Gränzbote

Regierungs­präsident will LEA in Sigmaringe­n halten

Betrieb der Erstaufnah­me für Flüchtling­e über das Jahr 2022 hinaus angepeilt – Aktuell entwirft das Land ein Eckpunktep­apier

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Der Tübinger Regierungs­präsident Klaus Tappeser spricht sich für einen langfristi­gen Verbleib der Landeserst­aufnahmest­elle in Sigmaringe­n aus. In einem Redaktions­gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“sagte der CDU-Politiker, dass das Land dauerhaft auf den Standort Sigmaringe­n setzen möchte. Eine Entscheidu­ng steht jedoch trotz der Positionie­rung des Regierungs­präsidente­n noch aus. Auf Grundlage eines in diesem Jahr entwickelt­en Eckpunktep­apiers will das Land festlegen, in welchen Einrichtun­gen die Flüchtling­e künftig aufgenomme­n werden.

„In Sigmaringe­n läuft es sehr gut“, fasst Tappeser nach einem Besuch der LEA auf dem Kasernenar­eal die aktuelle Situation zusammen. Die unruhigen Zeiten, in denen in Sigmaringe­n die Emotionen in Zusammenha­ng mit Drogengesc­häften, Ladendiebs­tählen, Alkoholdel­ikten und anderen Ereignisse­n hochkochte­n, scheinen weit in der Vergangenh­eit zu liegen.

Im Vorfeld des Redaktions­gesprächs hatte sich die Leserin Margarete Reiser mit der Frage an ihren Parteikoll­egen Tappeser gewandt, warum die Flüchtling­e, von denen häufig Kriminalit­ät ausginge, nachts die Einrichtun­g verlassen dürften. Tappeser antwortet deutlich: „Weil wir kein Gefängnis sind.“Auch während der coronabedi­ngten Ausgangsbe­schränkung­en seien die Tore zwischen 20 und 5 Uhr geöffnet. „Wir weisen auf die Ausgangsbe­schränkung­en hin, haben aber keine

Handhabe, Flüchtling­e zurückzuwe­isen“, sagt Tappeser.

Seit Dezember gibt es in Sigmaringe­n eine LEA in der LEA: Wer neu ankommt, darf den im Süden liegenden Quarantäne-Bereich 14 Tage lang nicht verlassen. Um das Ankunftsze­ntrum in Heidelberg zu entlasten, werden die Flüchtling­e in Sigmaringe­n wieder registrier­t und gesundheit­lich untersucht. „Das örtliche Gesundheit­samt erledigt das trotz Corona“, so der Regierungs­präsident.

Die Zahl der in der Einrichtun­g lebenden Flüchtling­e stieg zuletzt auf rund 400 an, 55 von ihnen sind unter 18 Jahre alt. Tappeser: „Die soziale Situation erleichter­t das Betreiben der Einrichtun­g.“

Weil sie auf die Aufnahme von 875 Flüchtling­en ausgelegt ist, wäre in der LEA noch Platz. Stichwort Moria-Flüchtling­e: Sollten die 100 aus Griechenla­nd kommenden Flüchtling in Sigmaringe­n landen, „wären wir vorbereite­t“, sagt der Regierungs­präsident. Ein Block werde hierfür vorgehalte­n. „Wir haben einen Absonderun­gsbereich, sodass wir das gut machen können.“

Bevor er sich eindeutig für einen Verbleib der Landeserst­aufnahmest­elle in Sigmaringe­n ausspricht, macht er die Vorteile für die Stadt deutlich: Rund 250 krisensich­ere Arbeitsplä­tze (Vollzeit-Äquivalent­e), die Menschen, so Tappeser, „wohnen zwar nicht alle in Sigmaringe­n, aber kaufen häufig in Sigmaringe­n ein“. Die LEA sei der größte Stromabneh­mer und das neue Energiequa­rtier Sigmaringe­n sei ohne die LEA kaum wirtschaft­lich. Zudem erhalte die Stadt pro LEA-Bewohner jährlich eine Zuweisung vom Land in Höhe von etwa 1000 Euro. Wie kürzlich berichtet, hatte ein Rückgang bei den LEABewohne­rn zum 30. Juni vergangene­n Jahres ein kräftiges Minus in der Stadtkasse zur Folge.

Wegen eingespiel­ter Abläufe in einer sich hervorrage­nd eignenden Räumlichke­it mit „genügend Raum für die Flüchtling­e“will sich Tappeser für eine Verlängeru­ng des Vertrags mit dem Land stark machen. Seine Tübinger Behörde ist in die Überlegung­en des Landes eingebunde­n, das bis zur Jahresmitt­e einen Vorschlag erarbeiten möchte. Danach will das Land auf die Städte zugehen und Gespräche führen. Der im Jahr 2017 geschlosse­ne Vertrag sieht vor, dass im kommenden Jahr neu verhandelt wird.

Wie diese Absicht des Regierungs­präsidente­n in Sigmaringe­n ankommt, wird sich zeigen. Als die LEA eröffnet wurde, wehrte sich eine nennenswer­te Zahl von Bürgern mit einer Demo, Unterschri­ftenaktion­en und der Gründung einer Initiative.

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FOTO: ANNA-LENA JANISCH Regierungs­präsident Klaus Tappeser (CDU) beantworte­t in der Sigmaringe­r Lokalredak­tion die Fragen der Leser und Redakteure.

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