Füllen Krähenbach und Elta das, was früher einmal die Donau war, wieder auf. Aber wie heißt das dann? Noch immer oder wieder Donau? Oder wäre es nicht logisch, den Fluss ab Möhringen Krähenbach zu nennen? An die internationalen Folgen mag man gar nicht denken: Tuttlingen am Krähenbach, das fällt ja jenseits der Kreisgrenzen nicht so auf – aber Ulm am Krähenbach? Passau? Und, oh Gott: Wien? Am Krähenbach? Und Budapest?
Müssen Werke wie „An der schönen blauen Donau“umgeschrieben werden, in „Am schönen blauen Krähenbach“? Gibt es dann den Krähenbach-Walzer? Heißt das Kuchenstück mit Pudding und Kirschen künftig Krähenbachwelle? Muss das alte Österreich-Ungarn gar nachträglich umgetauft werden in KrähenbachMonarchie? Es wird einem ganz schwindlig. Ach, und dann wird es wohl demnächst auch Krähenbachdampfschifffahrtsgesellschaft heißen.
Und weitere bange Fragen tun sich auf: Wenn die neue Donau erst bei Möhringen beginnt und auch weiterhin so heißt - wie heißt dann dieser Bach zwischen Donaueschingen und Immendingen, wo er kläglich verenden wird? Die Donaueschinger können dann ihre angebliche Donauquelle - über deren Bedeutung man schon jetzt geteilter Meinung sein kann - zuschütten und ihr Marketing ganz aufs Reitturnier konzentrieren.
Und weiter im Planspiel: Wenn die Donau künftig bei Immendingen den Blinker setzt und komplett in Richtung Aach abbiegt, die ihrerseits ja in den Rhein fließt - könnte man dann nicht den Rhein mit Fug und Recht in Donau umbenennen? Man weiß es nicht. Noch fließt ja die Donau auch bei Möhringen noch in bewährter Qualität; wann das aufhört, weiß man nicht. Aber dass es aufhört - das ist sicher. Und für diesen Moment sollte man gewappnet sein. Mit anderen Worten: Wir fordern eine Expertenkommission. (leu)