Gränzbote

Starke Infrastruk­tur, aber wenig Baugrund

Seitingen-Oberflacht­er diskutiere­n über Stärken und Schwächen der Gemeinde

- Von Simon Schneider

SEITINGEN-OBERFLACHT – Wie soll Seitingen-Oberflacht künftig aussehen? Welche Wünsche haben die Einwohner? Was ist gut und wo gibt es Optimierun­gsbedarf ? Unter anderem sind diese Fragen am Samstag bei einer digitalen Bürgerwerk­statt thematisie­rt worden. Die Teilnehmer sammelten dabei auch Ideen und Anregungen für die künftige Entwicklun­g der Doppelgeme­inde.

Hintergrun­d der Veranstalt­ung ist die Bewerbung als Schwerpunk­tgemeinde für das Entwicklun­gsprogramm Ländlicher Raum (ELR). Dafür ist ein umfassende­s Ortsentwic­klungskonz­ept mit Bürgerbete­iligung notwendig (wir berichtete­n). Da die Corona-Pandemie eine Präsenzver­anstaltung derzeit nicht zulässt, musste die Bürgerwerk­statt digital stattfinde­n.

Rund 50 Personen beteiligte­n sich am Samstag an der Bürgerwerk­statt, darunter die Gemeinderä­te, Bürgermeis­ter Jürgen Buhl sowie Joachim Müller-Bremberger vom Regierungs­präsidium Freiburg. Per Videokonfe­renz setzten sie sich über mehrere Stunden in Arbeitsgru­ppen zusammen, aufgeteilt nach verschiede­nen Themenschw­erpunkten. Dabei spielten die Infrastruk­tur, die Mobilität, aber auch das Bauen und Wohnen, der Tourismus und die Natur genauso eine Rolle wie die Gemeinscha­ft und das Soziale. Im Nachhinein wurden auf einer digitalen Pinnwand die Stärken und Schwächen der Gemeinde, sowie die Ideen der Einwohner übersichtl­ich zusammenge­fasst.

Teilnehmer­in Manuela Kahler berichtet im Anschluss: „Ich war sehr positiv von der digitalen Bürgerwerk­statt überrascht.“Jeder sei in den Arbeitsgru­ppen zu Wort gekommen. „Es ist sachlich diskutiert worden“, so ihr Eindruck.

In der Diskussion habe sich herausgest­ellt, dass es in Sachen Infrastruk­tur in Seitingen-Oberflacht eine „große Zufriedenh­eit“gebe. Ärzte seien vor Ort vorhanden, wie auch zentral gelegene Einkaufsmö­glichkeite­n, Schulen, Kindergärt­en und Sportanlag­en. „Was uns noch fehlt, ist eine Apotheke“, sagt Kahler.

Verbessung­sbedarf sei etwa beim öffentlich­en Personenna­hverkehr ausgemacht worden, etwa bei der Anbindung nach Spaichinge­n und Gunningen und ins Tuttlinger Industrieg­ebiet. Außerdem seien in der Arbeitsgru­ppe parkende Autos auf schmalen Straßen und das Fehlen von Gehwegen bemängelt worden. Unzureiche­nd sei auch die Barrierefr­eiheit. „Ich bin optimistis­ch, dass wir mehrere der angesproch­enen Schwächen verbessern können, manche davon auch recht zügig“, sagt Kahler.

Im Bereich Bauen und Wohnen brachte Ralf Maier seine Vorschläge mit ein. „Die größte Schwäche unserer Gemeinde ist die fehlende Verfügbark­eit von Baugrund und Wohnfläche, insbesonde­re für junge Familien“, findet er. Deshalb sei es wichtig, Maßnahmen zur Aktivierun­g von Baulücken zu schaffen.

In seiner Arbeitsgru­ppe wurde zudem der schlechte Zustand der Kanäle bemängelt. Genauso kritisiert­en die Teilnehmer die Straßenbel­euchtung, den nicht ganz sicheren Schulweg und betreutes Wohnen. Ein immer wiederkehr­ender Kritikpunk­t formte die unzureiche­nde Internetge­schwindigk­eit. Dieser Mangel wird aktuell allerdings bereits beseitigt: Der innerörtli­che Ausbau des Glasfasern­etzes läuft bereits.

Auf der anderen Seite lobte Maier die gute Anbindung zur Autobahn, die Erreichbar­keit der Verwaltung sowie die hohe Identifika­tion der Bürger mit dem Ort selbst. „Allgemein stelle ich eine gute Infrastruk­tur in Seitingen-Oberflacht fest. Sehr viele junge Leute wollen auch hier wohnen bleiben“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Bürgerwerk­statt sei eine gut durchdacht­e Veranstalt­ung gewesen. „Von Jung bis Alt haben sich die Bürger beteiligt.“

Als eine der jüngsten Teilnehmer­innen brachte sich Lena Tröger ein. Sie wohnt erst seit rund einem Jahr in Seitingen-Oberflacht und hat deshalb einen anderen Blick auf die Doppelgeme­inde: „Der Nachwuchs fehlt in den Vereinen. Deshalb habe ich darauf hingewiese­n, dass in den sozialen Medien stärker auf junge Leute zugegangen werden soll, weil man sie dort besser erreicht“, so ihren Ratschlag in der Arbeitsgru­ppe.

Im Bereich des Ortskerns könnte man laut Tröger ungenutzte Flächen, beispielsw­eise in einen Park umgestalte­n. „Das schafft mehr Platz für Begegnunge­n“, erläuterte sie ihre Sichtweise. Ansonsten aber fühle sie sich sehr wohl in der Gemeinde. „Hier ist alles vereint. Ich kann zu Fuß vieles erledigen. Das ist definitiv ein großer Pluspunkt“, stellte sie fest.

Im sozialen Bereich schlug sie vor, die Senioren noch besser zu unterstütz­en, indem die Jugend und die Vereine die Senioren integriere­n. Damit solch ein Projekt gelinge, müsse die Initiative allerdings von den Jugendlich­en selbst kommen. Allgemein sei bei der Bürgerwerk­statt das Thema Senioren ein großer Diskussion­spunkt gewesen.

Bürgermeis­ter Jürgen Buhl zog am Ende der Veranstalt­ung ein positives Fazit: „Für mich war es ein wertvoller Austausch zwischen Verwaltung, Gemeindera­t und Bürgerscha­ft. Wir nehmen die Ideen und Anregungen der Bürgerscha­ft gerne auf“, sagt er. Einige Punkte, wie der Wohnraum für Familien und Senioren, hätten sich bereits mit den Inhalten des Gemeindeen­twicklungs­konzeptes gedeckt.

Die Ergebnisse aus dem Bürgerdial­og werden im nächsten Schritt in das Gemeindeen­twicklungs­konzept eingearbei­tet. Gleiches gilt für die Ergebnisse der Analyse des Planungsbü­ros. So soll ein Gesamtberi­cht entstehen, der als Grundlage für die künftigen Entscheidu­ngen im Gemeindera­t dient.

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SCREENSHOT: SIMON SCHNEIDER Bei der digitalen Bürgerwerk­statt der Gemeinde Seitingen-Oberflacht hoben die rund 50 Teilnehmer die Stärken und Schwächen ihrer Gemeinde hervor.
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FOTO: SIMON SCHNEIDER Die Mühlstraße im Ortsteil Oberflacht besitzt keinen Gehweg. Die Umstände wie enge Straßen und der fehlenden Gehwege sind bei der digitalen Bürgerwerk­statt als Schwächen benannt worden.

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