Tüftler entwickelt Alternative zum Flüsterasphalt
Dem Rottweiler Kurt Schellenberg ist ein Durchbruch gelungen - Hoffnung auf dauerhafte Lärmminderung
ROTTWEIL - Er sieht ein wenig aus wie eine Reiswaffel mit Schokoüberzug und ist seit Jahren in der Diskussion. Gemeint ist OPA, offenporiger Asphalt, den Straßenbauer entwickelt haben, um den Lärm durch Radrollgeräusche auf den Straßen zu mindern. Vielfach kam OPA zum Einsatz, wurde einerseits für seine Lärmreduktion bejubelt, zugleich aber auch aufgrund seiner geringen Haltbarkeit kritisiert, denn aufgrund seiner Porosität setzten Schmutz, Wasser und Staub dem Problemlöser in Sachen Fahrzeuglärm arg zu.
Kurt Schellenberg vom gleichnamigen Rottweiler Institut für Materialprüfung, hat sich in dieser Sache seit Jahren den Kopf zerbrochen, Varianten entwickelt und getestet. Und nun ist seine Arbeit von Erfolg gekrönt, so dass OPA bald ausgedient haben könnte, denn um Langlebigkeit und Lärmreduzierung zu optimieren, braucht’s ein anderes Rezept: Gussasphalt mit Splittabstreuung lautet das Geheimnis.
Bis der Asphalt entwickelt, getestet und als geeignet befunden war, war Geduld gefordert. „Kein Problem“, für Schellenberg, der stolz sein Ergebnis präsentiert. Gut Ding will ja bekanntlich Weile haben. „Das Prinzip des OPA-Belages besteht darin, dass er möglichst viele Poren bis 25 Volumenprozent enthält, in denen die Lärmenergie vernichtet wird“, erklärt Schellenberg. Doch die vielen Poren beim OPA würden zwangsläufig zu einer begrenzten Lebensdauer führen, weil
Wasser, Salz, Schmutz und UVStrahlung „das Bindemittel und das Gefüge des offenporigen Asphalts zerstören“, erklärt der Professor. Bereits nach drei Jahren Liegezeit reduziere sich die Lärmminderung massiv, weil sich die wirksamen Poren verstopften, „und wenn der OPA Schlaglöcher aufweist, ist er sogar extrem laut“, sagt er.
Kurt Schellenberg hat mit seiner Entwicklung einen innovativen Weg beschritten, indem die Lärmminderung mit einer speziell entwickelten Splittabstreuung erreicht wird. Dazu hat Schellenberg als Projektleiter einen Forschungsauftrag vom Bundesamt für Straßen (ASTRA) aus der Schweiz erhalten. „Nach jahrelangen Untersuchungen ist es nun gelungen, in der Oberfläche eines porenfreien Gussasphalts speziell hergestellte Splittkörner in der Größe von zwei bis vier Millimetern zu verankern, die den Lärm dauerhaft erheblich reduzieren“, berichtet er. Im Forschungsauftrag war auch der Bau einer Versuchsstrecke auf einer Autobahnbrücke bei Kerzers auf der A1 enthalten, um die Laborergebnisse in der Praxis zu verifizieren. Die günstigste Abstreuung an sechs Versuchsabschnitten ergab eine sehr gute Lärmminderung, die sich im Gegensatz zum OPA in den vergangenen fünf Jahren nicht verschlechtert habe.
Im Gegensatz zu der begrenzten Lebensdauer des OPA-Belages ergebe sich bei der Neuentwicklung aus dem Rottweiler Institut eine Haltbarkeit des Fahrbahnbelages von 25 bis 30 Jahren, und dies bei einem deutlich höheren Wirkungsgrad der Lärmminderung. „Das ist eine Innovation, die sich auch in Deutschland durchsetzen wird“, gibt sich Schellenberg zuversichtlich. Ein Patent hat er auf seine Entwicklung aber nicht angemeldet. „Ich möchte ja, dass es in der Sache schnell weitergeht und möglichst viele Straßenbauer auf den neuesten Stand kommen und Gussasphalt mit Splittabstreuung realisieren“, so Schellenberg, der betont, dass so eine Entwicklung schon langwierig und nervenzehrend genug sei. Schließlich seien es manchmal Nuancen, die entscheidend seien. So sei im aktuellen Fall auch nicht allein der Gussasphalt der Problemlöser und auch nicht die Splittabstreuung.
„Entscheidend war das richtige Korn des Splitts“, verrät Schellenberg. Die Brechung des Korns ist letztlich entscheidend. Fachmann und Tüftler Kurt Schellenberg sieht das freilich anders: „Der Forschungsauftrag hat Spaß gemacht, aber Geduld braucht man natürlich“, sagt er und ist gespannt auf die Umsetzung.