Schnelltests – ein sinnvoller ergänzender Baustein
Mindestens einmal pro Woche soll jeder Bundesbürger sich künftig kostenlos testen lassen können
BERLIN - Mindestens einen kostenlosen Corona-Schnelltest sollen die Bundesbürger künftig pro Woche machen dürfen. Die vermehrten Tests sollen dazu beitragen, dass Corona-Infektionsherde schneller als bisher erkannt werden können. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wo soll es Schnelltests geben?
In Betrieben, Schulen und Kindergärten. Darüber hinaus sollen sich alle Bundesbürger mindestens einmal in der Woche kostenlos testen lassen können, und zwar entweder in von den Kommunen betriebenen Testzentren, bei niedergelassenen Ärzten oder bei von Kommunen beauftragten Dritten, etwa Apotheken. Die Kosten will der Bund übernehmen. In Baden-Württemberg herrscht noch Uneinigkeit darüber, ab wann in Schulen flächendeckend gestetet werden kann. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will das ab 8. März ermöglichen, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist skeptisch, ob das klappt. Grundsätzlich soll es außer für Pflegepersonal, Lehrkräfte und Kita-Erzieherinnen auch anlasslose GratisSchnelltests für Menschen geben, die Angehörige pflegen. Aber auch Polizisten und Justizangestellte, Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sollen diese Möglichkeit bekommen. Laut dem Konzept erhalten die Kommunen drei Millionen Schnelltests aus der Notreserve des Landes und können weitere drei Millionen beschaffen, alles auf Kosten des Landes. Darüber hinaus will das Land so schnell wie möglich sieben Millionen Selbsttests beschaffen. In
Bayern sollen bald 8,6 Millionen Selbsttests pro Monat zur Verfügung stehen.
Werden Schnelltests Öffnungen erleichtern?
Andreas Gassen, Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bezeichnet die geplanten Antigen-Schnelltests als „einen sinnvollen ergänzenden Baustein im Rahmen einer Impfstrategie“. Man müsse sich aber darüber im Klaren sein, dass die Aussagekraft geringer sei als beim genaueren PCR-Test. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, warnt davor, dass vor allem Selbsttests Menschen in falscher Sicherheit wiegen könnten. Die Testergebnisse stellten immer nur eine Momentaufnahme dar. Er fordert deshalb übersichtliche und leicht verständliche Informationen zu den Tests. Bei einem positiven Befund müssten schnellstmöglich eine Kontrolluntersuchung mittels PCR-Test veranlasst und strikte Quarantäne eingehalten werden.
Wie reagieren die Betriebe?
Zurückhaltend. Die Unternehmen seien sehr für Schnelltests, aber auf freiwilliger Basis, heißt es bei den Wirtschaftsverbänden. Andernfalls befürchte man jede Menge Bürokratie. Wenn erst Fragen wie das Mitspracherecht des Betriebsrats oder die Rolle der Berufsgenossenschaften geklärt werden müssten, würde das viel Zeit brauchen, von der Verwaltung ganz zu schweigen. Wichtig ist den Verbänden, dass die Kosten der Staat trägt. Ungeklärt sei, ob es sich um Selbsttests handeln soll oder ob sie von geschultem Personal durchgeführt werden müssen. Und: Werden sie im Betrieb durchgeführt, in einem Testzentrum oder zu Hause?
Haften Betriebsärzte, wenn das Ergebnis nicht stimmt? Wer soll das Ergebnis wie bescheinigen – und gilt das dann für 48 oder 72 Stunden? Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag sollen die offenen Fragen besprochen werden.
Was hält der Handel von dem Gedanken, dass nur Getestete in Geschäfte gelassen werden könnten?
Nichts. „Der Einzelhandel und sein Personal können die Kunden nicht wie bei einer Passkontrolle auf einen negativen Schnelltest überprüfen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, dieser Zeitung. Das überfordere die Beschäftigten und berge „großes Erklärungs- sowie Konfliktpotenzial“. Das Infektionsrisiko im Einzelhandel sei vergleichsweise niedrig. Deshalb seien Schnelltests höchstens als Ergänzung nötig.
Gibt es genug Schnelltests?
Martin Walger, Geschäftsführer des Verbandes der Diagnostica-Industrie, sagt, dass der Markt an Schnell- und Eigentests gegenwärtig „weltweit explodiert“. Die Hersteller würden alles tun, um Produktionskapazitäten hochzufahren. Der Verband erwartet für Deutschland einen Bedarf von zehn Millionen Tests wöchentlich. Walger hält das für erfüllbar. So sieht das auch das Bundesgesundheitsministerium. Dort weist man darauf hin, dass sich der Staat im Januar und Februar bereits monatlich 50 Millionen Tests gesichert habe. Davon seien im Januar erst acht Millionen abgegeben worden. Weitere Kontingente von rund 500 Millionen Tests habe man sich über Abnahmeverpflichtungen reserviert. Dazu kämen noch 300 Millionen aus EU-Kontingenten.