Beim Kleber gibt’s Wirtshaus zum Mitnehmen satt
Im Lichte einer frostigen Sonntagssonne stehen die Menschen geduldig vor dem Traditionsgasthaus Kleber in Haslach nahe Wangen an. Manche mit Transportboxen, andere mit Wäschekörben, die mit Decken ausgeschlagen sind. Alle haben sie etwas von der Abholkarte zuvor telefonisch bestellt und sind nun zum vereinbarten Zeitpunkt an Ort und Stelle. Alles Routine, so scheint es. Auch freundlich sein, ohne gerade richtig Gastgeber sein zu dürfen, hat Familie Kleber nicht verlernt während der nervenaufreibenden Lockdown-Phasen. Erfreulicherweise haben die Wirtsleute in kompostierbare Verpackung investiert, die auf Basis von Pflanzenfasern hergestellt ist und trotzdem warmhaltende Qualitäten zeigt.
Stammgäste mögen den Gasthof Kleber auch wegen der typischen Wirtshaus-Rustikalität, die eine kluge Hand mit ansprechenden Details in die Moderne geholt hat. Es gibt einen geräumigen Festsaal und außerdem eine Kegelbahn. Damit ist der Kleber eines der wenigen verbliebenen echten Gasthäuser, denen zu normalen Zeiten die Rolle eines sozialen Zentrums zukommt. Wo noch geheiratet, getanzt und auch getrauert wird. Der verheißungsvolle Duft aus der Küche liefert allerdings keinerlei Grund zur Traurigkeit. Die Melange typischer Gerüche nähren schon beim Bezahlen der Bestellung die Hoffnung, dass im Gasthof Kleber noch Köche arbeiten und nicht bloß Tüten- und Tiefkühlkosterwärmer. Beim Erforschen der einzelnen Gerichte bestätigt sich die hoffnungsfrohe Aussicht auf gutes, handgemachtes Essen mit unverkennbar schwäbischer Handschrift. Zunächst aber die Exotin von der
Karte: vegane Karotten-Kokos-Curry-Cremesuppe. Die milde Suppe vereint zarte Aromen von Kokosmilch und Karotte mit Zitronengras. Ein bisschen Schärfe hätte nicht geschadet – die gibt es beim XXL-Hamburger dafür punktuell reichlich. Denn der mächtige Fleischklops ist stellenweise mit feurigen Ringen von grüner Peperoni belegt. Zerlaufener Käse, knackiger Salat, Zwiebeln und Soße – ein wuchtiges Fest für Leute, die gerne herzhaft zubeißen. Sehr positiv: Das Fleisch ist nicht zu Tode gebraten, schimmert mittig rosa und liefert Saft in Strömen.
Die Küche weiß auch bei den Details genau, was sie tut. Zum Beispiel sind die Salate mit einer schlichten Essig-Vinaigrette angemacht, die sich auf wunderbar frischer Blattware verteilt. Auch der Kartoffelsalat schafft eine hohe Punktzahl, weil er feuchte Konsistenz mit starker Würze vereint. Die Kässpätzle sind kernig, der Käse von mildem Geschmack, die Zwiebel knusprig geröstet. Das am wenigsten eindrucksvolle Gericht ist der Gemüsespieß mit Reis. Während Zucchini, Champignons und Co. durch eine Art Tempurateig mit etwas Knusper versehen sind, der aber einen Transport von mehr als fünf Minuten nicht so gut verträgt, ist der Reis doch deutlich verkocht. Daran kann auch die ihn umgebende tomatige Soße nichts ändern.
Nichts, aber auch wirklich gar nichts, gibt es dafür am seidig-mürbe geschmorten Hirschgulasch zu meckern. Sein Duft taucht den ganze Tisch in kulinarische Waldeslust mit der ganzen Kraft von Wild, Wacholder und Preiselbeere. Spätzle dazu – der Rest ist wohliges Schweigen.
Gasthof Kleber
Schomburger Str. 1
88239 Wangen-Haslach
Tel. 07528-2377 www.gasthof-kleber.de Abholzeiten Mittwoch bis Sonntag von 11.30-14 Uhr und 17.30-20 Uhr. Hauptgerichte 13-28 Euro. Weitere „Aufgegabelt“-Folgen: www.schwäbische.de/aufgegabelt