Motoren made in Immendingen
Gießerei und Maschinenfabrik hat zehn verschiedene Typen produziert – Abnehmer auch im Ausland
IMMENDINGEN - Eine umfangreiche Produktionspalette hat die 1835 gegründete Immendinger Gießerei und Maschinenfabrik in ihrer über 150-jährigen Geschichte vorweisen können. In mehreren Orten zeugen heute noch gusseiserne Brunnen von Erzeugnissen des Unternehmens aus den Anfangsjahren. Doch was viele nicht wissen: Das Unternehmen hatte einige Zeit auch ein anderes Steckenpferd.
Wenig überliefert ist, dass vor einhundert Jahren in der Fabrik auch Motoren entwickelt und produziert wurden. In der Betriebschronik wird berichtet, dass zu Beginn der 1920erJahre des vergangenen Jahrhunderts das Unternehmen zunächst einen luftgekühlten Zwei-Zylinder-Viertakt-Benzin-Boxermotor baute, der in die ebenfalls hergestellten Sportund Touren-Motorräder eingebaut wurde. Namhafte Rennfahrer der damaligen Zeit haben die Beschleunigung und Leistung der Maschinen auch bei Rennen am Dreifaltigkeitsberg bei Spaichingen, am Schauinsland und in Stuttgart-Untertürkheim getestet. Für die Entwicklung der Technik war Ingenieur Eberwein verantwortlich, der zuvor bei einem damals schon führenden Motorenwerk tätig war. Um von Patentproblemen wegzukommen, wurde die Produktion auf wassergekühlte Motoren umgestellt.
Die Fertigung der Motorräder wurde mit der Zeit eingestellt und durch den Bau von stationären Benzinmotoren ersetzt. Das Unternehmen firmierte damals unter der Bezeichnung „Maschinenfabrik Immendingen, Inhaber Johann Georg
Mehne“. Daraus entstand der Name „Mehne-Motoren“. Entwickelt wurden zehn verschiedene Typen mit einer Leistung von einem bis 30 PS. Der mit Bosch-Magnetzündung und Kickstarter ausgestattete Motor wurde vielfach in tragbare Feuerlöschpumpen eingebaut. Ab 1925 fand der Motor vielfach Absatz in Kleinmotorspritzen der Firma G. Ewald in Küstrin, die Feuerwehren belieferte. Da die Tragkraftspritzen nicht mehr als 125 Kilogramm wiegen durften, mussten die Motoren möglichst leicht sein, weshalb im Werk gegossene Komponenten aus Aluminium für den Bau Verwendung fanden. Der Motorenprüfstand war in einem am Stauwehr bestehenden Gebäude eingerichtet.
Mit in die weitere Motoren-Entwicklung einbezogen wurde um 1930 der Immendinger Ingenieur Josef Iwangoff, der einen leistungsstärkeren Typ entwickelte, um unter anderem auch größere Löschaggregate antreiben zu können. In der Blütezeit verließen monatlich bis zu einhundert Stück das Werk- Der Hauptteil ging in den Inlandsmarkt. Neben der Firma Ewald in Küstrin insbesondere an die Feuerlöschgerätefirmen Metz (Karlsruhe), Magirus (Ulm), Ludwig (Bayreuth), Balcke (Frankenthal), Diener (Gingen) und Fischer (Görlitz). Abnehmer gab es jedoch auch aus der Schweiz, Schweden, Österreich und Jugoslawien.
Neben dem „Feuerlöschmarkt“ hatte die Werksleitung auch andere Absatzfelder im Blickfeld. Naheliegend war in der damaligen Zeit insbesondere ein Einsatz in der Landwirtschaft. Versuche gab es unter anderem mit dem Kramer-Schlepperwerk in Gutmadingen und der Firma Schutzbach in Möhringen, die um jene Zeit auch Motormäher produzierte sowie im Schiffsbau am Bodensee.
Im Sommer 1935 entschloss sich die Geschäftsleitung, den größten Teil des Maschinenparks für den Motorenbau an die Firma Sonneberg in Düsseldorf zu veräußern, was für die Produktion das Aus bedeutete. Lediglich noch Instandsetzungen von Benzinmotoren und Feuerlöschaggregaten aus dem früheren Fertigungsprogramm mit Lieferung von Ersatzteilen wurde beibehalten, was jedoch zum Beginn des zweiten Weltkriegs auch auslief. Von dem Immendinger Motor soll es noch einige wenige Sammelstücke geben.