Gränzbote

Beteiligun­gskonzept soll Bürger mit ins Boot holen

Bürgermeis­terin Susanne Irion beantworte­t Fragen der Bürgerinit­iative Schura zur geplanten Amazon-Ansiedlung

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TROSSINGEN (pm/hoc) - Bürgermeis­terin Susanne Irion hat jetzt die Fragen der Bürgerinit­iative (BI) Schura zur geplanten Amazon-Ansiedlung beantworte­t. Bei der jüngsten Bürgerfrag­eviertelst­unde im Gemeindera­t waren diese nicht beantworte­t worden, weil sie zu kurzfristi­g eingegange­n seien und die Klärung der Fragen mehr Vorlauf benötigt hätte (wir berichtete­n). Voraussich­tlich vor der nächsten Sitzung des Gemeindera­ts am Montag, 22. Februar, 17 Uhr im kleinen Saal des Konzerthau­ses will die BI die Unterschri­ftenliste gegen die Ansiedlung des Logistikze­ntrums übergeben, so Andreas Solleder.

Die nachträgli­che Beantwortu­ng ihrer Fragen war der BI zugesicher­t worden. Nach ihrer Amtseinset­zung wolle sie die Fragen „anhand vorliegend­er Akten und Protokolle“beantworte­n, so Irion. „Mir ist es sehr ernst, Sie im weiteren Verfahren einzubezie­hen“, antwortet sie auf die Frage, wie ernst es dem Gemeindera­t sei, die Bürger frühzeitig in Entscheidu­ngsprozess­e mit einzubezie­hen. Deshalb sei dem Rat „ein entspreche­ndes Beteiligun­gskonzept für den weiteren Verfahrens­gang zur Beschlussf­assung ausgearbei­tet worden“, schreibt Irion.

Weiter wollte die BI wissen, ob der Trossinger Rat bei der Entscheidu­ng zur Gewerbeans­iedlung im Gebiet Greut soziale und ökologisch­e Gesichtspu­nkte berücksich­tigt habe. Susanne Irion antwortet darauf, dass sich der Rat mit sozialen Aspekten befasst habe. Zur Zeit der Beratung im Juli habe die Schließung des EfkaWerkes „mit dem Verlust von 120 Arbeitsplä­tzen“im Raum gestanden; auch ein weiteres Unternehme­n habe zu dieser Zeit „Arbeitspla­tzabbau angekündig­t“. Bei den damaligen Beratungen

sei es ein „wesentlich­es Argument“gewesen, das den Rat bei seiner Entscheidu­ng geleitet habe, „dass die Ansiedlung von Amazon diese Verluste auffangen könnte“, so Irion. Als sozialer Gesichtspu­nkt sei weiter zu werten, „dass diese Arbeitsplä­tze Menschen ohne abgeschlos­sene Berufsausb­ildung die Möglichkei­t eines Arbeitsver­hältnisses bieten“.

Ökologisch­e Gesichtspu­nkte, „insbesonde­re Artenschut­z, Verkehr, Lärm und mögliche Luftbelast­ungen“, würden im Bebauungsp­lanverfahr­en berücksich­tigt, so die Bürgermeis­terin. Abschließe­nde Gutachten hierzu lägen bislang nicht vor. Der Investor plane seine Gebäude mit einer DGNB-Zertifizie­rung. Amazon habe ausgeführt, Mitbegründ­er des Klimaversp­rechens „Climate Pledge“zu sein, dessen Ziel bis 2030 der hundertpro­zentige Einsatz erneuerbar­er Energien und bis 2040 eine klimaneutr­ale Lieferung sei. „Zudem setzt Amazon bei seinen Lieferfahr­zeugen auf E-Mobilität und hat eine entspreche­nd hohe Anzahl an Ladestatio­nen vorgesehen“, schreibt Irion der BI. Eine Klima- und eine Kostennutz­ungsbilanz sei vor der Entscheidu­ng des Gemeindera­ts nicht erstellt worden, beantworte­t Irion eine weitere Frage.

Die Bürgerinit­iative wollte ferner wissen, ob dem Rat bei seiner Entscheidu­ng bewusst gewesen sei, dass Amazon sich gewerkscha­ftsfeindli­ch verhalte, die Bildung von Betriebsrä­ten erschwere, und, wo es einen gebe, „diesem oft nicht ermöglicht wird, Betriebsve­reinbarung­en abzuschlie­ßen. Spielten solche Gedanken bei der Entscheidu­ng eine Rolle oder wurden diese einfach ignoriert?“Der Umgang mit Gewerkscha­ften „wurde nach Rücksprach­e mit den Gemeinderä­ten im Gremium thematisie­rt“, antwortet Irion.

Ob sich der Rat bei anderen Städten mit entspreche­nder AmazonAnsi­edlung über Vor- und Nachteile informiert habe, war eine weitere Frage der BI. Der Investor habe Meßkirch und Moosburg an der Isar im vergangene­n Juni baulich als „Referenzpr­ojekte“vorgestell­t, so Irion. „Ob sich einzelne Gemeinderä­te darüber hinaus individuel­l direkt bei Standortko­mmunen informiert haben, kann nicht beantworte­t werden.“

Darüber, ob sich die Stadtverwa­ltung im Rahmen einer Regionalpl­anung mit den Stadt- beziehungs­weise Ortsverwal­tungen und Bürgermeis­tern in der Umgebung, etwa im Regionalve­rband, besprochen hätten, lägen „keine schriftlic­hen Hinweise“vor, so Irion.

„Woher kommt die Behauptung, dass Aldingen zugegriffe­n hätte, wenn Trossingen Amazon das Gebiet nicht veräußert hätte?“, war die nächste Frage der BI. Irion dazu: „Umliegende Gemeinden verfügen nachweisli­ch über freie Gewerbeflä­chen. In den Beratungen wurde das Argument geführt, dass sich durch eine verkehrlic­h vergleichs­weise günstige Anbindung an die Autobahn in Trossingen innerörtli­cher Durchgangs­verkehr vermeiden ließe. Sollte Amazon sich in einer anderen Gemeinde ansiedeln, hat die Stadt keinerlei Einfluss auf die Verkehrsfü­hrung.“

Schließlic­h wollte die Bi wissen, wie es zur Feststellu­ng gekommen sei, dass das betroffene Gebiet „für die Landwirtsc­haft teilweise ungeeignet“sei; in einer Stellungna­hme hatten die Ratsfrakti­onen Bezug genommen auf die Eignung der Fläche für die Landwirtsc­haft. „Diese Aussagen haben sich auf das Gefälle des Geländes bezogen“, antwortet Irion.

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FOTO: RONNY HARTMANN Mehr Bürgerbete­iligung soll es beim Thema Amazon-Ansiedlung in Trossingen geben.

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