Südwest-CDU pocht auf Öffnung für Blumenläden zum 1. März
Sorge um verderbliche Pflanzen treibt Branche um – Grüne wollen Lockerungen weiterhin vom Infektionsgeschehen abhängig machen
STUTTGART - Am Montag öffnen Kitas und Grundschulen, eine Woche später dürfen die Friseure folgen. So lautet bisher der Weg, den BadenWürttemberg aus dem Teil-Lockdown beschreiten will. Dabei soll es nach Wunsch der CDU im Land aber nicht bleiben. Sie pocht nun darauf, dass auch Gartencenter und Blumengeschäfte zeitgleich mit den Friseuren spätestens zum 1. März öffnen können. Justizminister Guido Wolf (CDU) begründet das unter anderem mit der Verhältnismäßigkeit.
„Keiner will unvernünftige Öffnungen und allen ist klar, dass der Gesundheitsschutz nach wie vor höchste Priorität hat“, sagte Wolf am Freitag der „Schwäbischen Zeitung“. Der Erfolg bei den rückgängigen Infektionszahlen dürfe nicht verspielt werden. Nach aktuellsten Zahlen vom Donnerstagabend berichtete das Landesgesundheitsamt von landesweit 41,2 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen. „Wir können aber auch nicht so tun, als ob wir immer noch bei 200er-Inzidenzen stehen“, betont Wolf.
Aus Sicht des Justizministers müssten besondere Härten der verordneten Teilschließungen in den
Blick genommen werden. „Das halte ich auch rechtlich für geboten, es ist stets zu prüfen, ob Eingriffe noch verhältnismäßig sind“, so Wolf. Bei den Blumenhändlern und Gärtnereien sehe er eine solche besondere Härte. In baden-württembergischen Gärtnereien lagerten derzeit Hunderttausende Blumen, die in Kürze verderben. „Pflanzen, die über Monate herangezüchtet wurden, müssten schon bald tonnenweise entsorgt werden. Ich finde es schon bemerkenswert, dass die Floristikbranche die einzige Branche ist, die verderbliche Ware anbietet und trotzdem nichts verkaufen darf.“
Den Wunsch nach Öffnung zum 1. März hat auch die CDU-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, Susanne Eisenmann, in einem Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bekräftigt, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. „Aufgrund der Verderblichkeit der Ware und der nun beginnenden Vegetationsphase erscheint uns dies geboten“, schreibt sie. „Uns geht es wirklich um jeden einzelnen Tag, den wir früher öffnen können, sonst müssen wir Ware wegwerfen“, sagt Wolfgang Hilbich, Landesgeschäftsführer des Fachverbands Deutscher Floristen. Er spricht von Umsatzeinbußen von 50 bis 70 Prozent im Januar und davon, dass nun Supermärkte das Geschäft der Floristen machten. „Das ist Wettbewerbsverzerrung. Die Politik ignoriert und duldet das“, beklagt Hilbich.
In anderen Bundesländern wie Hessen und Nordrhein-Westfalen dürften die Läden bereits öffnen, betont neben Wolf auch Jochen Reiss, Geschäftsführer des Gartenbauverbands Baden-Württemberg-Hessen. „Alle machen auf und bei uns schaut man dumm aus der Wäsche“, sagt Reiss. „Wenn Baden-Württemberg nichts macht, dann passiert ein Pflanzentourismus und gerade das will man ja nicht.“Zudem würden die Flächen, auf denen die Frühlingspflanzen stehen, dringend für Gemüsejungpflanzen gebraucht. „Das wird sonst für die 17 Millionen Gärten in Baden-Württemberg ein Problem, die können dann kein Gemüse anbauen.“
Sabine Hagmann, Landesgeschäftsführerin des Handelsverbands, begrüßt Wolfs Vorstoß. Sie geht aber einen Schritt weiter. „Im Prinzip sollte man alles wieder aufmachen“, sagt sie. „Auch Modehäuser und Spielwarengeschäfte haben Saisonware, die mindestens genauso verderblich ist.“
Der grüne Koalitionspartner will sich nicht zu einer Öffnung zum 1. März bekennen. Regierungssprecher Rudi Hoogvliet verweist auf Kretschmanns jüngste Aussage, wonach vor weiteren Öffnungsschritten die Sieben-Tage-Inzidenz zunächst einige Tage stabil unter 35 liegen müsse. „Wir wissen natürlich nicht, wann das sein wird“, sagt Hoogvliet. Einige Modellierer sagten aber voraus, dass der Südwesten als erstes Bundesland bereits kommende Woche die 35er-Inzidenz erreichen werde. Zudem könnten Pflanzen bereits jetzt online gekauft und abgeholt werden, wenn sich die Händler am sogenannten Click&Collect beteiligten. „Das ist zwar keine Kompensation, aber eine gewisse Linderung.“