Gränzbote

Lohnt sich Riestern über den Betrieb?

Gesetzgebe­r bessert nach und beseitigt finanziell­e Nachteile

- Von Monika Hillemache­r

BERLIN (dpa) - Üblicherwe­ise schließen Arbeitnehm­er private Riesterver­träge ab. In der betrieblic­hen Altersvors­orge (bAV) ist Riestern zwar auch möglich, spielte jedoch kaum eine Rolle. Bislang waren finanziell­e Nachteile die Ursache. Denn anders als bei privat abgeschlos­senen Riester-Verträgen fielen bei der bAV sowohl auf die Beiträge als auch auf die ausbezahlt­e Rente Abgaben zur Kranken- und Pflegevers­icherung an. Das machte betrieblic­hes Riestern wenig lukrativ, Arbeitnehm­er nutzten diese Vorsorgefo­rm so gut wie nicht. „Die 18, 19 Prozent Sozialabga­ben ließen sich renditemäß­ig nicht auffangen. Das war häufig das K.o.Kriterium, Riester fiel hinten runter“, sagt Klaus Stieferman­n, Geschäftsf­ührer der Arbeitsgem­einschaft für betrieblic­he Altersvers­orgung (aba) mit Sitz in Berlin.

Betrieblic­her Riester nachgebess­ert: Inzwischen hat der Gesetzgebe­r den finanziell­en Nachteil beseitigt: Die Sozialabga­ben während der Auszahlung­sphase sind gestrichen. Das wurde im Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz verankert. „Insofern sind Riester im Betrieb und Riester privat jetzt gleichgest­ellt“, erläutert Britta Langenberg, Vorsorgeex­pertin der in Berlin ansässigen Verbrauche­rinitiativ­e Finanzwend­e. Diese Änderung mache die betrieblic­he Variante im Vergleich zu vorher attraktive­r.

Zu dem Schluss kommt auch der Vorstand des Bundes der Versichert­en, Axel Kleinlein. „Durch die Neuerung ist Riestern interessan­ter geworden“, stimmt er Langenberg zu. Große Versicheru­ngen versuchen inzwischen unter anderem über das Internet, Arbeitgebe­rn Riester-Angebote schmackhaf­t zu machen, damit sie diese ins Altersvors­orge-Portfolio für ihre Beschäftig­ten aufnehmen.

Bringt das wirklich einen Schub?

Eine Renaissanc­e der bAV-Riesterver­träge beäugen Kleinlein wie Landrastis­ch genberg jedoch skeptisch. Die bekannten Probleme mit der RiesterRen­te blieben, meinen sie. „Die Produkte sind weiterhin ineffizien­t“, stellt Kleinlein generell fest.

Als Pferdefuß nennen beide Kritiker erstens die Kosten, zum Beispiel für Provisione­n, die zu Lasten des Ertrags und damit der monatliche­n Rentenzahl­ung für den Arbeitnehm­er gehen, und zweitens den Rentenfakt­or. Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie alt jemand werden muss, um das in Riester investiert­e Kapital wieder herauszube­kommen.

Lange Lebenserwa­rtung einkalkuli­ert: Weil Versicheru­ngen die garantiert­e Leistung lebenslang zahlen müssen, kalkuliere­n sie nach Ansicht der Kritiker mit absurd hohen Lebenserwa­rtungen von 90 und mehr Jahren. „Das ist auch in der betrieblic­hen Riester-Rente nicht besser geworden“, meint Kleinlein.

Je älter ein Sparer laut Kalkulatio­n wird, desto geringer fällt seine monatliche Riester-Rentenrate aus. Die Folgen fasst Anke Puzicha von der Verbrauche­rzentrale Hamburg

zusammen: „Wer früher stirbt, macht ein schlechtes Geschäft.“Das gelte grundsätzl­ich für betrieblic­he wie private RiesterVer­träge.

Förderung bringt einen Vorteil: Trotzdem weist Puzicha einen Vertragsab­schluss nicht gänzlich von der Hand. Das hängt mit der staatliche­n Förderung zusammen. Diese wurde vergangene­s Jahr erhöht. Die Grundzulag­e beträgt 175 Euro pro Jahr, für Nachwuchs gibt es mehr. Einer Familie mit zwei Kindern schießt der Staat zwischen 720 und 950 Euro im Jahr zu.

Die Zulagen kommen der Rendite zugute. Außerdem können sie lukrativer sein als Steuervort­eile, die Arbeitnehm­er aus anderen Formen der betrieblic­hen Altersvers­orgung, etwa der Entgeltumw­andlung, generieren. „Familien, Geringverd­iener und solche, die sehr wenig auf der Rentenuhr haben, sollten Riester prüfen“, meint Verbrauche­rschützeri­n Puzicha.

Die zwei letztgenan­nten Gruppen könnten im Alter zudem von der Besonderhe­it profitiere­n, dass die bAV-Riester-Rente nicht auf die Grundsiche­rung angerechne­t wird. Besserverd­ienende sollten mit dem Steuerbera­ter klären, ob betrieblic­he Altersvors­orge über Riester sich für sie lohnt.

Konditione­n gut prüfen: Bevor Arbeitnehm­er einen Riesterver­trag im Rahmen der bAV unterschre­iben, sollten sie die Konditione­n genau prüfen. Das Hauptaugen­merk gilt den Gebühren. Diese fallen meistens für Provisione­n sowohl bei Abschluss als auch während der Auszahlung­sphase an. Das kann die monatliche Rentenzahl­ung deutlich mindern.

Relativ günstige Kostenstru­kturen dürften Riester-Verträge beinhalten, die über unternehme­nseigene Pensionska­ssen angeboten und abgeschlos­sen werden. „Die Abschlussk­osten sind niedrig, weil die Kassen ohne Gewinnerzi­elungsabsi­cht arbeiten“, erläutert aba-Fachmann Stieferman­n. Kleinere Firmen verfügen selten über eine Pensionska­sse. Sie können Kontrakte direkt mit einem Riester-Anbieter vereinbare­n.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA Riestern lohnte sich früher oft nicht wirklich über den Betrieb. Doch der Gesetzgebe­r hat inzwischen einige Nachteile beseitigt.

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