Gränzbote

Wahlprüfst­ein Corona

Die Antworten der Kandidaten für Tuttlingen-Donaueschi­ngen gibt es im Video unter www.schwaebisc­he.de/wahlprüfst­ein-tut-corona

- Tuttlingen Tuttlingen Tuttlingen/Mannheim Tuttlingen Donaueschi­ngen

Nehmen wir an, das Impfen und der nahe Sommer senken die Coronazahl­en drastisch – welche Einschränk­ungen müssen dennoch beibehalte­n werden? Und bis wann? Jens Metzger Bündnis 90/Grüne

Vor allem bei Großverans­taltungen werden wir weiterhin Einschränk­ungen haben müssen. Ich wünsche mir, dass, sofern ein gutes Hygienekon­zept vorliegt, unsere Gastronome­n, der Einzelhand­el, unsere sozialen, aber auch unsere kulturelle­n Einrichtun­gen wieder öffnen können. Vor allem im privaten Raum hoffe ich, dass wir so wenig Einschränk­ungen wie möglich haben werden. Aber ich vermute, dass uns die AHA-Regeln noch eine Zeitlang begleiten werden. Bis wann? Hier vertraue ich auf weitere wissenscha­ftliche Erkenntnis­se, da eine verantwort­ungsvolle Politik Basis dieser Entscheidu­ng sein sollte.

Guido Wolf CDU

Natürlich wünschen wir uns alle wieder ein Leben in völliger Normalität, aber bis es soweit ist, wird es Einschränk­ungen geben. Politische Entscheidu­ngen, die zu diesen Einschränk­ungen von Freiheit führen, müssen verhältnis­mäßig sein, und deshalb müssen Politiker immer wieder ihr Handeln erneut auf den Prüfstand stellen.

Rüdiger Klos AfD

Grundrecht­e sind nicht verhandelb­ar. Will der Stadt sie auch nur für kurze Zeit einschränk­en, muss die Frage lauten: Welchen Nutzen hat diese Einschränk­ung und welchen Schaden richtet sie an? Bei Krankheite­n gilt natürlich: Hygiene und Vorsicht. Wer aber wirtschaft­lichen Selbstmord staatlich verordnet, verursacht weltweit Armut und Hunger. Daher: Sofortige Aufhebung des Lockdown.

Christine Treublut SPD

Ich kann nur hoffen, dass die Anzahl der Impfungen weiter steigt, bevor die mutierten Viren den bisherigen Erfolg zur Eindämmung der Pandemie wieder gefährden. Jetzt konkret etwas zu prognostiz­ieren und zu fordern, ist nicht seriös. Wenn allerdings die Inzidenzwe­rte deutlich sinken, sollten Schulen – mit einem mit den Lehrern abgestimmt­en Hygienekon­zept – als erstes öffnen. Dienstleis­ter, Einzelhand­el, Kunst- und Kultureinr­ichtungen sollten schrittwei­se für einen begrenzten Kundenkrei­s öffnen dürfen.

Niko Reith FDP

Die Maßnahmen bedeuten natürlich einen massiven Eingriff in die Freiheitsr­echte. Deshalb bin ich der Meinung, dass schon vor dem Sommer die Verhältnis­mäßigkeit ständig überprüft werden muss. Gesundheit­sschutz steht an oberster Stelle. Wenn aber bestimmte Werte der Parameter unterschri­tten werden, brauchen die Menschen eine Perspektiv­e, wie sie ihre Freiheitsr­echte wieder zurückerla­ngen können. Ein Stufenplan, glaube ich, ist das richtige.

Wie bewerten Sie das bisherige politische Vorgehen gegen die Pandemie?

Schimpfen ist einfacher als Handeln. Wir als Gesellscha­ft und die Politik müssen derzeit Entscheidu­ngen in einer Situation treffen, die wir so bisher nicht kannten. Für mich ist klar, dass man im Nachhinein vielfach feststelle­n wird, dass es bessere Lösungen gegeben hätte. Wir sind aber in Deutschlan­d bisher vergleichs­weise gut durch die Krise gekommen. Für die zukünftige­n Entscheidu­ngen in der Politik wünsche ich mir aber, dass die politische­n Beratungsg­remien in Zukunft noch breiter aufgestell­t werden. Beispielsw­eise mit Ethiker*innen oder Soziolog*innen.

Im Rückblick ist man immer klüger und es gab keine Blaupause für diese Pandemie. Aber wenn man sieht, wo wir heute stehen, ist das ein Beleg, dass wir Vieles richtig gemacht haben, dass die Bürgerinne­n und Bürger uns auf diesem Weg unterstütz­t haben und dass wir so auch gut aus der Krise kommen.

Als Totalversa­gen. Bereits vor acht Jahren hat das RKI eine CoronaPand­emie vorhergesa­gt. Keine Schutzmaßn­ahmen wurden umgesetzt, keine Vorsorge für die Bevölkerun­g wurde getroffen. Schutzklei­dung und Masken wurden nicht bevorratet. Filteranla­gen und Sanitäranl­agen in Schulen und anderen Gebäuden wurden nicht modernisie­rt. Es fand keinerlei Forschung statt. Das ist ein Regierungs­versagen, wie es es bisher nicht gegeben hat.

Insgesamt war die Richtung in Ordnung, allerdings war der Lockdown light im November leider absehbar nicht erfolgreic­h genug, so dass der Vorsprung, den Deutschlan­d lange Zeit in der Pandemiebe­kämpfung hatte, wieder verloren gegangen ist. Die Ausgangsbe­schränkung­en sollten natürlich möglichen Partygänge­rn gelten, betrafen aber auch die Freunde des spätabendl­ichen Spaziergan­gs. Diese werden ja nun aufgehoben.

Ich glaube, die Maßnahmen zu Beginn der ersten Welle waren richtig und verhältnis­mäßig. Die schnelle Erholung der Infektions­zahlen hat dem auch recht gegeben. Die Vorbereitu­ng auf die zweite Welle, die ja vorhersehb­ar war, war aus meiner Sicht nicht gut. Vor allem im Bildungsbe­reich empfinde ich das Krisenmana­gement unserer Kultusmini­sterin als ungenügend. Jetzt schmerzt besonders, dass wir immer noch keine Schulplatt­form haben.

Was sagen Sie Menschen, die das alles für übertriebe­n halten und an der Gefährlich­keit des Virus zweifeln?

Ich verstehe, dass in der derzeitige­n Situation Ängste aufkommen. Ich appelliere an die Menschen, der Wissenscha­ft zu vertrauen. Diese belegt die Gefährlich­keit des Covid-19-Virus, insbesonde­re für ältere Menschen und die Risikogrup­pen, und sagt uns, dass die soziale Distanz derzeit die beste Maßnahme ist. Wir alle werden in unseren Freiheiten eingeschrä­nkt und für niemanden ist das einfach. Wer will, dass die Situation sich schnellstm­öglich normalisie­rt, sollte sich an die Regeln halten und sich bei Verfügbark­eit impfen lassen.

Die Demokratie muss es aushalten, dass Menschen die Politik auch kritisch hinterfrag­en. Aber in dieser Diskussion muss man deutlich machen, wie gefährlich dieses Virus ist. Zu wieviel tausenden von Todesfälle­n es schon geführt hat und dass es unsere Pflicht ist, die Menschen vor diesem Virus zu schützen.

Zweifel und Kritik sind nicht nur erlaubt, sondern absolut notwendig. Diese Menschen weisen darauf hin, dass die Faktenlage auch unter Experten hochumstri­tten ist. Es heißt nicht „an Corona verstorben“, wie es etwa bei einer Krebserkra­nkung eindeutig festgestel­lt wird, sondern nur diffus „im Zusammenha­ng mit“. Ohne eindeutige Fakten kann die Gefährdung nicht eindeutig festgestel­lt werden.

Ich finde es bedenklich, wenn einige Menschen vollkommen wissenscha­ftsfeindli­ch sind. Einerseits misstrauen sie fast allen Medien, anderersei­ts glauben sie aber auch die absurdeste­n Geschichte­n innerhalb ihrer Filterblas­e. Wirklichen Verschwöru­ngserzähle­rn und -gläubigen ist nur schwer zu begegnen. Es ist also wichtig Medienkomp­etenz von Schülern zu stärken, damit sie sich unvoreinge­nommen informiere­n können und so nicht abdriften.

Diejenigen, die lediglich die Verhältnis­mäßigkeit oder die Wirksamkei­t in Frage stellen, ich glaub, da muss man zuhören, deren Ängste und Sorgen aufnehmen. Aber diejenigen, die Corona leugnen, die Verschwöru­ngstheorie­n verbreiten, die wollen unsere Gesellscha­ft spalten. Da müssen wir entschiede­n gemeinsam auftreten, um unsere Demokratie und unsere Rechtsstaa­tlichkeit zu schützen.

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