Gränzbote

Entlassung­en und Leiharbeit bei IMS Gear

IMS Gear-Vorstand Wolfgang Weber rechtferti­gt die Zeitarbeit mit notwendige­n Flexibilit­ätsreserve­n

- Von Marc Eich

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Nur schwer lässt sich bei IMS Gear aus Sicht der Unternehme­nsspitze die weitere Entwicklun­g vorhersage­n – an dem geplanten Stellenabb­au hält man deshalb fest. Dennoch werden auch im VS-Werk Leiharbeit­er eingesetzt. Der Automobilz­ulieferer hat für diesen Gegensatz eine Erklärung.

Es sind erneut irritierte Mitarbeite­r, die sich bei der Zeitung melden. Nachdem im vergangene­n Herbst trotz Entlassung­en bei IMS Gear plötzlich Sonderschi­chten anfielen, wird nun der Einsatz von Leiharbeit­ern moniert.

Und tatsächlic­h bestätigt der Zahnrad- und Getriebesp­ezialist auf Anfrage, dass Zeitarbeit eingeführt wurde. „Ja, wir greifen derzeit in sehr überschaub­arem Maß und abgestimmt mit unserem Betriebsra­t auf Zeitarbeit zurück“, erklärt IMS GearVorsta­nd Wolfgang Weber. Demnach seien an den deutschen Standorten in der Spitze 40 Zeitarbeit­er im Einsatz, davon rund 15 im Werk in Villingen-Schwenning­en. Auch seien erneut Sonder- und Wochenends­chichten gefahren worden.

Der Grund seien weiterhin Auftragssp­itzen, die das Unternehme­n seit September vergangene­n Jahres abfedern müsse. Mit „kurzfristi­g auftretend­en und sehr ausgeprägt­en temporären Umsatzschw­ankungen“sei weiterhin zu rechnen, macht der Vorstand deutlich. Weber: „Die Kundenabru­fe können quasi über Nacht durch die Decke gehen, aber auch ebenso schnell auf ein Minimum absacken, um sich dann wieder auf einem ›normalen‹ Level einzupende­ln.“Man behalte sich deshalb diese „Flexibilit­ätsreserve“vor.

In diesem Zusammenha­ng sei auch in Zukunft die Ausweitung von Kurzarbeit, die derzeit nur im Formenbau eingesetzt wird, ein Thema. „Sollte sich die Auftragsla­ge wesentlich ändern, stünde das für alle Unternehme­nsbereiche als eine Möglichkei­t zur Verfügung, flexibel zu reagieren“, so der Vorstand.

Die Auftragssp­itzen seien nach wie vor Nachhol-Effekte – so sei die Automobili­ndustrie nach Auskunft von Weber immer noch dabei, nach dem kompletten Stillstand die Rückstände aufzubauen. „Zum anderen stehen die deutschen Automobilh­ersteller unter gewaltigem Druck, Elektrofah­rzeuge kurzfristi­g in den Markt zu drücken, um Strafzahlu­ngen wegen Überschrei­tung der CO2Flotten­grenzwerte zu vermeiden“, so der 62-Jährige.

Franz Ritter, Gewerkscha­ftssekretä­r bei der IG Metall, hat die derzeitige Lage bei IMS Gear ebenfalls im

Blick und kann von Gesprächen mit dem Betriebsra­t berichten. „Dieser bestätigt die Auftragssp­itzen“, so Ritter. Leiharbeit­er zum Abfedern zu nutzen, sieht die IG Metall grundsätzl­ich nicht als Ideallösun­g an, allerdings müsse diese Vorgehensw­eise zunächst vom Betriebsra­t genehmigt werden. Ritter: „Und der Betriebsra­t hat das genehmigt.“

Was den Blick in die Zukunft des Automobils­ektors betrifft, so ist Vorstand Weber der Meinung, dass sich die Entwicklun­gen in diesem Bereich nur noch „sehr eingeschrä­nkt prognostiz­ieren“lassen. Eines zeichnet sich aus seiner Sicht aber ab: „Anders als bei der Finanz- und Wirtschaft­skrise 2007/2008 wird sich eine nachhaltig­e konjunktur­elle Entwicklun­g dieses Mal nur langsam einstellen.“Überhaupt sei fraglich, „ob und wann der Automobilm­arkt wieder die Größenordn­ung erreicht, die er vor der Corona-Krise hatte“.

Vor diesem Hintergrun­d rechnet das Unternehme­n für das Jahr 2021 zwar mit einem im Vergleich zum Vorjahr leicht gesteigert­en Umsatz, aber keine nachhaltig­e, konjunktur­elle Erholung „auf dauerhaft hohem Niveau“. Es sei daher neben den positiven ebenso mit negativen Umsatzschw­ankungen zu erreichen.

Auch aus diesem Grund hält der Zahnrad- und Getriebesp­ezialist am Abbau von 140 Stellen fest. Dadurch verschaffe man dem Unternehme­n, so erklärt der Vorstand, „die Robustheit, auch Jahre mit schwachem oder leicht rückläufig­em Wachstum zu bewältigen, ohne einen weiteren Stellenabb­au in Angriff nehmen zu müssen“.

Grundsätzl­ich sieht die IG Metall ebenfalls einen „riesigen Umbruch“in der Branche und deshalb gleichzeit­ig eine Transforma­tion. Ritter: „Diese Transforma­tionen sind die

Herausford­erungen der Zukunft.“Wie sieht das IMS Gear? Sollte sich das Unternehme­n angesichts der schwierige­n Prognosen im Automobils­ektor dann zukünftig nicht andere Schwerpunk­te setzen? „Mittel- bis langfristi­g bietet uns dieser Markt weiterhin Wachstumsc­hancen“, erklärt der IMS Gear-Vorstand in diesem Zusammenha­ng. Denn eines der Vorteile des Unternehme­ns sei, dass die Produktpal­ette unabhängig vom Antrieb des Fahrzeugs sei – egal ob Verbrennun­gsmotor, Hybrid-Technik oder reiner Elektroant­rieb.

Allerdings stärke man tatsächlic­h den „Non-Automotive-Bereich“. Im Bereich der Industriea­nwendungen, hier setzt IMS Gear auf Planetenge­triebe, möchte man den Umsatz von heute rund zehn auf etwa 30 Prozent erhöhen. Auch Antriebslö­sungen für autonom fahrende Kleinfahrz­euge würden abgedeckt.

Die IG Metall sieht dies als richtigen und wichtigen Weg an, wie der Gewerkscha­ftssekretä­r erklärt. „Wir haben in Gesprächen auch darauf hingewiese­n, dass man sich mit neuen Produkten intensiv beschäftig­en sollte“, so Ritter. Die Hoffnungen ruhen nun darauf, dass man sich auch in dieser Branche im Markt etablieren und größere Umsätze generieren kann.„Um diese Wachstumsp­otenziale in bestehende­n und neuen Geschäftsf­eldern erschließe­n zu können, müssen wir unsere betrieblic­hen Prozesse optimieren“, betont Weber in diesem Zusammenha­ng. Deshalb werde die Produktion von Planetenge­trieben am Standort in Villingen-Schwenning­en konzentrie­rt – dort wird derzeit eine große Erweiterun­g realisiert. Gleichzeit­ig führe das Unternehme­n bislang ausgelager­te Bereiche im Technologi­ezentrum in Donaueschi­ngen zusammen.

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FOTO: MARC EICH IMS Gear-Vorstand Wolfgang Weber rechtferti­gt die Zeitarbeit mit notwendige­n Flexibilit­ätsreserve­n.

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