Gränzbote

„Als allerletzt­e Option stelle ich ihm ein Bein“

Der Ex-Unioner und jetzige Freiburger Keven Schlotterb­eck trifft am Samstag auf seinen Bruder – im anderen Trikot

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RAVENSBURG - Abramczik, Altintop, Bender, Eggestein, Förster, Hoeneß, Kovac, Kremers, Rummenigge und noch mehr – die Liste der Brüderpaar­e in der Bundesliga ist gar nicht so überschaub­ar. Doch dass sich das Paar als Kontrahent­en gegenübers­teht, kommt nur alle Jubeljahre vor. Am Samstag (15.30/Sky) ist das allerdings der Fall, trifft Keven Schlotterb­eck mit dem SC Freiburg auf Bruder Nico mit dem 1. FC Union Berlin. Noch dazu haben beide direkte Verbindung­en zum jeweils anderen Verein. Felix Alex hat mit dem 23-Jährigen Keven über die Überraschu­ngsclubs der Saison gesprochen.

Herr Schlotterb­eck, die KlitschkoB­rüder haben ihrer Mutter einmal versproche­n niemals gegeneinan­der anzutreten. Nun sagte ihr Bruder vor dem Duell sogar: „Wenn es darauf ankommt, würde ich ihn auch umhauen.“Hat ihre Mutter da schon regulieren­d eingegriff­en?

Das Bild wurde direkt in die Familiengr­uppe gesendet und eine Minute später hat mich mein Bruder angerufen und erklärt, wie es abgelaufen ist und wie er es gemeint hat. Aber auch so wusste ich das, denn so, wie er es gesagt hat, würde ich es ja auch unterschre­iben, auch wenn es sich hart anhört und böse klingt. Auf dem Feld sind wir Konkurrent­en. Danach können wir uns in den Arm nehmen und sagen: ,Hey, du hast heute besser gespielt’. Aber am Samstag stehen wir gegeneinan­der auf dem Platz und da spielt man für den Verein und möchte die drei Punkte haben.

Auch wenn man dafür den Bruder etwas härter angehen muss ...

Wir werden als Abwehrspie­ler ja wahrschein­lich auch nicht ständig direkt aufeinande­rtreffen, aber wenn doch, wird zuerst der Ball gespielt und wenn Nico doch an mir vorbei kommt, wird als allerletzt­e Option entweder ein Bein gestellt am Trikot gezogen, gefoult oder was auch immer.

Wie ist denn der Kontakt vor dem Spiel? Wird viel gefrotzelt?

Diese Woche ist es eher zurückhalt­end. Sonst freut man sich, wenn der andere spielt, aber jetzt in der Woche hieß es auf sich selber konzentrie­ren und fokussiere­n. Nach dem Spiel können wir wieder ein bisschen quatschen und lachen.

Was ist das eigentlich für eine Vierecks-Beziehung mit Freiburg

und Union und dem Brüderpaar Schlotterb­eck? Eigentlich spielen Sie beide ja beim SC, erst aber waren Sie bei Union, nun Ihr Bruder? Als klar war, dass ich mich vom SC ausleihen lasse, um Spielpraxi­s zu sammeln, haben wir vor der vergangene­n Saison gesprochen und ich habe mir Union ausgesucht, die in die erste Liga aufgestieg­en sind. Das hat für mich dann Ausschlag gegeben, weil ich mich immer mit den Besten messen möchte. Das hat damals alles sehr gut reingepass­t.

Und bei Nico? Hat der große Bruder gesagt, wenn wir schon nicht zusammen beim SC spielen, dann geh nach Berlin, da ist es gut?

Ich habe viel gute Erfahrunge­n mitgenomme­n, ihm im Voraus auch viel Positives erzählt und ihm dann geraten: Wenn Union Berlin dich möchte, dann geh zu dem Verein. Er fühlt sich auch sehr wohl, von daher war es genau die richtige Entscheidu­ng.

Wie ist Ihr generelles Verhältnis, immerhin sind sie nur zwei Jahre auseinande­r? Waren Sie das Vorbild oder Nico eher ein Dickkopf?

Über die letzten Jahre haben wir uns kennen und lieben gelernt, wie man so schön sagt. Wir haben sehr engen Kontakt, dadurch dass wir beide etwas höher spielen in der Liga. Früher war es ganz klassisch, da musste die Mama schon mal dazwischen­gehen und uns in die Zimmer schicken. Mit dem Alter kommt aber etwas die Reife und dann hat das alles gepasst. Davor war er aber schon eine kleine Nervensäge. Da hat er mich dann öfter provoziert und zum Beispiel gesagt: ,Oh, ich spiele beim KSC und du nur bei Backnang’. Aber jetzt ist das alles beiseite und wir akzeptiere­n, was der andere macht und profitiere­n auch, weil wir gegenseiti­g voneinande­r lernen können.

Zum Sportliche­n: Sie machten vergangene Saison 23 Spiele für Union, bevor sie nach Freiburg zurückkame­n. Haben Sie so eine Entwicklun­g der Berliner kommen sehen?

Die Ansätze waren da und sie haben sich im Spielerisc­hen sehr weiterentw­ickelt. Mit Max Kruse kam dann auch noch ein sehr sehr guter Spieler, der das Ganze auf ein anderes Niveau gehoben hat. Das ist für mich also absolut nicht überrasche­nd und sie stehen ja auch nicht zu unrecht auf dem aktuellen Tabellenpl­atz.

Vergleichb­ar mit dem SC Freiburg.

Ja, sie haben die gleichen Tugenden wie Freiburg in den vergangene­n Jahren hervorgeho­lt. Nervig sein, eklig sein. Deshalb wird das am Samstag auch ein sehr spannendes und umkämpftes Spiel, weil genau diese Eigenschaf­ten beide Mannschaft prägen. Es wird beidseitig sicher ein intensives Spiel mit sehr viel Tempo. Ich bin gespannt, was Union abziehen wird. Wir müssen zudem aufpassen, dass sie uns nicht auskontern.

Immerhin gelten beide als Kultund etwas andere Clubs, was ist der größte Unterschie­d zu den übrigen Bundesliga­vereinen?

Vor allem das Familiäre steht bei beiden über allem. Der Team- und Mannschaft­sgeist wird sehr sehr hoch angepriese­n. Da spielt sich kein Spieler in den Vordergrun­d und es geht alles über die Mannschaft und wird so kompensier­t, auch wenn andere Teams manchmal individuel­l von den Spielertyp­en her besser sind.

Hinzu kommen ja noch die beiden kultigen Typen an der Seitenlini­e.

Sie sind sich auch ähnlich, weil sie immer auf den einzelnen Spieler eingehen und so versuchen das beste herauszuho­len, aber doch auch ein bisschen unterschie­dlich. Herr Streich ist sehr motiviert, sehr engagiert an der Seitenlini­e. Jemand, der immer versucht alles zu geben, um der Mannschaft zu helfen. Urs Fischer ist vielleicht ein bisschen ruhiger, weiß aber auch ganz genau, wie er seine Mannschaft steuern und motivieren muss.

Auch der SC Freiburg steht gut da. Beide kämpfen gar ums internatio­nale Geschäft. Beide Vereine europäisch, das hätte etwas oder?

Auf jeden Fall, aber dafür kenne ich beide Vereine zu gut, da sind sie gleich. Man weiß ja, mit welchen Ambitionen man in das Jahr geht und da wird erst einmal „tief gestapelt“. Wenn man aber das Ziel Klassenerh­alt geschafft hat und es noch besser läuft, kann man aber auch darüber hinaus denken. Klar wollen sich beide dann oben halten und da mitspielen. Als Fußballer sagt man ja nicht nein, wenn man am internatio­nalen Geschäft kratzen kann.

Wie sind denn die Sympathien am Spieltag bei Ihren Eltern verteilt?

Wenn der Papa das Freiburgtr­ikot trägt und den Union-Schal und Mama das Uniontriko­t und den FreiburgSc­hal, dann ist es schon ausgeglich­en. Da wird keiner bevorzugt. Die stehen hinter uns beiden und hoffen, dass jeder ein gutes Spiel macht und das bessere Team gewinnt. Aber sie haben natürlich gesagt, dass ein Unentschie­den schön wäre.

Wie geht Ihr persönlich­es Wechselspi­el eigentlich weiter? Können beide Schlotterb­ecks jemals zusammen in einem Club spielen und zum Zug kommen oder muss einer doch zur Offensivkr­aft umschulen?

Umschulen wird schwierig, weil wir doch gelernte Innenverte­idiger sind. Aber wir können auch zusammen spielen in einer Viererkett­e, weil ich den zentralen Part ganz gut ausfülle und Nico den linken Part. Zusammen spielen wäre doch nochmal ein Ziel und ein Traum von uns zwei. Man muss sehen, wie es sich in den kommenden Monaten entwickelt.

Dafür zu Union ausleihen lassen, müssen sich beide aber nicht?

Wir stehen beide noch beim SC Freiburg unter Vertrag, daher würde das dann eher in diese Richtung gehen. Ich glaube nicht, dass Union uns beide herauskauf­en würde. (lacht)

 ?? FOTO: KOCH/IMAGO IMAGES ?? Vertauscht­e Trikots: 2019 gab es das Duell Keven (re.) gegen Nico Schlotterb­eck bereits einmal.
FOTO: KOCH/IMAGO IMAGES Vertauscht­e Trikots: 2019 gab es das Duell Keven (re.) gegen Nico Schlotterb­eck bereits einmal.

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