Die Jagd nach Titel 24 endet in Tränen
Serena Williams verliert im Halbfinale von Melbourne gegen Osaka – Ungewisse Zukunft
MELBOURNE (SID) - Die TennisQueen musste bei ihrer vergeblichen Rekordjagd wieder einmal bittere Tränen trocknen, der König von Melbourne verteidigt sein Reich hingegen mit Bravour. Während Novak Djokovic im Halbfinale der Australian Open das Märchen des russischen Qualifikanten Aslan Karazew beendete und nur noch einen Schritt vom neunten Triumph Down Under entfernt ist, wurde Serena Williams kurz vor dem schon jahrelang herbeigesehnten 24. Grand-Slam-Titel wieder einmal gestoppt.
Und das Halbfinalaus der 39-jährigen Amerikanerin gegen Naomi Osaka wirft mehr denn je die Frage auf, ob sie die Bestmarke der Australierin Margaret Court noch erreichen wird. Nach dem 3:6, 4:6 gegen die klar überlegene Japanerin brach Williams die Pressekonferenz nach nur drei Minuten unter Tränen ab. Noch auf dem Court hatte sie ihre Hand aufs Herz gelegt und lange den australischen Fans zugewinkt – schon ein Abschied für immer? „Ich weiß es nicht“, sagte Williams; die Kette mit der Aufschrift „Queen“funkelte um ihren Hals. „Wenn ich mich irgendwann mal verabschiede, würde ich es keinem verraten. Also ...“Mehr wollte sie dazu nicht sagen, es regierte der Frust. Seit der Geburt ihrer Tochter Olympia im September 2017 beißt sich Williams die Zähne am historischen 24. Titel aus, vier Finals verlor sie seither. Das Endspiel am Samstag (9.30 Uhr MEZ; Eurosport) bestreitet die dreimalige Major-Siegerin Osaka gegen Finaldebütantin Jennifer Brady aus den USA.
Schon zum neunten Mal in Melbourne – zum 28. Mal bei einem Grand-Slam-Turnier – steht Djokovic im Finale, und der Weltranglistenerste sparte nach dem 6:3, 6:4, 6:2 gegen den russischen Qualifikanten Aslan Karazew nicht mit Lob und Zuspruch für Serena Williams. „Wenn man dicht davor steht, etwas ganz Großes zu erreichen, dann erzeugt das einen zusätzlichen Druck“, sagte der Serbe. „Aber wenn man das ganze Bild von
Serena sieht, erkennt man ihre ungeheure Bedeutung für den Sport. Sie ist eine der Größten aller Zeiten im Sport weltweit, nicht nur im Tennis. Ich bin stolz und fühle mich geehrt, zur gleichen Zeit wie sie zu spielen.“
Vor dieser Hommage an Serena Williams hatte Djokovic die sensationelle Reise von Aslan Karazew beendet, der Nummer 114 der Welt. Als erster Grand-Slam-Debütant in der Ära des Profitennis (seit 1968) hatte der 27-Jährige das Halbfinale erreicht. „Gratulation, er hat das gut gemacht“, lobte Djokovic, der immer besser in Fahrt kommt. „Jetzt muss ich alle Energie für das wichtigste Match sammeln.“Von den Bauchmuskelproblemen, über die der 33-Jährige geklagt hatte, war ihm – wie schon beim Viertelfinalsieg über Alexander Zverev – nichts mehr anzumerken: „Ich habe mich großartig gefühlt.“
Während Überraschungsmann Karazew in der Weltrangliste auf Platz 42 klettert und das in seiner gesamten Karriere bisher gewonnene
Preisgeld auf mehr als 1,2 Millionen US-Dollar verdoppelt hat, schwebt Djokovic in ganz anderen Sphären. Rekordchampion in Melbourne ist er ohnehin schon, mit seinem neunten Titel in Australien und dem 18. GrandSlam-Sieg insgesamt würde er aber auch den Abstand in der ewigen Bestenliste auf Roger Federer und Rafael Nadal (beide 20 Grand-Slam-Erfolge) verkürzen.
Dafür muss Djokovic am Sonntag entweder den seit 19 Matches ungeschlagenen Russen Daniil Medwedew oder Nadal-Bezwinger Stefanos Tsitsipas (Griechenland) ausschalten. Die beiden ermitteln den zweiten Finalisten am Freitag (9.30 Uhr MEZ; Eurosport).
Ein anderes großes Ziel hat Djokovic ganz ungeachtet eines Titelgewinns in Melbourne schon erreicht: Er wird über den 8. März hinaus die Nummer 1 der Weltrangliste bleiben und mit 311 Wochen an der Spitze des Rankings den derzeitigen Rekordhalter Federer (Schweiz/310) überholen.