Schwitzen daheim
In Zeiten geschlossener Bäder kaufen sich viele Menschen eine Sauna für zu Hause
RAVENSBURG/SCHWÄBISCH HALL Andreas Hermann ist schwer zu erreichen. Der Geschäftsführer von Holzland Hermann in Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) kommt gerade von einer Baustelle, wo eben eine Sauna fertig geworden ist. „Bei uns hat sich die Nachfrage nach Saunen verdreifacht“, erzählt Hermann. Der Holzbaubetrieb verkauft vor allem individuell geplante Saunen an Privatpersonen. Und profitiert dabei von einem Trend, der sich in der ganzen Branche beobachten lässt.
Öffentliche Saunen sind in der Pandemie geschlossen. Bei vielen solventen Saunafans hat das offenbar den Anstoß dazu gegeben, die Sauna auf dem eigenen Grundstück zu verwirklichen. „Die Nachfrage von Privatleuten ist seit Ausbruch der Pandemie nach oben geschnellt“, bestätigt Rolf Pieper vom Deutschen Sauna-Bund.
„Die meisten, die sich den Wunsch jetzt erfüllen, haben den Plan, das zu machen, schon lange im Kopf“, sagt Holzbauer Hermann. Oft seien das Saunafans, die ohne Pandemie einmal die Woche in einem Wellnessbad in der Sauna gewesen seien. „Die überlegen sich jetzt, dass sie nach dem Saunieren vielleicht keine Stunde mehr fahren wollen und ob sie nach der Pandemie überhaupt noch dicht an Fremden sitzen wollen“, sagt Hermann. Finanziell spiele es bei den meisten Käufern eine Rolle, dass 2020 fast keine großen Urlaube möglich waren. Das Urlaubsgeld investierten die Kunden stattdessen in die Sauna. Hermann berichtet: „Die wollen sich in der Krise etwas gönnen.“
Hermanns Kunden kaufen ihre Sauna, um entspannen zu können, dafür sei das eine gute Investition. Medizinsiche Gründe seien nicht ausschlaggebend. Er sagt: „Von Versprechen, dass bei soundsoviel Grad in der Sauna Keime abgetötet werden, halte ich nichts, ich bin ja kein Scharlatan.“Wegen der hohen Nachfrage habe sich die Lieferzeit etwas verlängert. Aktuell brauche man einen Vorlauf von sechs bis acht Wochen bis zur Lieferung. Das sei eigentlich normal, Probleme bereiteten vor allem externe Bauteile wie etwa die Saunaöfen. Die Hersteller hätten teilweise Lieferschwierigkeiten.
Auch das Unternehmen Schwabensauna aus Mietingen, südlich von Laupheim, profitiert. Die Firma importiert Saunen in Fassform aus Litauen und verkauft und vermietet sie im württembergischen und bayerischen Schwaben. „Bei uns ist die Nachfrage um etwa 50 Prozent angestiegen“, sagt Geschäftsführer Ronald Hinz, der auch an dem Litauer Produzenten beteiligt ist. Er habe auch immer mehr Kunden, die jetzt mobile Saunen kaufen, um sie selbstständig zu vermieten. Hinz produziert sechs Saunen in der Woche, 21 Stück müsse er aktuell noch ausliefern. Hinz sieht einen Trend zum Spa daheim. „Viele bauen sich zur Sauna auch gleich das Kneippbecken in den Garten oder sogar den Whirlpool dazu.“
Deutschland hat laut Sauna-Bund rund 30 Millionen regelmäßige Saunagänger. Bei einem Preiskorridor von grob gesagt 2000 bis 30 000 Euro für Privatsaunen könnte sich beileibe nicht jedermann so einen Wunsch erfüllen, aber viele Privatleute entschieden sich zum Kauf. Insgesamt, berichtet Präsidiumsmitglied Pieper, liege das Umsatzplus der deutschen Saunabauer im Jahr 2020 bei etwa zehn Prozent. „Der Branche geht es gut“, sagt Pieper.
Auch der Weltmarktführer im Saunabau kommt aus Baden-Württemberg und hat deutlichen Zuwachs im Geschäftsbetrieb. Die Firma Klafs aus Schwäbisch Hall verzeichnet für 2020 ein Umsatzplus von zehn Prozent auf 115 Millionen Euro.
Wachstumstreiber im vergangenen Jahr war der private Bereich mit einem Plus von mehr als 20 Prozent. „Die Nachfrage war so hoch, dass wir an unsere Kapazitätsgrenzen gekommen sind“, sagt Klafs-chef Stefan Schöllhammer. Durch CoronaSchutzmaßnahmen sei die Produktion erschwert worden, so gab es zum Beispiel Schichtarbeit in kleineren Gruppen. Das Geschäft mit gewerblichen Kunden habe hingegen Einbußen verbucht, Fitnessstudios und Thermen seien durch Lockdowns „extrem belastet“und hätten entsprechend zurückhaltend bestellt. Wellnesshotels seien als Kunden hingegen bei der Stange geblieben, auch weil sie außerhalb der Lockdownzeiten viele Gäste hatten und es bei ihnen für diesen Sommer schon viele Reservierungen gebe. Dementsprechend optimistisch blickten solche Hotels auf die Zeit nach den Corona-Einschränkungen und investierten auch in ihren Saunabereich, sagt Schöllhammer.
Verglichen mit früher haben sich die Kundenwünsche nach den Worten des Klafs-Chefs gewandelt. Früher hätten die Kunden einen Einbau im Untergeschoss gewünscht, das habe sich geändert. „Der Keller ist verpönt“, sagt Schöllhammer. „Heutzutage werden Saunen nicht mehr unten in einem dunklen Raum mit kleinem Fenster versteckt, sondern in den Wohnraum integriert.“Das Badezimmer als Sauna-Standort sei angesagt – dass Badezimmer bei Neubauten heutzutage in der Regel größer seien als früher, sei ein Vorteil. Klafs setzt auch auf kleine kompakte Modelle, die in das Arbeitsoder Schlafzimmer passen. Dass die Lust zum Investment ins heimische
Wellnessbad nicht bei der Sauna Halt macht, zeigt sich beim Schwimmbadbauer Glatz aus Oberteuringen im Bodenseekreis. „Unser Umsatz ist um etwa 30 Prozent gestiegen“, erzählt Geschäftsführer Richard Jehle. Mittlerweile sei die Nachfrage so groß, dass die Lieferzeit einiger Polyesterschwimmbecken bei mehr als fünf Monaten liege. „Die Leute sitzen jetzt daheim und haben dann natürlich Ideen, was sie da so anstellen können“, sagt Jehle. Mehr also doppelt so viele Menschen, wie sonst üblich hätten sich nach Preisen für Schwimmbecken erkundigt.
Der Schwimmbadbau als Bauhandwerk sei während der Coronakrise kaum von Einschränkungen betroffen gewesen und habe sich deshalb gut entwickeln können, meint Jehle und schließt mit schwäbischer Bescheidenheit: „Wir sind zufrieden.“
Der Grund für die Zufriedenheit: In der Pandemie haben sich nicht nur viele Saunafans ihren Traum erfüllt, sondern auch die Schwimmbadfans.