Lobbyregister beschlossen
SPD und Union einigen sich auf neue Vorgaben
BERLIN - Nach langem Streit haben sich SPD und Union doch noch auf die Einführung eines Lobbyregisters verständigt. Künftig müssen sich Verbände oder professionelle Interessenvertreter registrieren lassen. Erfasst werden dann deren Einflussnahme auf Bundestagsabgeordnete oder höhere Ministerialbeamte bis hin zu den Ministern selbst.
Bisher ist nicht einmal bekannt, wie viele Lobbyisten sich in Berlin für ihre Auftraggeber einsetzen. Organisationen wie Lobbycontrol gehen von bis zu 5000 professionellen Sachwaltern aus. Dabei handelt es sich um einen bunten Strauß an Organisationen, Verbänden, PR-Agenturen oder Anwaltskanzleien. Im Vergleich zur EU-Kommission in Brüssel ist die Zahl gering: Im dortigen Lobbyregister sind rund 30 000 Interessenvertreter eingetragen.
In die künftige deutsche Datenbank müssen sie ihre Ziele, die Zahl ihrer Beschäftigten und den finanziellen Aufwand eintragen. Auch Gespräche mit Abgeordneten oder Mitarbeitern der Ministerien müssen angegeben werden. In Ministerien gilt dies von den Unterabteilungsleitern aufwärts bis zur Spitze des Hauses. Bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht wird ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro verhängt. Der Bundestag kann das Gesetz noch vor der Bundestagswahl beschließen. Am 1. Dezember könnte es in Kraft treten.
Bis zuletzt gab es zwischen den Parteien Streit. Die Union wollte zunächst nur den Bundestag einbeziehen, die SPD auch die Ministerien. Dort werden auch die meisten Gesetzentwürfe verfasst. Darauf ließ sich die Union schließlich ein. Umgekehrt gab die SPD bei dem Wunsch nach einem sogenannten exekutiven Fußabdruck klein bei. Dabei müsste in Gesetzentwürfen auch angegeben werden, wer Einfluss auf die Formulierungen genommen hat. Strittig war auch ein Passus, der kirchliche Einrichtungen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände oder Kommunalverbände von der Regelung ausnimmt. Das bleibt wohl auch so.
Lobbycontrol begrüßt die Einigung, auch wenn sie der Organisation nicht weit genug geht. „Mit dem Lobbyregister ist ein wichtiger Schritt hin zu Transparenz im Lobbyismus gemacht“, sagt Sprecher Timo Lange, „auch wenn es sich um einen Kompromiss handelt.“Lobbycontrol werde sich weiter für den exekutiven Fußabdruck einsetzen.
Lobbyismus ist ein festes und durchaus sinnvolles Element der Arbeit von Regierung und Parlament. Schließlich soll der Gesetzgeber möglichst viele Einzelinteressen bei seiner Arbeit berücksichtigen. Doch der Lobbyismus ist vielfach in Verruf geraten. Einige besondere Fälle sorgten in den letzten beiden Jahren für viel Ärger. Im Sommer 2020 flog die „Nebentätigkeit“des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor auf, der sich bei der Bundesregierung für ein USUnternehmen einsetzte. Brandaktuell ist ein Skandal um den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein, der sich am Handel mit Schutzmasken für Behörden bereichert haben soll.
Doch diese Fälle hätte auch kein Lobbyregister verhindert. Denn wenn Politiker bei anderen Politikern Interessen vertreten, fällt dies nicht unter die Registrierungspflicht.