Gränzbote

Kretschman­n gibt Laschet Kontra

Grüner Ministerpr­äsident streitet mit dem CDU-Wirtschaft­srat über die Corona-Politik

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STUTTGART/MÜNCHEN (dpa/sz) Dass sein Auftritt beim baden-württember­gischen Landesverb­and des CDU-Wirtschaft­srats kein gemütliche­r Plausch werden würde, ahnte der Südwest-Regierungs­chef wohl selbst. „Es ist doch ein bisschen ungewöhnli­ch, wenn ein Grüner so kurz vor der Wahl bei den Schwarzen auftritt“, sagte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n am Donnerstag zu Beginn der digitalen Diskussion­sveranstal­tung. Aber Grüne und CDU hätten viel gemeinsam für die Wirtschaft auf den Weg gebracht. Dennoch gerieten er und die schwarzen Unternehme­r dann aneinander – beim Reizthema Corona-Politik. Kretschman­n kritisiert­e vor allem die Lockdown-Aussagen des neuen CDU-Chefs Armin Laschet.

Der Inzidenzwe­rt von 35, den Bund und Länder für Corona-Lockerunge­n im Einzelhand­el anvisieren, sei keine erfundene Zahl, sondern stehe im Infektions­schutzgese­tz, sagte Kretschman­n. Und er fügte, direkt an Nordrhein-Westfalens Regierungs­chef gerichtet, hinzu: „Hast du ein Problem, schau ins Gesetz.“Laschet war am Montag beim Landesverb­and des CDU-Wirtschaft­srats zu

Gast gewesen. Hierbei hatte er sich eindringli­ch gegen eine Bevormundu­ng der Bürger ausgesproc­hen und erklärt, man könne nicht immer neue Grenzwerte erfinden. Laschets Aussage schlug bundesweit hohe Wellen und erntete viel Kritik. Beim Wirtschaft­srat hatte er Applaus geerntet.

Denn vor allem der Einzelhand­el lechzt nach monatelang­em Lockdown nach Öffnungspe­rspektiven. Diese Forderung wurde am Donnerstag auch an Kretschman­n gestellt. Der reagierte unwirsch. „Ich hör natürlich immer öffnen, öffnen, öffnen. Ich hör immer nur öffnen. Ich möchte mal einen erleben, der mal sagt, jetzt machen Sie mal ein bisschen was schärfer. Das hör ich nie!“Er müsse auch die Konsequenz­en für die Pandemie berücksich­tigen. Zugleich äußerte Kretschman­n Verständni­s, dass die Belastung für den Handel enorm sei. Aber eine dritte Welle könne nicht im Interesse der Wirtschaft sein. Der überwältig­ende Teil der Wirtschaft sei von den Maßnahmen derzeit gar nicht betroffen, sagte Kretschman­n. Erst bei einer stabilen Inzidenzla­ge von 35 werde der Einzelhand­el schrittwei­se unter Vorgaben wieder geöffnet.

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