Azubis brauchen doppelten Schutz
Wenn derzeit über das Thema Bildung in der Pandemie debattiert wird, geht es meistens um Schüler und Schulen. Es geht selten um die jungen Erwachsenen, die eine Ausbildung absolvieren. Dabei sind Azubis in doppelter Weise betroffen. Zum einen, weil ihnen in vielen Branchen, wie im Einzelhandel oder der Gastronomie, wegen fehlender Kunden die Praxis fehlt und sie nicht wissen, wann sie überhaupt wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Zum anderen sind Auszubildende betroffen, weil sie auch in den Berufsschulen nur eingeschränkt lernen können. Die Werkstätten für Praxisübungen sind geschlossen, der Unterricht findet nur digital statt.
Die Verunsicherung, die das bei angehenden oder schon älteren Azubis auslöst, ist fatal. Viele wissen nicht, ob sie jetzt ins Berufsleben starten sollen, wie es mit ihrer Lehre weitergeht und ob sie übernommen werden oder nicht.
Dabei ist die Wirtschaft dringend auf Fachkräfte mit Berufsausbildung angewiesen – gerade in den mathematisch-technischen Berufen. Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist schon lange rückläufig und könnte sich nun durch Corona auf noch niedrigerem Niveau einpendeln. Diese Gefahr ist ernst zu nehmen.
Zum einen von den Betrieben selbst. Wie aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken hervorgeht, bildet nicht einmal jeder fünfte Betrieb in Deutschland aus. Das ist aber zwingend notwendig, damit das Angebot für die Auszubildenden nun nicht noch zusätzlich schrumpft. Auch müssen Unternehmen, wenn es infektionstechnisch irgendwie geht, weiter Praktika anbieten. Oftmals sind sie der erste Schritt in eine Berufsausbildung.
Aber auch die Politik muss reagieren. SPD-Minister Hubertus Heil muss mehr Werbung für seinen Ausbildungsschutzschirm machen. Die versprochenen Ausbildungsprämien und Zuschüsse können nur wirken, wenn man sie auch kennt. Mancher Betrieb nimmt sicher eher Azubis auf oder stellt sie nach deren Abschluss dauerhaft ein, wenn er erfährt, dass es dafür Geld gibt.