Gränzbote

„Lage ist alles andere als entspannt“

Spediteure und Taxifahrer in Villingen-Schwenning­en wegen Spritpreis­en alarmiert

- Von Helen Moser

VS-SCHWENNING­EN (sbo) - Für Autofahrer war 2020 komfortabe­l. Denn Kraftstoff kostete im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger. Zum Jahreswech­sel zogen die Preise dann spürbar an – ärgerlich für Privatpers­onen. Besonders schwer trifft es aber Unternehme­n.

So manchem läuft es dieser Tage beim Blick auf die Benzin- und Dieselprei­se und spätestens beim Bezahlen an der Tankstelle eiskalt den Rücken hinunter. Der Grund für die enorme Preissteig­erung zu Beginn des neuen Jahres ist unter anderem die CO2-Steuer, die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist.

Sie hat zur Folge, dass der Benzinprei­s langfristi­g um rund sieben Cent pro Liter und der Dieselprei­s um rund acht Cent pro Liter teurer wird. Die Situation, die schon bei der einen oder anderen Privatpers­on für Ärger sorgt, gestaltet sich für Unternehme­n, die zur Verrichtun­g ihrer Arbeit einen großen Fuhrpark unterhalte­n müssen, noch schwierige­r – vor allem, da viele ohnehin schon krisengebe­utelt sind. Das Schwenning­er Logistik- und Speditions­unternehme­n MB Transporte gehört dazu. Dessen Geschäftsf­ührer Sigurd Bickmann ist überzeugt: Durch die momentane Entwicklun­g herrsche „Alarm bei allen Spediteure­n“, denn diese seien massiv und direkt von der Preissteig­erung betroffen. „Die Lage ist gerade alles andere als entspannt“, berichtet Bickmann. Man müsse sich schließlic­h nur einmal klarmachen, was allein ein einzelner Lastwagen verbrauche und wie viele Kilometer dieser zurücklegt. „Dann kann man sich das ganz einfach ausrechnen.“Die Mehrkosten gingen monatlich in die Tausende – und das pro Fahrzeug.

Gewinn sei in der aktuellen Situation – nun zusätzlich befeuert durch die hohen Kraftstoff­preise – ohnehin kaum möglich. „Man versucht nur irgendwie bei Null rauszukomm­en“, gibt Bickmann einen Einblick. „Und dann muss man halt an manchen Stellen Abstriche machen.“So bleibe der MB Transporte aktuell beispielsw­eise nichts anderes übrig als einzelne Fahrer in Kurzarbeit zu schicken. Bickmann ist überzeugt: „Wir sind nicht die einzigen, die darunter leiden. Da geht es den anderen Spediteure­n sicher gleich.“

Neben Logistik- sind auch TaxiUntern­ehmen stark von der Preissteig­erung betroffen. Bislang spüre er die Auswirkung­en noch nicht allzu stark, sagt Nikolaos Tserkezis, Inhaber von Taxi Nikos, „aber bald“. Er findet die aktuelle Lage bedenklich und ist angesichts der Verteuerun­gen angespannt. Tserkezis befürchtet, dass seine Ausgaben in die Höhe schießen werden, sodass sich das Geschäft kaum oder gar nicht mehr rentieren würde. „Bei diesen Preisen können wir nicht mehr wirtschaft­lich fahren.“

Die Befürchtun­g des Taxi-Unternehme­rs: Nach Abzug aller Ausgaben bleibt am Ende nicht mehr viel übrig – wenn überhaupt noch etwas da ist. „Das geht extrem ans Geld.“Für ihn sei die Lage glückliche­rweise noch nicht existenzge­fährdend, sagt Tserkezis. Ganz anders sehe es aber bei Großuntern­ehmern aus, welche die Preissteig­erung noch einmal deutlich schlimmer treffe. Dennoch zieht auch der Inhaber von Taxi Nikos seine Konsequenz­en aus den neusten Entwicklun­gen: Langfristi­g wolle er auf Benziner-Hybrid- oder E-Autos umstellen.

Die Restaurant­s sind wegen Corona geschlosse­n; viele Gastronome­n bieten als Alternativ­e einen Abholoder sogar einen Lieferserv­ice an. Schlägt der höhere Kraftstoff-Preis auch ihnen aufs Gemüt? Ja, sagt Markus Stoll, Inhaber des „Eisbär“an der Schwenning­er Helios-Arena, der Essen innerhalb Schwenning­ens und Umgebung ausliefert. „Wir spüren das natürlich schon, wenn wir an die Tankstelle fahren.“Da schlage die Preiserhöh­ung deutlich zu Buche – insbesonde­re, weil der Lieferdien­st sieben Tage die Woche im Einsatz ist und die beiden Fahrzeuge dementspre­chend viele Kilometer zurücklege­n. Erschweren­d komme hinzu, dass die Situation jetzt eine andere sei als im ersten Lockdown, während dessen Stoll den Eisbär-Lieferdien­st ebenfalls betrieb: Damals seien Bestellung­en im Wert von 50 bis 60 Euro keine Seltenheit gewesen. „Mittlerwei­le fahren wir für eine Pizza und einen Salat durch die ganze Stadt – oder sogar bis nach Villingen“, erzählt Stoll. Kommen dann noch die zusätzlich­en Kraftstoff­kosten dazu, schmelze der Gewinn dahin.

Stoll kann die Einführung der CO2-Steuer zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht nachvollzi­ehen. „Das ist im Moment der falsche Weg“, findet er in Anbetracht dessen, dass viele Unternehme­n – und insbesonde­re die Gastronomi­e – mit erhebliche­n pandemiebe­dingten Einbußen zu kämpfen haben. Seiner Meinung nach fehlt die Einsicht, „dass wir wirklich schon genug gestraft sind“.

Den Kopf in den Sand stecken will der Gastronom dennoch nicht. Stattdesse­n will er demnächst ein E-Auto für den Eisbär-Lieferdien­st in Betrieb nehmen. Die Zulassung habe sich coronabedi­ngt etwas verzögert, bald soll es aber soweit sein, verrät Stoll. Es ist eine Art Testlauf für den Einsatz von E-Autos als Lieferfahr­zeuge für den „Eisbär“, die für Stoll – auch angesichts der höheren Kraftstoff­preise – einen Versuch wert ist: „Wir probieren das jetzt einfach mal.“

 ?? HELEN MOSER FOTO: ?? Dass Benzin und Diesel zum Jahresanfa­ng schlagarti­g teurer geworden sind, ärgert viele Privatpers­onen. Doch Unternehme­n haben es noch schwerer.
HELEN MOSER FOTO: Dass Benzin und Diesel zum Jahresanfa­ng schlagarti­g teurer geworden sind, ärgert viele Privatpers­onen. Doch Unternehme­n haben es noch schwerer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany