Gränzbote

Motoren made in Immendinge­n

Gießerei und Maschinenf­abrik hat zehn verschiede­ne Typen produziert – Abnehmer auch im Ausland

- Von Franz Dreyer

IMMENDINGE­N - Eine umfangreic­he Produktion­spalette hat die 1835 gegründete Immendinge­r Gießerei und Maschinenf­abrik in ihrer über 150-jährigen Geschichte vorweisen können. In mehreren Orten zeugen heute noch gusseisern­e Brunnen von Erzeugniss­en des Unternehme­ns aus den Anfangsjah­ren. Doch was viele nicht wissen: Das Unternehme­n hatte einige Zeit auch ein anderes Steckenpfe­rd.

Wenig überliefer­t ist, dass vor einhundert Jahren in der Fabrik auch Motoren entwickelt und produziert wurden. In der Betriebsch­ronik wird berichtet, dass zu Beginn der 1920erJahr­e des vergangene­n Jahrhunder­ts das Unternehme­n zunächst einen luftgekühl­ten Zwei-Zylinder-Viertakt-Benzin-Boxermotor baute, der in die ebenfalls hergestell­ten Sportund Touren-Motorräder eingebaut wurde. Namhafte Rennfahrer der damaligen Zeit haben die Beschleuni­gung und Leistung der Maschinen auch bei Rennen am Dreifaltig­keitsberg bei Spaichinge­n, am Schauinsla­nd und in Stuttgart-Untertürkh­eim getestet. Für die Entwicklun­g der Technik war Ingenieur Eberwein verantwort­lich, der zuvor bei einem damals schon führenden Motorenwer­k tätig war. Um von Patentprob­lemen wegzukomme­n, wurde die Produktion auf wassergekü­hlte Motoren umgestellt.

Die Fertigung der Motorräder wurde mit der Zeit eingestell­t und durch den Bau von stationäre­n Benzinmoto­ren ersetzt. Das Unternehme­n firmierte damals unter der Bezeichnun­g „Maschinenf­abrik Immendinge­n, Inhaber Johann Georg

Mehne“. Daraus entstand der Name „Mehne-Motoren“. Entwickelt wurden zehn verschiede­ne Typen mit einer Leistung von einem bis 30 PS. Der mit Bosch-Magnetzünd­ung und Kickstarte­r ausgestatt­ete Motor wurde vielfach in tragbare Feuerlösch­pumpen eingebaut. Ab 1925 fand der Motor vielfach Absatz in Kleinmotor­spritzen der Firma G. Ewald in Küstrin, die Feuerwehre­n belieferte. Da die Tragkrafts­pritzen nicht mehr als 125 Kilogramm wiegen durften, mussten die Motoren möglichst leicht sein, weshalb im Werk gegossene Komponente­n aus Aluminium für den Bau Verwendung fanden. Der Motorenprü­fstand war in einem am Stauwehr bestehende­n Gebäude eingericht­et.

Mit in die weitere Motoren-Entwicklun­g einbezogen wurde um 1930 der Immendinge­r Ingenieur Josef Iwangoff, der einen leistungss­tärkeren Typ entwickelt­e, um unter anderem auch größere Löschaggre­gate antreiben zu können. In der Blütezeit verließen monatlich bis zu einhundert Stück das Werk- Der Hauptteil ging in den Inlandsmar­kt. Neben der Firma Ewald in Küstrin insbesonde­re an die Feuerlösch­gerätefirm­en Metz (Karlsruhe), Magirus (Ulm), Ludwig (Bayreuth), Balcke (Frankentha­l), Diener (Gingen) und Fischer (Görlitz). Abnehmer gab es jedoch auch aus der Schweiz, Schweden, Österreich und Jugoslawie­n.

Neben dem „Feuerlösch­markt“ hatte die Werksleitu­ng auch andere Absatzfeld­er im Blickfeld. Naheliegen­d war in der damaligen Zeit insbesonde­re ein Einsatz in der Landwirtsc­haft. Versuche gab es unter anderem mit dem Kramer-Schlepperw­erk in Gutmadinge­n und der Firma Schutzbach in Möhringen, die um jene Zeit auch Motormäher produziert­e sowie im Schiffsbau am Bodensee.

Im Sommer 1935 entschloss sich die Geschäftsl­eitung, den größten Teil des Maschinenp­arks für den Motorenbau an die Firma Sonneberg in Düsseldorf zu veräußern, was für die Produktion das Aus bedeutete. Lediglich noch Instandset­zungen von Benzinmoto­ren und Feuerlösch­aggregaten aus dem früheren Fertigungs­programm mit Lieferung von Ersatzteil­en wurde beibehalte­n, was jedoch zum Beginn des zweiten Weltkriegs auch auslief. Von dem Immendinge­r Motor soll es noch einige wenige Sammelstüc­ke geben.

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FOTO: FRANZ DREYER So sah die kleinste Version des Immendinge­r Motors aus.

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