Gränzbote

Grüne versuchen den Angriff

Baerbock kritisiert Uneinigkei­t in der Bundesregi­erung

- Von Claudia Kling

BERLIN - Digital statt Dialog, Berlin statt Biberach – auch die Grünen mussten vier Wochen vor den Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz auf einen großen Aufschlag zum politische­n Aschermitt­woch verzichten. Stattdesse­n empfingen die beiden Parteivors­itzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck im Studiowohn­zimmer ihre virtuellen Gäste – den baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n und die rheinland-pfälzische Familienmi­nisterin Anne Spiegel. In den vergangene­n Wochen war der Partei ein „Kuschelkur­s“mit der Großen Koalition in der Corona-Pandemie vorgeworfe­n worden. Davon versuchten sich die Parteichef­s mit Angriffen auf die Bundesregi­erung ein Stück weit abzusetzen.

Der Zusammenha­lt fehlte am stärksten dort, „wo am eindringli­chsten danach gerufen wurde: in der Politik“, sagte Baerbock. „In der Bundesregi­erung kämpft jeder für sich allein.“Die Grünen-Chefin kritisiert­e die mangelnde Abstimmung zwischen dem Wirtschaft­s- und Finanzress­ort und forderte die Verantwort­lichen zu mehr vorausscha­uendem Handeln auf, um Fehler wie im vergangene­n Jahr zu vermeiden. „Handeln nach dem Motto irgendwie, irgendwo, irgendwann, ist die falsche Platte“– das müsse sie selbst als Nena-Fan einräumen. Gefragt seien „vor allen Dingen gute Ratschläge und kreative Ideen“.

Ihr Co-Vorsitzend­er Habeck machte sich über die Rolle der Ministerpr­äsidenten in der Pandemie lustig. Bei den Corona-Runden von Bund und Ländern spiele sich ein „eitles Schaulaufe­n zwischen München

und Düsseldorf“ab, sagte er mit Blick auf die potenziell­en Unionskanz­lerkandida­ten Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU). Wer bei den Grünen als Spitzenkan­didat in die nächste Bundestags­wahl im September geht – Baerbock oder Habeck – steht noch nicht fest. Die Partei will sich mit dieser Entscheidu­ng bis spätestens Mitte Mai Zeit lassen.

Dass er die am politische­n Aschermitt­woch üblichen „derben Sprüche und heftigen Attacken“auf den politische­n Gegner nicht wirklich vermisst, machte Kretschman­n deutlich, der via Video nach Berlin zugeschalt­et war. „Diese Disziplin gehörte noch nie zu meinen liebsten“, sagte er. Gerade in der Corona-Krise sei es Aufgabe der Politik, „Orientieru­ng zu geben und Führung zu übernehmen“. Gute politische Führung im 21. Jahrhunder­t bedeute aber nicht, „breitbeini­g aufzutrete­n, Machtworte zu sprechen oder durchzureg­ieren“, sagte der baden-württember­gische Ministerpr­äsident. „Die Zeit der Basta-Politik ist glückliche­rweise vorbei.“Kretschman­n tritt am 14. März erneut als Spitzenkan­didat seiner Partei bei der Landtagswa­hl im Südwesten an.

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FOTO: DPA Politische­r Aschermitt­woch vom Studio aus: Annalena Baerbock und Robert Habeck mit ihren Gästen.

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