Im Adler ist der Gockel ein Star
Der Adler in Oberdorf bei Langenargen hat einen Vogel, und was für einen: Das halbe Hähnchen aus Oberschwaben ist von solch kolossalen Ausmaßen, dass es rein äußerlich nahezu als Ente durchgeht. Wer sich schon lange gefragt hat, wo es im weiten Umkreis von Langenargen die besten gibt, kann sich beim Adler einen heißen Titelkandidaten abholen. Wobei heiß wörtlich zu nehmen ist: Selbst nach 20 Minuten Transport ist der delikate Saft, der beim Anschneiden aus dem Gockelbrustfleisch austritt, richtig warm. Dabei macht die Küche beim Würzen gar kein großes Brimborium, sondern gibt Salz und Pfeffer offenbar den Vorzug. Den aromatischen Rest erledigen die Säfte sowie die Knusperhaut von ganz allein. Kein Vergleich zu den bisweilen bemitleidenswerten Hühnerhälften, die in sogenannten Hähnchengrillwagen am Straßenrand oft kraft- und saftlos mit lätschiger Haut angeboten werden. Beim Verpacken richten die Wirtsleute der Familie Gugel das Augenmerk auf Papier und Kartonagen und vermeiden Plastik, wo sie können. Und doch ist es nicht leicht, etwas vom urwüchsigen Charme des historischen Gasthofs in Einwegverpackung festzuhalten. Beim Essen fehlt das Knarren des alten Parketts im authentischen Gastraum. Beim Anstoßen die ungezwungene Atmosphäre des blühenden Gastgartens. Ganz zu schweigen von der Freundlichkeit der Gastgeber, die beim Abholen der pünktlich bereitgestellten Mahlzeit trotz Masken noch spürbar bleibt. Übrigens: Das Adler-Team ist digital auf der Höhe der Zeit. Die Bestellung funktioniert nicht nur telefonisch, sondern auch über einen Onlineshop, wo zudem problemlos im Voraus bezahlt werden kann. Und um es deutlich zu sagen: Das Essen ist jeden Cent wert, weil es im Adler noch richtig gekocht wird, statt nur aus Fertig- und Halbfertigprodukten zusammengesetzt zu werden. Das beginnt schon beim Salatdressing mit schöner Sauerrahmnnote, die Frische des Gemüses ist dabei über jeden Zweifel erhaben. Nur der Kartoffelsalat schwächelt ein bisschen, weil er nicht ganz so entschlossen abgeschmeckt ist.
Dem Speisereigen mit paniertem Schnitzel in Bröselkruste, den Kässpätzle mit geschmälzten Zwiebeln und Bergkäse, ja sogar den grob geschnittenen Pommes spürt man Bissen für Bissen das Bekenntnis zum ehrlichen Handwerk an. Details wie die Bratensoße haben Charakter, etwa ein starkes Rosmarin-Aroma.
Besonders saftig und mit dem vollen Geschmack reifer Früchte, überzeugt der Apfelkuchen im Weckglas zum Dessert, begleitet von einer hübsch säuerlichen roten Grütze. Aber der Adler füllt noch mehr Köstlichkeiten in Gläser ab. Zum Beispiel den äußerst rustikalen Schweinebauch, umgeben von säuerlich-aromatischer Sülze, in der Lorbeer und Knoblauch eine Rolle spielen. In seiner Schlichtheit großartig ist das Töpfle mit hausgemachtem Griebenschmalz. In ihm verbinden sich knusprige Grieben mit Röstzwiebeln zu einer herzhaft-süßlichen Delikatesse. Ein Genuss nicht nur zum hausgemachten Adler-Bauernbrot. Ein Töpfle von diesem Schmalz im Kühlschrank erinnert uns daran, dass es da draußen noch gute Gastronomie gibt, gezwungenermaßen im Winterschlaf – aber dennoch quicklebendig.
Adler Oberdorf
Adlerstr. 3
88085 Langenargen-Oberdorf Tel. 07543-2807 www.adler-oberdorf.de Abholzeiten Freitag bis Mittwoch von 17-20 Uhr, sonntags zusätzlich 11.30-13.15 Uhr, Donnerstag Ruhetag. Hauptgerichte 8,9018,90 Euro.