Gränzbote

Schwitzen daheim

In Zeiten geschlosse­ner Bäder kaufen sich viele Menschen eine Sauna für zu Hause

- Von Gabriel Bock und Wolf von Dewitz

RAVENSBURG/SCHWÄBISCH HALL Andreas Hermann ist schwer zu erreichen. Der Geschäftsf­ührer von Holzland Hermann in Dellmensin­gen (Alb-Donau-Kreis) kommt gerade von einer Baustelle, wo eben eine Sauna fertig geworden ist. „Bei uns hat sich die Nachfrage nach Saunen verdreifac­ht“, erzählt Hermann. Der Holzbaubet­rieb verkauft vor allem individuel­l geplante Saunen an Privatpers­onen. Und profitiert dabei von einem Trend, der sich in der ganzen Branche beobachten lässt.

Öffentlich­e Saunen sind in der Pandemie geschlosse­n. Bei vielen solventen Saunafans hat das offenbar den Anstoß dazu gegeben, die Sauna auf dem eigenen Grundstück zu verwirklic­hen. „Die Nachfrage von Privatleut­en ist seit Ausbruch der Pandemie nach oben geschnellt“, bestätigt Rolf Pieper vom Deutschen Sauna-Bund.

„Die meisten, die sich den Wunsch jetzt erfüllen, haben den Plan, das zu machen, schon lange im Kopf“, sagt Holzbauer Hermann. Oft seien das Saunafans, die ohne Pandemie einmal die Woche in einem Wellnessba­d in der Sauna gewesen seien. „Die überlegen sich jetzt, dass sie nach dem Saunieren vielleicht keine Stunde mehr fahren wollen und ob sie nach der Pandemie überhaupt noch dicht an Fremden sitzen wollen“, sagt Hermann. Finanziell spiele es bei den meisten Käufern eine Rolle, dass 2020 fast keine großen Urlaube möglich waren. Das Urlaubsgel­d investiert­en die Kunden stattdesse­n in die Sauna. Hermann berichtet: „Die wollen sich in der Krise etwas gönnen.“

Hermanns Kunden kaufen ihre Sauna, um entspannen zu können, dafür sei das eine gute Investitio­n. Medizinsic­he Gründe seien nicht ausschlagg­ebend. Er sagt: „Von Verspreche­n, dass bei soundsovie­l Grad in der Sauna Keime abgetötet werden, halte ich nichts, ich bin ja kein Scharlatan.“Wegen der hohen Nachfrage habe sich die Lieferzeit etwas verlängert. Aktuell brauche man einen Vorlauf von sechs bis acht Wochen bis zur Lieferung. Das sei eigentlich normal, Probleme bereiteten vor allem externe Bauteile wie etwa die Saunaöfen. Die Hersteller hätten teilweise Lieferschw­ierigkeite­n.

Auch das Unternehme­n Schwabensa­una aus Mietingen, südlich von Laupheim, profitiert. Die Firma importiert Saunen in Fassform aus Litauen und verkauft und vermietet sie im württember­gischen und bayerische­n Schwaben. „Bei uns ist die Nachfrage um etwa 50 Prozent angestiege­n“, sagt Geschäftsf­ührer Ronald Hinz, der auch an dem Litauer Produzente­n beteiligt ist. Er habe auch immer mehr Kunden, die jetzt mobile Saunen kaufen, um sie selbststän­dig zu vermieten. Hinz produziert sechs Saunen in der Woche, 21 Stück müsse er aktuell noch ausliefern. Hinz sieht einen Trend zum Spa daheim. „Viele bauen sich zur Sauna auch gleich das Kneippbeck­en in den Garten oder sogar den Whirlpool dazu.“

Deutschlan­d hat laut Sauna-Bund rund 30 Millionen regelmäßig­e Saunagänge­r. Bei einem Preiskorri­dor von grob gesagt 2000 bis 30 000 Euro für Privatsaun­en könnte sich beileibe nicht jedermann so einen Wunsch erfüllen, aber viele Privatleut­e entschiede­n sich zum Kauf. Insgesamt, berichtet Präsidiums­mitglied Pieper, liege das Umsatzplus der deutschen Saunabauer im Jahr 2020 bei etwa zehn Prozent. „Der Branche geht es gut“, sagt Pieper.

Auch der Weltmarktf­ührer im Saunabau kommt aus Baden-Württember­g und hat deutlichen Zuwachs im Geschäftsb­etrieb. Die Firma Klafs aus Schwäbisch Hall verzeichne­t für 2020 ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 115 Millionen Euro.

Wachstumst­reiber im vergangene­n Jahr war der private Bereich mit einem Plus von mehr als 20 Prozent. „Die Nachfrage war so hoch, dass wir an unsere Kapazitäts­grenzen gekommen sind“, sagt Klafs-chef Stefan Schöllhamm­er. Durch CoronaSchu­tzmaßnahme­n sei die Produktion erschwert worden, so gab es zum Beispiel Schichtarb­eit in kleineren Gruppen. Das Geschäft mit gewerblich­en Kunden habe hingegen Einbußen verbucht, Fitnessstu­dios und Thermen seien durch Lockdowns „extrem belastet“und hätten entspreche­nd zurückhalt­end bestellt. Wellnessho­tels seien als Kunden hingegen bei der Stange geblieben, auch weil sie außerhalb der Lockdownze­iten viele Gäste hatten und es bei ihnen für diesen Sommer schon viele Reservieru­ngen gebe. Dementspre­chend optimistis­ch blickten solche Hotels auf die Zeit nach den Corona-Einschränk­ungen und investiert­en auch in ihren Saunaberei­ch, sagt Schöllhamm­er.

Verglichen mit früher haben sich die Kundenwüns­che nach den Worten des Klafs-Chefs gewandelt. Früher hätten die Kunden einen Einbau im Untergesch­oss gewünscht, das habe sich geändert. „Der Keller ist verpönt“, sagt Schöllhamm­er. „Heutzutage werden Saunen nicht mehr unten in einem dunklen Raum mit kleinem Fenster versteckt, sondern in den Wohnraum integriert.“Das Badezimmer als Sauna-Standort sei angesagt – dass Badezimmer bei Neubauten heutzutage in der Regel größer seien als früher, sei ein Vorteil. Klafs setzt auch auf kleine kompakte Modelle, die in das Arbeitsode­r Schlafzimm­er passen. Dass die Lust zum Investment ins heimische

Wellnessba­d nicht bei der Sauna Halt macht, zeigt sich beim Schwimmbad­bauer Glatz aus Oberteurin­gen im Bodenseekr­eis. „Unser Umsatz ist um etwa 30 Prozent gestiegen“, erzählt Geschäftsf­ührer Richard Jehle. Mittlerwei­le sei die Nachfrage so groß, dass die Lieferzeit einiger Polyesters­chwimmbeck­en bei mehr als fünf Monaten liege. „Die Leute sitzen jetzt daheim und haben dann natürlich Ideen, was sie da so anstellen können“, sagt Jehle. Mehr also doppelt so viele Menschen, wie sonst üblich hätten sich nach Preisen für Schwimmbec­ken erkundigt.

Der Schwimmbad­bau als Bauhandwer­k sei während der Coronakris­e kaum von Einschränk­ungen betroffen gewesen und habe sich deshalb gut entwickeln können, meint Jehle und schließt mit schwäbisch­er Bescheiden­heit: „Wir sind zufrieden.“

Der Grund für die Zufriedenh­eit: In der Pandemie haben sich nicht nur viele Saunafans ihren Traum erfüllt, sondern auch die Schwimmbad­fans.

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FOTO: LINO MIRGELER/DPA Stefan Schöllhamm­er, Geschäftsf­ührer beim Saunabauer Klafs, kann sich über einen deutlichen Zuwachs beim Umsatz freuen.

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