Sieg und Entsetzen bei den Handballern
Zulassung von Zuschauern bei der WM stößt auf Kritik – DHB-Team bezwingt Österreich
GRAZ (SID) - Sander Sagosen wählte drastische Worte. Dass bei den Spielen der bevorstehenden Weltmeisterschaft in Ägypten tatsächlich Zuschauer in den Hallen erlaubt sind, erzürnte Norwegens Superstar vom deutschen Rekordmeister THW Kiel. „Ich finde das völlig peinlich“, polterte Sagosen. Spiele vor Publikum seien momentan „zu dumm“, sagte der Rückraumspieler, der die Kieler gerade zum Champions-League-Titel geführt hat, der heimischen Nachrichtenagentur NTB: „So wie die Welt gerade aussieht [...] und da wollen sie Zuschauer dabei haben.“Vor Sagosen hatte bereits der dreimalige Welthandballer Mikkel Hansen moniert, er sehe keinen Sinn darin, dass die Spieler in ihrer Blase in „Isolation gezwungen“werden und dann vor „Menschenmassen“spielen müssten.
Die beiden Ausnahmekönner stehen mit ihrer Meinung beileibe nicht alleine da – und treffen in Zeiten, in denen allerorts die Corona-Maßnahmen samt Kontakt-Beschränkungen noch einmal verschärft werden, einen wunden Punkt. Dass die WM trotz der weltweit wütenden Corona-Pandemie durchgezogen wird, ist das eine. Doch dass in den vier Arenen laut den neuesten Plänen der Veranstalter tatsächlich mit bis zu 20 Prozent Zuschauern geplant wird, lässt viele Beobachter ratlos zurück.
Von einem „Wahnsinn“sprach Erlangens Aufsichtsratschef Carsten Bissel in der „Süddeutschen Zeitung“. Hansen vermutet hinter der Entscheidung des Weltverbandes IHF finanzielle Interessen. „Es deutet manches darauf hin, dass man das Wirtschaftliche vor die Gesundheit der Spieler stellt“, sagte der Torjäger von WM-Titelverteidiger Dänemark der „Jyllands-Posten“.
In den Reihen der deutschen Handballer ist man unterdessen um Deeskalation bemüht. DHB-Kapitän Uwe Gensheimer gibt sich bei dem heiklen Thema diplomatisch. „Ich glaube nicht, dass jemand von den Zuschauern eng an uns rankommen wird“, sagte er. Angesichts der deutlich reduzierten Anzahl würden die Fans „weit weg von uns“sein „und uns nicht zu nahe kommen“.
Das deutsche Team könnte seine drei Vorrundenspiele bei der WM in der Hassan-Moustafa-Halle in Gizeh vor bis zu 1040 Zuschauern bestreiten. Dies entspräche der maximal erlaubten Hallenauslastung, die nach Gesprächen zwischen dem Organisationskomitee und Behörden gut eine Woche vor dem Turnier von 30 auf 20 Prozent gesenkt worden ist. In der Hauptrunde könnten es dank größerer Halle bis zu 1500 Zuschauer sein, in den K.o.-Spielen 3400.
DHB-Vizepräsident Bob Hanning hält die Zuschauer-Debatte indes für unangebracht und erinnert an Forderungen der deutschen Clubs, die zuletzt immer wieder darauf gedrängt hatten, mit ausgeklügelten Hygienekonzepten vor Publikum spielen zu dürfen. „Also das, was wir wünschen und morgen machen würden, wenn wir dürften, wollen wir den anderen verwehren, die es dürfen“, sagte Hanning, gleichzeitig Geschäftsführer der Füchse Berlin, im rbb: „Wir sollten immer wieder schauen, worüber wir reden, und nicht Dinge opportunistisch vertreten.“