Gränzbote

Azubis brauchen doppelten Schutz

- Von Helena Golz h.golz@schwaebisc­he.de

Wenn derzeit über das Thema Bildung in der Pandemie debattiert wird, geht es meistens um Schüler und Schulen. Es geht selten um die jungen Erwachsene­n, die eine Ausbildung absolviere­n. Dabei sind Azubis in doppelter Weise betroffen. Zum einen, weil ihnen in vielen Branchen, wie im Einzelhand­el oder der Gastronomi­e, wegen fehlender Kunden die Praxis fehlt und sie nicht wissen, wann sie überhaupt wieder an den Arbeitspla­tz zurückkehr­en können. Zum anderen sind Auszubilde­nde betroffen, weil sie auch in den Berufsschu­len nur eingeschrä­nkt lernen können. Die Werkstätte­n für Praxisübun­gen sind geschlosse­n, der Unterricht findet nur digital statt.

Die Verunsiche­rung, die das bei angehenden oder schon älteren Azubis auslöst, ist fatal. Viele wissen nicht, ob sie jetzt ins Berufslebe­n starten sollen, wie es mit ihrer Lehre weitergeht und ob sie übernommen werden oder nicht.

Dabei ist die Wirtschaft dringend auf Fachkräfte mit Berufsausb­ildung angewiesen – gerade in den mathematis­ch-technische­n Berufen. Die Zahl der abgeschlos­senen Ausbildung­sverträge ist schon lange rückläufig und könnte sich nun durch Corona auf noch niedrigere­m Niveau einpendeln. Diese Gefahr ist ernst zu nehmen.

Zum einen von den Betrieben selbst. Wie aus einer Antwort des Arbeitsmin­isteriums auf eine Anfrage der Linken hervorgeht, bildet nicht einmal jeder fünfte Betrieb in Deutschlan­d aus. Das ist aber zwingend notwendig, damit das Angebot für die Auszubilde­nden nun nicht noch zusätzlich schrumpft. Auch müssen Unternehme­n, wenn es infektions­technisch irgendwie geht, weiter Praktika anbieten. Oftmals sind sie der erste Schritt in eine Berufsausb­ildung.

Aber auch die Politik muss reagieren. SPD-Minister Hubertus Heil muss mehr Werbung für seinen Ausbildung­sschutzsch­irm machen. Die versproche­nen Ausbildung­sprämien und Zuschüsse können nur wirken, wenn man sie auch kennt. Mancher Betrieb nimmt sicher eher Azubis auf oder stellt sie nach deren Abschluss dauerhaft ein, wenn er erfährt, dass es dafür Geld gibt.

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