Starke Infrastruktur, aber wenig Baugrund
Seitingen-Oberflachter diskutieren über Stärken und Schwächen der Gemeinde
SEITINGEN-OBERFLACHT – Wie soll Seitingen-Oberflacht künftig aussehen? Welche Wünsche haben die Einwohner? Was ist gut und wo gibt es Optimierungsbedarf ? Unter anderem sind diese Fragen am Samstag bei einer digitalen Bürgerwerkstatt thematisiert worden. Die Teilnehmer sammelten dabei auch Ideen und Anregungen für die künftige Entwicklung der Doppelgemeinde.
Hintergrund der Veranstaltung ist die Bewerbung als Schwerpunktgemeinde für das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR). Dafür ist ein umfassendes Ortsentwicklungskonzept mit Bürgerbeteiligung notwendig (wir berichteten). Da die Corona-Pandemie eine Präsenzveranstaltung derzeit nicht zulässt, musste die Bürgerwerkstatt digital stattfinden.
Rund 50 Personen beteiligten sich am Samstag an der Bürgerwerkstatt, darunter die Gemeinderäte, Bürgermeister Jürgen Buhl sowie Joachim Müller-Bremberger vom Regierungspräsidium Freiburg. Per Videokonferenz setzten sie sich über mehrere Stunden in Arbeitsgruppen zusammen, aufgeteilt nach verschiedenen Themenschwerpunkten. Dabei spielten die Infrastruktur, die Mobilität, aber auch das Bauen und Wohnen, der Tourismus und die Natur genauso eine Rolle wie die Gemeinschaft und das Soziale. Im Nachhinein wurden auf einer digitalen Pinnwand die Stärken und Schwächen der Gemeinde, sowie die Ideen der Einwohner übersichtlich zusammengefasst.
Teilnehmerin Manuela Kahler berichtet im Anschluss: „Ich war sehr positiv von der digitalen Bürgerwerkstatt überrascht.“Jeder sei in den Arbeitsgruppen zu Wort gekommen. „Es ist sachlich diskutiert worden“, so ihr Eindruck.
In der Diskussion habe sich herausgestellt, dass es in Sachen Infrastruktur in Seitingen-Oberflacht eine „große Zufriedenheit“gebe. Ärzte seien vor Ort vorhanden, wie auch zentral gelegene Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Kindergärten und Sportanlagen. „Was uns noch fehlt, ist eine Apotheke“, sagt Kahler.
Verbessungsbedarf sei etwa beim öffentlichen Personennahverkehr ausgemacht worden, etwa bei der Anbindung nach Spaichingen und Gunningen und ins Tuttlinger Industriegebiet. Außerdem seien in der Arbeitsgruppe parkende Autos auf schmalen Straßen und das Fehlen von Gehwegen bemängelt worden. Unzureichend sei auch die Barrierefreiheit. „Ich bin optimistisch, dass wir mehrere der angesprochenen Schwächen verbessern können, manche davon auch recht zügig“, sagt Kahler.
Im Bereich Bauen und Wohnen brachte Ralf Maier seine Vorschläge mit ein. „Die größte Schwäche unserer Gemeinde ist die fehlende Verfügbarkeit von Baugrund und Wohnfläche, insbesondere für junge Familien“, findet er. Deshalb sei es wichtig, Maßnahmen zur Aktivierung von Baulücken zu schaffen.
In seiner Arbeitsgruppe wurde zudem der schlechte Zustand der Kanäle bemängelt. Genauso kritisierten die Teilnehmer die Straßenbeleuchtung, den nicht ganz sicheren Schulweg und betreutes Wohnen. Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt formte die unzureichende Internetgeschwindigkeit. Dieser Mangel wird aktuell allerdings bereits beseitigt: Der innerörtliche Ausbau des Glasfasernetzes läuft bereits.
Auf der anderen Seite lobte Maier die gute Anbindung zur Autobahn, die Erreichbarkeit der Verwaltung sowie die hohe Identifikation der Bürger mit dem Ort selbst. „Allgemein stelle ich eine gute Infrastruktur in Seitingen-Oberflacht fest. Sehr viele junge Leute wollen auch hier wohnen bleiben“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Bürgerwerkstatt sei eine gut durchdachte Veranstaltung gewesen. „Von Jung bis Alt haben sich die Bürger beteiligt.“
Als eine der jüngsten Teilnehmerinnen brachte sich Lena Tröger ein. Sie wohnt erst seit rund einem Jahr in Seitingen-Oberflacht und hat deshalb einen anderen Blick auf die Doppelgemeinde: „Der Nachwuchs fehlt in den Vereinen. Deshalb habe ich darauf hingewiesen, dass in den sozialen Medien stärker auf junge Leute zugegangen werden soll, weil man sie dort besser erreicht“, so ihren Ratschlag in der Arbeitsgruppe.
Im Bereich des Ortskerns könnte man laut Tröger ungenutzte Flächen, beispielsweise in einen Park umgestalten. „Das schafft mehr Platz für Begegnungen“, erläuterte sie ihre Sichtweise. Ansonsten aber fühle sie sich sehr wohl in der Gemeinde. „Hier ist alles vereint. Ich kann zu Fuß vieles erledigen. Das ist definitiv ein großer Pluspunkt“, stellte sie fest.
Im sozialen Bereich schlug sie vor, die Senioren noch besser zu unterstützen, indem die Jugend und die Vereine die Senioren integrieren. Damit solch ein Projekt gelinge, müsse die Initiative allerdings von den Jugendlichen selbst kommen. Allgemein sei bei der Bürgerwerkstatt das Thema Senioren ein großer Diskussionspunkt gewesen.
Bürgermeister Jürgen Buhl zog am Ende der Veranstaltung ein positives Fazit: „Für mich war es ein wertvoller Austausch zwischen Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft. Wir nehmen die Ideen und Anregungen der Bürgerschaft gerne auf“, sagt er. Einige Punkte, wie der Wohnraum für Familien und Senioren, hätten sich bereits mit den Inhalten des Gemeindeentwicklungskonzeptes gedeckt.
Die Ergebnisse aus dem Bürgerdialog werden im nächsten Schritt in das Gemeindeentwicklungskonzept eingearbeitet. Gleiches gilt für die Ergebnisse der Analyse des Planungsbüros. So soll ein Gesamtbericht entstehen, der als Grundlage für die künftigen Entscheidungen im Gemeinderat dient.