Kein reiner Trostgipfel
Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagt bei Treffen mit Verbandsvertretern weitere Hilfen zu – Frust bleibt
BERLIN - Von einem „Trostgipfel“war im Vorfeld der Beratungen die Rede. Am Ende des virtuellen Treffens zwischen Wirtschaftsminister Peter Altmaier und 40 Verbänden stand zwar kein konkretes Angebot, wie und wann der Handel oder die Gastronomie auf eine Lockerung der Corona-Regeln hoffen können. Trotzdem sprachen beide Seiten von konkreten Ergebnissen und einem konstruktiven Gespräch, nachdem der Minister in den vergangenen Tagen heftig kritisiert wurde. Immerhin gibt es einen kleinen Lichtblick am Tunnelende für die gebeutelten Händler, Gastronomen und anderen Betroffenen. „Wir haben die begründete Hoffnung, dass es für viele Branchen bald eine Öffnungsperspektive gibt“, sagte Altmaier nach dem Gipfel.
Bis zum nächsten Treffen der Bundesregierung mit den Ländern am 3. März will Altmaier ein Konzept für die Öffnung der Wirtschaft erarbeiten. Es gehe um Empfehlungen an die Ministerpräsidenten, sagte Altmaier. Es sei von Verbänden „nachvollziehbar“beklagt worden, dass Ungewissheit mit das Schwierigste sei in der derzeitigen Lage. Es solle nicht unbedingt um eine „Abfolge“von sektoralen Branchenöffnungen gehen, sondern um einen „umfassenden“Ansatz, so Altmaier.
Ob dies dann aber auch umgesetzt wird, ließ er offen. Ein Bestandteil der Hygieneregeln, die damit vermutlich verbunden sein werden, sind die Schnelltests, deren kostenlose Anwendung Gesundheitsminister Jens Spahn angekündigt hat. Doch es liegt nicht in Altmaiers Händen, über eine Lockerung zu entscheiden. Da sind immer noch das Kanzleramt und die Länder maßgeblich. Die Kanzlerin ließ sich in der Online-Konferenz zum Bedauern der Verbände nicht hören oder sehen.
Auch bei den Hilfen für Unternehmen will der Minister nach viel Kritik noch nachbessern. So entfällt etwa die Höchstgrenze beim Umsatz bei den Überbrückungshilfen von bis 750 Millionen Euro. Das ist für Handelsunternehmen eine gute Nachricht. Auch will Altmaier einen Härtefallfonds einrichten. Über den Fonds können die Betriebe Hilfen erhalten, die durch die gängigen Programme fallen. Schließlich sollen auch die als zu kompliziert geltenden Kriterien für die Unterstützung noch einmal verbessert werden. „Insgesamt war es eine sehr wichtige und fruchtbare Veranstaltung“, stellt der Minister fest.
Die Nachjustierung freut BadenWürttembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. „Der heute beschlossene Wegfall der Höchstgrenze für den Jahresumsatz ist keine sehr gute Nachricht“, sagte sie. Dafür habe sie sich eingesetzt. Mit dem Härtefallfonds bekämen die Länder nun ein Instrument an die Hand, mit dem Einzelfälle angemessen unterstützt werden könnten.
Verbandsvertreter begrüßten das Ergebnis zwar, sparten aber dennoch nicht an Kritik. „Der Einzelhandel braucht jetzt eine sichere Öffnungsperspektive“, forderte der Chef des Handelsverbands HDU, Josef Sanktjohanser. Der Verband hält die Corona-Maßnahmen nach wie vor für unverhältnismäßig. Beim Einkauf gebe es keine überdurchschnittliche Infektionsgefahr, betonte er. Zugleich mahnte Sanktjohanser eine weitere Änderung an der Unterstützungshilfe an. Bisher werden damit nur Betriebskosten abgedeckt, nicht jedoch das notwendige Einkommen der Unternehmer. „Vielen Inhabern droht ein Gang zum Sozialamt“, warnt der Verbandschef. Schützenhilfe bekommt er von Hoffmeister-Kraut. „Die Hilfen müssen dringend um einen fiktiven Unternehmerlohn erweitert werden“, fordert die Ministerin.
Sehr viel deutlicher als der HDEChef wurde der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), Michael Frenzel. „Wir brauchen mehr als das nüchterne Abraten vom Reisen und das Vertrösten auf bessere Zeiten“, schimpfte er und forderte einen differenzierten Umgang mit dem Reisen, dem Ausgehen und der Mobilität. Der Tourismus mit rund drei Millionen Beschäftigten zählt zu den besonders betroffenen Branchen.
Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Guido Zöllick, sagte, Kriterien für eine Öffnung müssten nachvollziehbar, angemessen und verständlich sein. Er sei davon überzeugt, dass die Gastronomie vor Ostern wieder öffnen könne. Mit Blick auf den langen Lockdown sagte Zöllick, die Not im Gastgewerbe sei riesig.