„In Krisen ist es wichtig, Flagge zu zeigen“
Wie Corona sich auf das Sozialwerk auswirkt - Sorge wegen bürokratischer Anforderungen
TROSSINGEN - Als eine Art „Gemischtwarenladen im sozialen Bereich“bezeichnet Geschäftsführer Josef Bär das Trossinger Sozialwerk. Die zahlreichen Angebote konnten bisher trotz Corona-Pandemie aufrecht gehalten werden.
Glücklicherweise, sagt Josef Bär, hat die Corona-Pandemie bisher für nur wenige Ausfälle beim Sozialwerk gesorgt. Rund 90 Mitarbeiter engagieren sich dort, die überwiegend geringfügig beschäftigt oder ehrenamtlich tätig sind. „Gerade in solchen Krisen ist es wichtig, Flagge zu zeigen und die dringend notwendige Unterstützung zu gewähren“, betont er. Angebote wie Essen auf Rädern wo 13 Fahrer täglich 120 Mittagessen ausliefern-, die Nachbarschaftshilfe, Familienpflege und KindergartenNotbetreuung seien gerade in der jetzigen Zeit von existenzieller Bedeutung.
Umstellen musste sich das Sozialwerk aufgrund der Pandemie aber trotzdem. Zahlreiche Hygienevorschriften mussten umgesetzt werden und wegen der Trennung von Kindergartengruppen und Schulklassen mussten Bär und sein Team zusätzliches Personal suchen. „In der Ganztagesbetreuung der Rosenschule musste die Essensausgabe während des Mittagsbands von drei auf vier Schichten erhöht werden“, berichtet Bär über die Zeit vor dem erneuten Lockdown Ende Dezember. 21 Mitarbeiter in den Kindergärten und der außerschulischen Betreuung waren zudem von April bis Juli 2020 in Kurzarbeit, arbeiten inzwischen aber wieder normal.
Besonders schade für die 41 Helferinnen der Nachbarschaftshilfe sei, so Bär, dass das Helferfest wegen der
Pandemie ausfallen musste. In diesem Jahr steht das 50-jährige Jubiläum des Angebots an. „Da werden wir das dann sicher entsprechend nachholen können“, hofft der Geschäftsführer.
Ein weiteres großes Thema in diesem Jahr werden die schulischen Ganztagsangebote, wie Geschäftsführer Josef Bär sagt - vor allem am neuen Schulzentrum. Das Sozialwerk sei definitiv bereit, sich an der Ganztagsbetreuung für Realschule und Gymnasium zu beteiligen, aber es gebe noch gesprächsbedarf, wie diese geregelt werden soll. „Anfallen würde das im Herbst“, so Bär.
Dabei war lange nicht klar, ob das Sozialwerk überhaupt weiterhin die Verantwortung für die Ganztagesbetreuung tragen können würde. Der Bund hatte vorgesehen, dass die Betreuung künftig unter Schulaufsicht stehen muss, um mit Fördergeldern finanziert zu werden. Ein Problem in Baden-Württemberg, wo 80 Prozent der Grundschüler kommunal betreut werden - so wie auch in Trossingen, wo das Sozialwerk die außerschulische Betreuung an der Rosenschule übernimmt und sich um die Mittagessen kümmert. Rund 72 000 Euro
Landesförderung erhält das Sozialwerk
für diese beiden Aufgaben. „Die Haltung des Bunds ist unverständlich. Im Vordergrund sollten eine hohe Qualität der Betreuung und nicht Zuständigkeitsfragen und weitere bürokratische Anforderungen stehen“, findet Josef Bär.
Auch die Rosenschule sei interessiert daran, die bisherige Kooperation fortzuführen - nicht zuletzt auch, weil Ganztagsschulkoordinatorin Romy Glaßmann auch als Schulsozialarbeiterin der Rosenschule tätig ist und so zahlreiche Synergieeffekte entstehen. In diesem Schuljahr nehmen 135 Schüler teil, die Zahl der Mitarbeiter wurde gerade erst auf 15 aufgestockt. Mehr als 100 Mittagessen werden täglich in der Mensa ausgegeben, auch an die Ganztagesschüler der Löhrschule. „Wir haben eine Top-Lösung, die nicht an Zuständigkeiten scheitern sollte“, sagt Bär.
Inzwischen sind Land und Bund zu einer Einigung gekommen: Sieht das Landesministerium als oberste Schulaufsichtsbehörde die Qualitätskriterien erfüllt, kann die Aufsicht auf die Kommunen delegiert werden. „Zumindest wurde ein Kompromiss erzielt, es ist jedoch zu befürchten, dass die bürokratischen Anforderungen zunehmen“, sagt Bär.