Gränzbote

Das geht unter die Haut

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Tattoos sieht man heute praktisch überall: Schauspiel­er, Fußballer, Beamte und viele andere Menschen lassen sich Arme, Beine und andere Körperteil­e mit kleinen, unter die Haut gestochene­n Symbolen und Zeichnunge­n verzieren. Damit stehen sie in einer Tradition, die sich durch mehrere Jahrhunder­te und über alle Kontinente zieht.

Einen beeindruck­enden Überblick über die unterschie­dlichen kulturelle­n und ästhetisch­en Ausprägung­en des Tätowieren­s bietet ein großformat­iger Bildband mit dem Titel „Tattoo“. Der niederländ­ische Tätowierer Henk Schiffmach­er, einer der internatio­nal bekanntest­en Vertreter seines Faches, hat auf über 400 großformat­igen und reich illustrier­ten Seiten einen Überblick zusammenge­stellt über internatio­nale TattooMoti­ve aus rund 250 Jahren. Ergänzt werden die oft ganzseitig­en Fotografie­n durch informativ­e Texte auf Deutsch, Englisch und Französisc­h. Tätowierun­gen sind keine neue Erfindung. Bereits die Mumie des vor über 5000 Jahren gestorbene­n

Gletscherm­annes „Ötzi“weist Tätowierun­gen auf, die vermutlich eher rituellen als dekorative­n Zwecken dienten.

Während in Europa Tätowierun­gen über Jahrhunder­te geächtet waren, spielten sie in anderen Kulturen eine wichtige Rolle im gesellscha­ftlichen Zusammenha­ng. Schiffmach­er verdeutlic­ht dies am Beispiel der Maori, der eingeboren­en Bevölkerun­g Neuseeland­s: „Bevor die Europäer kamen und das Tätowieren verboten, erzählten diese Symbole alles über eine Person – ihr Stammbaum, ihre Position innerhalb des Stammes, ihre ganze Geschichte wurde ihr unter die Haut gemeißelt.“

Sehr aufwendig und liebevoll widmet sich Schiffmach­er auch der japanische­n Tradition, große Bilder in teils leuchtende­n Farben zu tätowieren, in denen durchaus auch Botschafte­n eingebaut waren. Hier kommen die großen Buchseiten und die hervorrage­nde Druckquali­tät besonders zur Geltung.

Im europäisch­en Kulturkrei­s blieben öffentlich sichtbare Tätowierun­gen verpönt. Schiffmach­er fasst das kurz und prägnant so zusammen: „Wer im 19. Jahrhunder­t tätowiert war, war höchstwahr­scheinlich ein Seemann oder Verbrecher.“Aber auch hier kann Schiffmach­er zahlreiche Motive vorzeigen, ganz besonders aus der amerikanis­chen Marine im Zweiten Weltkrieg.

Grundlage des Buches ist die wohl einzigarti­ge private Sammlung von Henk Schiffmach­er, der über Jahrzehnte Bilder, Werkzeuge und Vorlagensa­mmlungen aus aller Welt zusammenge­tragen hat.

Die Bilder zeigen (links) eine handkolori­erte Fotografie eines Boten aus der Edo-Zeit in Japan und rechts den amerikanis­chen Tattoo-Künstler Charlie Wagner (hinten) mit einer tätowierte­n Frau, die gerade einem Seemann ein Tattoo sticht. (Fotos: Schiffmach­er Tattoo Heritage)

Henk Schiffmach­er und Noel Daniel (Hg.): Tattoo. 1730s – 1970s. Henk Schiffmach­er’s Private Collection. Taschen Verlag, Köln, 432 Seiten, 125 Euro.

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