Gränzbote

Vorhang zu und alle Fragen offen

Museen und Theater drängen nach monatelang­em Lockdown auf rasche Öffnungspe­rspektiven

- Von Martin Oversohl

STUTTGART/FREIBURG (dpa) Konzerte und andere Aufführung­en abgesagt, Museen dicht: Corona hat auch das kulturelle Leben zum Stillstand gebracht. Kulturscha­ffende machen sich für rasche Lockerunge­n und Perspektiv­en stark.

„Es wäre gut, wenn man genau wie im vergangene­n Frühjahr, als es eine Spirale der Verschärfu­ngen gab, nun stufenweis­e auch wieder Lockerunge­n für die Kultur vorstellen würde“, sagt Freiburgs Erster Bürgermeis­ter Ulrich von Kirchbach vom Deutschen Bühnenvere­in. Die Lage für die Bühnen und Museen spitze sich zu und der dringende Bedarf sei da: „Das Digitale hat sich abgenutzt. Die Leute haben Hunger nach der Kultur, sie lechzen förmlich danach“, sagt von Kirchbach, der als Vorsitzend­er des Landesverb­andes fungiert. Deshalb müsse die Politik angesichts der sinkenden Zahl der Neuinfekti­onen eine Perspektiv­e aufzeigen und Museen und Theater nach monatelang­em Lockdown spätestens Ende März öffnen lassen.

Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer dürfte gegen so eine Frist sein. Sie hatte in der vergangene­n Woche trotz eines vorliegend­en Ausstiegss­zenarios für Bühnen und Ausstellun­gshäuser um Geduld gebeten.

„Wir reden nicht über Zeitpunkte“, hatte die Grünen-Ministerin gesagt. Es sei zunächst wichtig, die Inzidenz landesweit zu reduzieren. Danach würden Prioritäte­n gesetzt.

In einem gemeinsame­n Papier hatten die Bundesländ­er zuvor einen drei Stufen umfassende­n Plan „Kultur wieder ermögliche­n“entworfen. Demnach sollen mit der Wiedereröf­fnung von Schulen und Kitas zunächst außerschul­ische Bildungsan­gebote der Kultureinr­ichtungen und der Musik- und Kunstschul­en zugelassen werden. Spätestens mit der Eröffnung des Einzelhand­els könnten dann Museen, Galerien, Gedenkstät­ten und Bibliothek­en einen „Basisbetri­eb“

anbieten. In einer dritten Stufe – gekoppelt an die Öffnung der Gastronomi­e – sollten Veranstalt­ungen in Theatern, Opernhäuse­rn und Konzerthäu­sern, Kinos und ähnlichen Veranstalt­ungsräumen möglich gemacht werden.

Für viele Kulturscha­ffende ist das nicht konkret genug. „Wir brauchen eine genauere Definition, welche Voraussetz­ungen erfüllt sein müssen, damit Theater, Kinos und Museen wieder öffnen dürfen“, sagt Axel Vornam, Intendant des Theaters Heilbronn. Die Schließung­en seien zum Teil sachlich nicht nachvollzi­ehbar gewesen. „Es geht dabei nicht um Benachteil­igung, sondern um die Sinnhaftig­keit und Nachvollzi­ehbarkeit von Entscheidu­ngen.“

Auch Tonio Kleinknech­t vom Theater Aalen ist kritisch: „Ein bisschen mehr Mitdenken würde ich mir schon wünschen“, sagt der Intendant. „Theater erst nach der Gastronomi­e zu öffnen, wie es Niedersach­sen und Schleswig-Holstein planen, finde ich falsch. Kunst und Kultur darf nicht als erstes geschlosse­n und als letztes geöffnet werden.“Stuttgarts Opern-Intendant Viktor Schoner wünscht sich eine „gestalteri­sche Haltung“, zeigt aber auch „vollstes Verständni­s“für die Bitte Bauers um Geduld. Und auch der Intendant des Schauspiel­s Stuttgart stärkt der Ministerin den Rücken: „Überstürzt­es Handeln würde unsere bisherigen Erfolge beim Zurückdrän­gen des Virus wieder zunichtema­chen“, sagt Burkhard Kosminski.

Der Museumsver­band BadenWürtt­emberg gibt zwar kein Datum vor. Museen müssten aber als Orte der Bildung „mit zu den allererste­n gehören, die wieder öffnen können, und das schnellstm­öglich“, sagt Verbandspr­äsident Jan Merk. Denn nicht zuletzt wegen der großen Räume, der Lüftungsan­lagen und der Erfahrunge­n mit der Lenkung der Besucherst­röme seien Museen sichere Orte, an denen eine unsichere Gesellscha­ft Kraft tanken könne.

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