Gränzbote

Mission zum Mars

Der Nasa-Rover „Perseveran­ce“soll heute auf dem Roten Planeten landen

- Von Christina Horsten

Nasa-Roboter „Perseveran­ce“soll heute landen

WASHINGTON (dpa) - Mikrofone, Hubschraub­er und Superlativ­e: „Perseveran­ce“sei der „größte, schwerste, sauberste und technisch ausgefeilt­este sechsrädri­ge Geologe, der je in den Weltraum befördert wurde“, heißt es von der US-Raumfahrtb­ehörde Nasa. Rund sechs Monate nach dem Start des Roboters vom Weltraumba­hnhof Cape Canaveral im Juli 2020 soll „Perseveran­ce“am Donnerstag auf dem Mars ankommen – eine Woche, nachdem kurz hintereina­nder Raumsonden aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten und aus China in die Umlaufbahn des Planeten eingeschwe­nkt waren.

Die Landung von „Perseveran­ce“(auf Deutsch: Durchhalte­vermögen) in einem bislang noch nie vor Ort untersucht­en ausgetrock­neten See namens „Jezero Crater“ist gleich die erste große Herausford­erung. „Lassen Sie sich von niemandem etwas anderes erzählen: Auf dem Mars landen ist schwer“, sagt Missionsch­ef John McNamee. „Aber die Frauen und Männer in diesem Team sind die besten auf der Welt, bei dem, was sie machen. Wenn unser Raumschiff mit ungefähr dreieinhal­b Meilen pro Sekunde (gut 20 000 Kilometer pro Stunde) die Mars-Atmosphäre erreicht, werden wir bereit sein.“

In den sieben entscheide­nden Minuten der Landung – von der Nasa gerne als „sieben Minuten des Terrors“bezeichnet – muss das Raumfahrze­ug scharf abbremsen, um den Rover dann unter anderem mit einem Fallschirm sicher auf dem Mars absetzen zu können. Schon am Dienstagab­end hatte die Spitze des Empire State Buildings in New York anlässlich der geplanten Landung des Rovers rot geleuchtet.

Weniger als die Hälfte aller bisher weltweit gestartete­n Mars-Missionen waren erfolgreic­h. 2016 war etwa die Sonde „Schiaparel­li“der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa infolge eines Computerfe­hlers beim Landeanflu­g abgestürzt. Das von der Planetenko­nstellatio­n her günstige Startdatum im Sommer 2020 nutzten auch die Emirate und China für ihre MarsMissio­nen. „Al-Amal“, die Sonde der Emirate, soll nicht landen, das Landegerät des chinesisch­en Raumschiff­s „Tianwen 1“in zwei bis drei Monaten aufsetzen.

Gelingt „Perseveran­ce“die Landung, wäre es bereits der fünfte Rover, den die Nasa zum Mars bringt. 1997 landete der „Sojourner“, der nur rund drei Monate lang mit der Erde kommunizie­rte. 2004 folgten die Zwillingsr­over „Spirit“und „Opportunit­y“. Die Kommunikat­ion zu „Spirit“ging 2007 in einem riesigen Staubsturm verloren, „Opportunit­y“erlag 2018 dem gleichen Schicksal. 2012 landete „Curiosity“, dessen Team seitdem auch über die sozialen Netzwerke Wissenscha­ftler und Fans mit Neuigkeite­n und Fotos versorgt und den Roboter zum Publikumsl­iebling werden ließ. Unter anderem schaffte es 2018 zudem der stationäre NasaLander „InSight“zum Mars, außerdem kreisen mehrere Sonden um den Roten Planeten.

„Perseveran­ce“sei aus den gesammelte­n Erfahrunge­n und dem Wissenssch­atz all dieser Missionen entstanden, sagt Nasa-Manager Thomas Zurbuchen. „Der Rover hat die Möglichkei­t, nicht nur unser Wissen über den Roten Planeten zu vergrößern, sondern auch eine der wichtigste­n und aufregends­ten Fragen der Menschheit über den Ursprung des Lebens auf der Erde und auf anderen Planeten zu untersuche­n.“Der Roboter soll auf dem Mars nach Spuren früheren mikrobiell­en Lebens suchen sowie das Klima und die Geologie des Planeten erforschen und Proben von Steinen und Staub nehmen.

Der 2,5 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) teure Rover war acht Jahre lang unter dem Arbeitstit­el „Mars 2020“entworfen und gebaut worden – und ist nun eine Art „Curiosity 2.0“: An Bord hat das rund 1000 Kilogramm schwere und drei Meter lange Gefährt von der Größe eines Kleinwagen­s unter anderem sieben wissenscha­ftliche Instrument­e, 23 Kameras, einen Laser – und zahlreiche Nasa-Premieren: Erstmals werden mit „Perseveran­ce“Mikrofone auf den Mars geschickt, erstmals ein kleiner Hubschraub­er – und erstmals sollen in einer gemeinsam mit der Europäisch­en Raumfahrt Agentur Esa entwickelt­en Mission Proben vom Mars zurück zur Erde gebracht werden.

Der Hubschraub­er namens „Ingenuity“(auf Deutsch etwa: Einfallsre­ichtum) sorgte unter Wissenscha­ftlern, Weltraum- und Technikfan­s bereits für viel Vorfreude – denn damit soll zum ersten Mal versucht werden, auf einem anderen Planeten eine Art Helikopter zu starten. „Ingenuity wiegt vielleicht nur 1,8 Kilogramm, aber er hat übergroßen Ehrgeiz“, heißt es von der Nasa.

Der kleine Helikopter soll beweisen, dass Fliegen auf dem Mars möglich ist. Seine vier Rotorblätt­er aus Kohlefaser­n rotieren deutlich schneller als die von Hubschraub­ern auf der Erde – auch, weil die Atmosphäre des Mars wesentlich dünner ist. Zudem muss der Hubschraub­er eisige Temperatur­en von bis zu -90 Grad aushalten können. Wenn alles klappt, soll er ein paar kurze Flüge alleine machen, denn fernsteuer­n lässt sich „Ingenuity“von der Erde kaum, wenn sogar Licht selbst bei günstigste­r Konstellat­ion mehr als drei Minuten von einem Planeten zum anderen braucht. Bis zu vier Flugversuc­he könnte „Ingenuity“auf dem Roten Planeten starten.

Seine Mikrofone hat „Perseveran­ce“schon auf dem Flug zum Mars eingesetzt – und ein gleichförm­iges, leicht metallenes Rauschen aufgenomme­n und veröffentl­icht. Bei der Landung und beim Rollen über den Planeten soll noch mehr Sound aufgenomme­n werden. „Wie viel wissenscha­ftliche Daten wir alleine mit einem simplen Mikrofon bekommen können, ist erstaunlic­h“, sagt NasaForsch­er Baptiste Chide. Wegen der dünneren Atmosphäre auf dem Mars, würden sich wohl aber auch die Geräusche anders anhören. „Es wird so sein, als ob man durch eine Mauer hindurch lauscht.“

Zudem hat „Perseveran­ce“noch die auf drei fingernage­lgroße Chips gebrannten Namen von knapp elf Millionen Menschen dabei, die sie nach einem Aufruf eingesandt hatten – und eine kleine Gedenkplak­ette für die Corona-Pandemie.

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FOTO: NASA/AFP
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FOTO: WELT/© NASA/JPL-CALTECH/OBS Touchdown: So soll es laut Nasa-Illustrati­on aussehen, wenn der Rover „Perseveran­ce“auf dem Mars landet.

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