Südwest-Abgeordnete erwarten Rückenwind von Laschet
Reaktionen von CDU-Mitgliedern aus der Region – Auch Merz-Anhänger mit Ergebnis zufrieden
BERLIN - 153 Delegierte und Hunderte CDU-Mitglieder aus Baden-Württemberg saßen gebannt vor ihrem Rechner oder Fernseher, als erstmals ein neuer CDU-Vorsitzender digital gewählt wurde. Die „Schwäbische Zeitung“hat mit vier von ihnen über das Ergebnis der Wahl und die Folgen für die Landtagswahl in BadenWürttemberg gesprochen:
„Sicher gab es eine Mehrheit in unserer Südwest-CDU für Friedrich Merz, aber wir schauen jetzt nach vorne“, sagt Thomas Bareiß, Abgeordneter für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen. Zugleich bedauert er, dass Merz nicht für das Präsidium kandidiert hat. „Seine Stimme und Richtung hätte dem Gremium gutgetan, aber er hat sich anders entschieden“, so Bareiß, der auch parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für Tourismus und für Mittelstand ist. Trotz seiner Positionierung pro Merz vor der Wahl ist Bareiß davon überzeugt, dass Laschet ein guter CDU-Bundesvorsitzender sein wird. „Er ist erfolgreicher Ministerpräsident des größten Bundeslandes und hat vor allem bewiesen, dass er ein guter Mannschaftskapitän ist und alle zusammenbringen kann.“Für den Landtagswahlkampf erwartet Bareiß Rückenwind durch den neuen CDUChef. „Armin Laschet kennt BadenWürttemberg gut, nicht nur weil er seinen Sommerurlaub jedes Jahr am Bodensee verbringt, sondern weil ihm bewusst ist, wie wichtig BadenWürttemberg und eine starke Landespartei für die CDU ist.“
„Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn Norbert Röttgen gewonnen hätte, aber ich bin mit dem Ergebnis zufrieden“, sagt der Aalener Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter. Positiv sei, dass bei der Wahl des Vorsitzenden die Mitte gewonnen habe. „Der Rechtskurs hat sich nicht durchgesetzt“, betont der CDUVerteidigungsexperte. Jetzt komme es darauf an, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass Armin Laschet auch der richtige Kanzlerkandidat der Union sei. „Laschet weist auch in der Corona-Pandemie bessere Arbeitsergebnisse als Bayern auf, sagt Kiesewetter. „Aber er ist halt nicht der Typ, der sich ständig in Szene setzt.“Er erwartet, dass sich die unterlegenen Merz-Anhänger nun hinter den neuen Vorsitzenden stellen. „Sie müssten ja eigentlich sehen, dass, wenn sie sich schon in der Partei nicht durchsetzen, sie sich erst recht nicht in der Gesellschaft durchsetzen können“, so Kiesewetter. „Es nützt nichts, wenn wir eine vermeintliche ,CDU-pur‘ haben und uns dann in der Opposition wiederfinden.“
„Glückwunsch an Armin Laschet“, sagt Ronja Kemmer, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Ulm. Das Wichtigste sei jetzt, die verschiedenen Strömungen in der Partei zusammenzuführen. „Ich bin davon überzeugt, dass dies gelingen kann“, so die 31-Jährige. Dass der badenwürttembergische Landesvorsitzende Thomas Strobl direkt in seiner Bewerbungsrede fürs Präsidium Laschet seine Unterstützung zugesagt habe, sei ein „ganz wichtiges Zeichen“gewesen, sagt Kemmer, die selbst zu den Merz-Unterstützern gehörte. Mit der Entscheidung über den CDU-Vorsitz sei allerdings die Frage der Kanzlerkandidatur noch nicht geklärt. „Ich würde diese Frage getrennt vom Parteivorsitz betrachten“, sagt sie. Derzeit stehe die Bewältigung der Corona-Krise im Vordergrund. Sie erwartet eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur im April nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Trotz der Positionierung der CDU-Landesspitze pro Merz werde Laschet die CDU in BadenWürttemberg beim Wahlkampf unterstützen, erwartet Kemmer. „Daran hat er ein originäres Interesse.“
„Glücklich wäre ich gewesen, wenn Norbert Röttgen, der von mir favorisierte Bewerber, die Wahl für sich entschieden hätte. Aber mit dem Ergebnis kann ich gut leben“, sagt Axel
Müller, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Ravensburg. Laschets Rede sei unheimlich stark gewesen, so Müller. „Er hat seine Qualitäten unwahrscheinlich gut herausgestellt. Und er hat Emotionen bedient. Das war eine perfekte Dramaturgie.“Müller geht davon aus, dass die Merz-Anhänger künftig bereit sein werden, den neuen Vorsitzenden zu unterstützen. „Für Merz war es der zweite erfolglose Versuch, Vorsitzender zu werden“, sagt Müller. Er werde jetzt nicht mehr diesen Führungsanspruch anmelden. Die CDU in Baden-Württemberg sieht der 57Jährige nun vor einer besonderen Herausforderung: „Sie muss einen Weg finden, wie man den neuen Bundesvorsitzenden in die Landtagswahl einbezieht, da sich Teile der baden-württembergischen CDU-Führung im Land so deutlich pro Merz ausgesprochen haben.“