Sehnsuchtsort Peking
Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Aljona Savchenko träumt vom Comeback mit Bruno Massot
HAMBURG (SID/dpa) - Ein Sensations-Comeback von Aljona Savchenko? Daran mag nicht einmal ihr Goldcoach Alexander König glauben. „Wir kennen Aljona als eislaufvernarrt. Aber das ist schon sehr weit hergeholt, ein netter Versuch“, sagte der Paarlauf-Bundestrainer und nahm damit entsprechenden Spekulationen schnell nahezu jeglichen Wind aus den Segeln. In der „Sport Bild“hatte die Paarlauf-Olympiasiegerin von 2018 bekannt, von einer sechsten Olympiateilnahme 2022 in Peking an der Seite ihres Partners Bruno Massot zu träumen. „Wir haben dort nichts zu verlieren, da wir schon Olympiagold haben. So wäre Olympia ein reiner Genuss“, sagte die mittlerweile 37-Jährige euphorisch.
Doch König, selbst dreimaliger Olympiasiebter im Paarlauf, kann diese Begeisterung nicht teilen. Er habe zwar mit der gebürtigen Ukrainerin noch am Montag – exakt drei Jahre nach der Traumkür „La Terre Vue du Ciel“(Die Erde, vom Himmel aus gesehen) in Pyeongchang – am Telefon mit ein wenig Wehmut über eine Rückkehr geflachst, mehr aber auch nicht. „Mittlerweile fehlt ja auch ein ganz wichtiger Teil unseres Erfolgsteams“, sagte der Berliner mit Blick auf den frühen Tod seines Co-Trainers, des Massot-Vertrauten JeanFrançois Ballester, der im Dezember 2018 mit nur 53 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben war. Hinzu kommen gesundheitliche Probleme bei Massot, der auch im olympischen Winter ständig von starken Rückenschmerzen geplagt war.
Auch für Reinhard Ketterer ist der 32-Jährige „ganz klar der wunde Punkt in der ganzen Sache“, wie der für den Leistungssport zuständige Vizepräsident der Deutschen EislaufUnion (DEU) am Mittwoch sagte. Ketterer fügte an: „Aljona ist fit, ihr traue ich mehr oder weniger alles zu.“Bei diesem Satz lag die Betonung eindeutig auf „ihr“.
Und trotzdem: Sollte sich Bruno Massot von seiner Partnerin beknien lassen, hätte das Duo laut Ketterer im kommenden Jahr bei Olympia in China durchaus die Chance auf eine Topplatzierung. „Mindestens Rang fünf, vielleicht sogar eine Medaille“würde der frühere deutsche Einzelmeister dem Paar zutrauen.
Mit einem anderen Partner, der zwingend einen deutschen Pass besitzen müsste, sei ein solches Resultat aber kaum vorstellbar. Druck allerdings will die Wahl-Oberstdorferin Savchenko auf den gebürtigen Franzosen nicht ausüben: „Ich möchte Bruno zu nichts drängen, die Entscheidung muss von ihm selbst kommen.“Aktuell trainieren Savchenko und Massot (er arbeitet als Trainer in der Schweiz) nur sporadisch miteinander, um sich für Schaulaufen und Auftritte bei Eisshows fit zu halten. Mehr ist auch aus persönlichen Gründen nicht möglich, beide haben mittlerweile eine Familie gegründet.
Körperlich in Form aber wäre die Mutter einer anderthalbjährigen Tochter für den Ernstfall Comeback.
„Ich hatte während der Schwangerschaft 20 Kilogramm mehr. Inzwischen bin ich wieder da, wo ich vorher war“, erzählte Savchenko.
Der Rückzug von Savchenko/Massot nach dem Gewinn des WM-Titels 2018 hatte die DEU sportlich weit zurückgeworfen, entsprechend positiv wurden dort die Äußerungen der gebürtigen Ukrainerin aufgenommen. Ketterer: „Eine solche Entwicklung hatte sich nicht angedeutet, aber wir nehmen sie natürlich mit großer Freude auf.“
Mit der Idee von einer abschließenden Olympiateilnahme ohne den ganz großen Leistungsdruck ist Aljona Savchenko indes nicht die Erste. Mit genau dieser Motivation ging 1994 in Lillehammer Katarina Witt aufs Eis – und belegte am Ende den siebten Platz. Weitgehend unbeachtet allerdings, zu sehr überstrahlte das Duell zwischen der „Schönen“Nancy Kerrigan und dem „Biest“Tonya Harding damals die Entscheidung in der Damen-Konkurrenz.