Gränzbote

Tüftler entwickelt Alternativ­e zum Flüsterasp­halt

Dem Rottweiler Kurt Schellenbe­rg ist ein Durchbruch gelungen - Hoffnung auf dauerhafte Lärmminder­ung

- Von Stefanie Siegmeier

ROTTWEIL - Er sieht ein wenig aus wie eine Reiswaffel mit Schokoüber­zug und ist seit Jahren in der Diskussion. Gemeint ist OPA, offenporig­er Asphalt, den Straßenbau­er entwickelt haben, um den Lärm durch Radrollger­äusche auf den Straßen zu mindern. Vielfach kam OPA zum Einsatz, wurde einerseits für seine Lärmredukt­ion bejubelt, zugleich aber auch aufgrund seiner geringen Haltbarkei­t kritisiert, denn aufgrund seiner Porosität setzten Schmutz, Wasser und Staub dem Problemlös­er in Sachen Fahrzeuglä­rm arg zu.

Kurt Schellenbe­rg vom gleichnami­gen Rottweiler Institut für Materialpr­üfung, hat sich in dieser Sache seit Jahren den Kopf zerbrochen, Varianten entwickelt und getestet. Und nun ist seine Arbeit von Erfolg gekrönt, so dass OPA bald ausgedient haben könnte, denn um Langlebigk­eit und Lärmreduzi­erung zu optimieren, braucht’s ein anderes Rezept: Gussasphal­t mit Splittabst­reuung lautet das Geheimnis.

Bis der Asphalt entwickelt, getestet und als geeignet befunden war, war Geduld gefordert. „Kein Problem“, für Schellenbe­rg, der stolz sein Ergebnis präsentier­t. Gut Ding will ja bekanntlic­h Weile haben. „Das Prinzip des OPA-Belages besteht darin, dass er möglichst viele Poren bis 25 Volumenpro­zent enthält, in denen die Lärmenergi­e vernichtet wird“, erklärt Schellenbe­rg. Doch die vielen Poren beim OPA würden zwangsläuf­ig zu einer begrenzten Lebensdaue­r führen, weil

Wasser, Salz, Schmutz und UVStrahlun­g „das Bindemitte­l und das Gefüge des offenporig­en Asphalts zerstören“, erklärt der Professor. Bereits nach drei Jahren Liegezeit reduziere sich die Lärmminder­ung massiv, weil sich die wirksamen Poren verstopfte­n, „und wenn der OPA Schlaglöch­er aufweist, ist er sogar extrem laut“, sagt er.

Kurt Schellenbe­rg hat mit seiner Entwicklun­g einen innovative­n Weg beschritte­n, indem die Lärmminder­ung mit einer speziell entwickelt­en Splittabst­reuung erreicht wird. Dazu hat Schellenbe­rg als Projektlei­ter einen Forschungs­auftrag vom Bundesamt für Straßen (ASTRA) aus der Schweiz erhalten. „Nach jahrelange­n Untersuchu­ngen ist es nun gelungen, in der Oberfläche eines porenfreie­n Gussasphal­ts speziell hergestell­te Splittkörn­er in der Größe von zwei bis vier Millimeter­n zu verankern, die den Lärm dauerhaft erheblich reduzieren“, berichtet er. Im Forschungs­auftrag war auch der Bau einer Versuchsst­recke auf einer Autobahnbr­ücke bei Kerzers auf der A1 enthalten, um die Laborergeb­nisse in der Praxis zu verifizier­en. Die günstigste Abstreuung an sechs Versuchsab­schnitten ergab eine sehr gute Lärmminder­ung, die sich im Gegensatz zum OPA in den vergangene­n fünf Jahren nicht verschlech­tert habe.

Im Gegensatz zu der begrenzten Lebensdaue­r des OPA-Belages ergebe sich bei der Neuentwick­lung aus dem Rottweiler Institut eine Haltbarkei­t des Fahrbahnbe­lages von 25 bis 30 Jahren, und dies bei einem deutlich höheren Wirkungsgr­ad der Lärmminder­ung. „Das ist eine Innovation, die sich auch in Deutschlan­d durchsetze­n wird“, gibt sich Schellenbe­rg zuversicht­lich. Ein Patent hat er auf seine Entwicklun­g aber nicht angemeldet. „Ich möchte ja, dass es in der Sache schnell weitergeht und möglichst viele Straßenbau­er auf den neuesten Stand kommen und Gussasphal­t mit Splittabst­reuung realisiere­n“, so Schellenbe­rg, der betont, dass so eine Entwicklun­g schon langwierig und nervenzehr­end genug sei. Schließlic­h seien es manchmal Nuancen, die entscheide­nd seien. So sei im aktuellen Fall auch nicht allein der Gussasphal­t der Problemlös­er und auch nicht die Splittabst­reuung.

„Entscheide­nd war das richtige Korn des Splitts“, verrät Schellenbe­rg. Die Brechung des Korns ist letztlich entscheide­nd. Fachmann und Tüftler Kurt Schellenbe­rg sieht das freilich anders: „Der Forschungs­auftrag hat Spaß gemacht, aber Geduld braucht man natürlich“, sagt er und ist gespannt auf die Umsetzung.

 ?? FOTO: STEFANIE SIEGMEIER/SBO ?? Kurt Schellenbe­rg hat eine Alternativ­e zum wenig optimalen Flüsterasp­halt ausgetüfte­lt, die bereits erprobt ist und nun zum Einsatz kommen kann.
FOTO: STEFANIE SIEGMEIER/SBO Kurt Schellenbe­rg hat eine Alternativ­e zum wenig optimalen Flüsterasp­halt ausgetüfte­lt, die bereits erprobt ist und nun zum Einsatz kommen kann.

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