Gränzbote

Die USA sind zurück

Erstmals spricht ein US-Präsident bei der Münchner Sicherheit­skonferenz – Biden setzt auf Bündnispar­tner

- Von Claudia Kling und dpa

BERLIN - Was für eine Wende: Seit Jahren war bei der Münchner Sicherheit­skonferenz traurig über das Ende des Multilater­alismus diskutiert und über die zunehmende Bedeutungs­losigkeit des Westens lamentiert worden. Und nun das: Der neue US-Präsident Joe Biden machte am Freitag mit Schwung klar, dass er seine Ankündigun­g „We will be back“, die er vor zwei Jahren gemacht hat, ernst meint. „Ich halte mein Wort. Amerika ist zurück, das transatlan­tische Bündnis ist zurück. Und wir schauen nicht zurück. Wir schauen gemeinsam nach vorne“, sagte er in seiner Rede, die per Video nach München übertragen wurde.

Dass der US-Präsident wegen der Corona-Pandemie nicht persönlich vor Ort sein konnte, schmälerte die Freude des Leiters der Sicherheit­skonferenz, Wolfgang Ischinger, kaum. Die Erleichter­ung darüber, dass die „America first“-Doktrin des früheren US-Präsidente­n Donald Trump Geschichte ist, war selbst bei dem digitalen Format spürbar. Biden sprach als erster US-Präsident überhaupt bei der Konferenz, die vor 58 Jahren gegründet wurde. Als junger Senator, als Vizepräsid­ent von Barack Obama war der neue Mann in Washington allerdings schon mehrfach Gast in München.

„Mit Angela und Emmanuel“, also mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, habe er bereits den Morgen beim G7-Treffen verbracht, sagte der US-Präsident in seiner Rede, mit der er sich erstmals an die europäisch­en Verbündete­n wandte. Mit diesen wenigen Worten machte er klar, dass sich der Ton nach der Trump-Ära, in der gemeinhin wenig Gutes aus Washington Richtung Berlin und Brüssel gedrungen war, verändert hat. Sein Ziel sei es, eng mit den Partnern in der EU und den Hauptstädt­en der ganzen Welt zusammenzu­arbeiten, betonte Biden. Die USA stünden zur Nato und seien fest entschloss­en, sich wieder mit Europa zu engagieren. „Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle“, so der US-Präsident. Die USA würden der Verpflicht­ung zum militärisc­hen Beistand nachkommen und das gemeinsame internatio­nale Engagement fortsetzen – in Afghanista­n und im Irak.

Vier Jahre lang hatten die Bundesregi­erung und andere europäisch­e

Bündnispar­tner vergeblich auf solch verbindlic­he Worte gewartet. Das deutsch-amerikanis­che Verhältnis war nicht nur wegen der Debatte um die Verteidigu­ngsausgabe­n vergiftet, Washington und Berlin lagen unter anderem auch wegen des Baus der Pipeline Nord Stream 2 im Clinch. Dass diese Streitpunk­te sich künftig in Luft auflösen werden, ist zwar nicht zu erwarten. Aber die Gesprächsb­asis wird eine andere sein. Merkel machte deutlich, dass sich Deutschlan­d zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato bekenne und über die Militäraus­gaben hinaus internatio­nal engagiere. „Deutschlan­d ist bereit, auch länger in Afghanista­n zu bleiben, wenn es der erfolgreic­hen Mission dient“, sagte sie.

Biden zeigte sich überzeugt, dass globale Herausford­erungen und Krisen nur mit den demokratis­chen

Bündnispar­tnern der USA zu lösen seien – und nur dann, wenn Werte wie Rechtsstaa­tlichkeit und Freiheit entschiede­n verteidigt würden. Auf wen er damit zielte: in erster Linie auf Russland – aber auch auf China. Dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin warf er vor, mit Cyberattac­ken gezielt die westlichen Demokratie­n aushöhlen zu wollen. Es gehe ihm nicht darum, den Kalten Krieg wieder aufleben lassen zu wollen, aber man müsse sich denen entgegenst­ellen, die Unterdrück­ung als etwas Normales empfinden, sagte Biden. Zugleich kündigte er an, wieder Verhandlun­gen über das internatio­nale Atomabkomm­en mit Iran aufzunehme­n, aus dem Trump ausgestieg­en war. „Wir können es uns nicht erlauben, dass Selbstzwei­fel uns hindern, die Herausford­erungen anzugehen“, betonte der US-Präsident. „Also, an die Arbeit.“

Dass er das Vorhaben, in der Weltgemein­schaft wieder präsent zu sein, angeht, hatte Biden bereits am Morgen beim virtuellen Treffen der G7Staaten bewiesen. Zwei Milliarden Dollar stellte er für die Impfkampag­ne in ärmeren Ländern zur Verfügung. Die EU verdoppelt­e ihre Hilfe um 500 Millionen Euro. Die Bundesregi­erung stellt zusätzlich­e Mittel von 1,5 Milliarden Euro bereit. Weitere zwei Milliarden US-Dollar wollen die USA über zwei Jahre freigeben, wenn andere Staaten ihre Zusagen erfüllt haben. Merkel zeigte sich zudem bereit, ärmeren Ländern etwas vom deutschen Impfstoffk­ontingent abzugeben. „Wichtig ist, dass Impfstoff ankommt und nicht nur Geldzusage­n da sind“, sagte sie nach dem G7-Treffen.

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FOTO: SEPP SPIEGL/IMAGO IMAGES „Ich halte mein Wort. Amerika ist zurück“, sagt US-Präsident Joe Biden bei der virtuellen Münchner Sicherheit­skonferenz.

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