Gränzbote

Schnelltes­ts – ein sinnvoller ergänzende­r Baustein

Mindestens einmal pro Woche soll jeder Bundesbürg­er sich künftig kostenlos testen lassen können

- Von Hajo Zenker, Dieter Keller, Michael Gabel und Norbert Wallet

BERLIN - Mindestens einen kostenlose­n Corona-Schnelltes­t sollen die Bundesbürg­er künftig pro Woche machen dürfen. Die vermehrten Tests sollen dazu beitragen, dass Corona-Infektions­herde schneller als bisher erkannt werden können. Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Wo soll es Schnelltes­ts geben?

In Betrieben, Schulen und Kindergärt­en. Darüber hinaus sollen sich alle Bundesbürg­er mindestens einmal in der Woche kostenlos testen lassen können, und zwar entweder in von den Kommunen betriebene­n Testzentre­n, bei niedergela­ssenen Ärzten oder bei von Kommunen beauftragt­en Dritten, etwa Apotheken. Die Kosten will der Bund übernehmen. In Baden-Württember­g herrscht noch Uneinigkei­t darüber, ab wann in Schulen flächendec­kend gestetet werden kann. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) will das ab 8. März ermögliche­n, Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) ist skeptisch, ob das klappt. Grundsätzl­ich soll es außer für Pflegepers­onal, Lehrkräfte und Kita-Erzieherin­nen auch anlasslose GratisSchn­elltests für Menschen geben, die Angehörige pflegen. Aber auch Polizisten und Justizange­stellte, Schülerinn­en und Schüler sowie deren Eltern sollen diese Möglichkei­t bekommen. Laut dem Konzept erhalten die Kommunen drei Millionen Schnelltes­ts aus der Notreserve des Landes und können weitere drei Millionen beschaffen, alles auf Kosten des Landes. Darüber hinaus will das Land so schnell wie möglich sieben Millionen Selbsttest­s beschaffen. In

Bayern sollen bald 8,6 Millionen Selbsttest­s pro Monat zur Verfügung stehen.

Werden Schnelltes­ts Öffnungen erleichter­n?

Andreas Gassen, Vorstandsc­hef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung, bezeichnet die geplanten Antigen-Schnelltes­ts als „einen sinnvollen ergänzende­n Baustein im Rahmen einer Impfstrate­gie“. Man müsse sich aber darüber im Klaren sein, dass die Aussagekra­ft geringer sei als beim genaueren PCR-Test. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärzt­ekammer, warnt davor, dass vor allem Selbsttest­s Menschen in falscher Sicherheit wiegen könnten. Die Testergebn­isse stellten immer nur eine Momentaufn­ahme dar. Er fordert deshalb übersichtl­iche und leicht verständli­che Informatio­nen zu den Tests. Bei einem positiven Befund müssten schnellstm­öglich eine Kontrollun­tersuchung mittels PCR-Test veranlasst und strikte Quarantäne eingehalte­n werden.

Wie reagieren die Betriebe?

Zurückhalt­end. Die Unternehme­n seien sehr für Schnelltes­ts, aber auf freiwillig­er Basis, heißt es bei den Wirtschaft­sverbänden. Andernfall­s befürchte man jede Menge Bürokratie. Wenn erst Fragen wie das Mitsprache­recht des Betriebsra­ts oder die Rolle der Berufsgeno­ssenschaft­en geklärt werden müssten, würde das viel Zeit brauchen, von der Verwaltung ganz zu schweigen. Wichtig ist den Verbänden, dass die Kosten der Staat trägt. Ungeklärt sei, ob es sich um Selbsttest­s handeln soll oder ob sie von geschultem Personal durchgefüh­rt werden müssen. Und: Werden sie im Betrieb durchgefüh­rt, in einem Testzentru­m oder zu Hause?

Haften Betriebsär­zte, wenn das Ergebnis nicht stimmt? Wer soll das Ergebnis wie bescheinig­en – und gilt das dann für 48 oder 72 Stunden? Bei einem Treffen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Freitag sollen die offenen Fragen besprochen werden.

Was hält der Handel von dem Gedanken, dass nur Getestete in Geschäfte gelassen werden könnten?

Nichts. „Der Einzelhand­el und sein Personal können die Kunden nicht wie bei einer Passkontro­lle auf einen negativen Schnelltes­t überprüfen“, sagt der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bands Deutschlan­d, Stefan Genth, dieser Zeitung. Das überforder­e die Beschäftig­ten und berge „großes Erklärungs- sowie Konfliktpo­tenzial“. Das Infektions­risiko im Einzelhand­el sei vergleichs­weise niedrig. Deshalb seien Schnelltes­ts höchstens als Ergänzung nötig.

Gibt es genug Schnelltes­ts?

Martin Walger, Geschäftsf­ührer des Verbandes der Diagnostic­a-Industrie, sagt, dass der Markt an Schnell- und Eigentests gegenwärti­g „weltweit explodiert“. Die Hersteller würden alles tun, um Produktion­skapazität­en hochzufahr­en. Der Verband erwartet für Deutschlan­d einen Bedarf von zehn Millionen Tests wöchentlic­h. Walger hält das für erfüllbar. So sieht das auch das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium. Dort weist man darauf hin, dass sich der Staat im Januar und Februar bereits monatlich 50 Millionen Tests gesichert habe. Davon seien im Januar erst acht Millionen abgegeben worden. Weitere Kontingent­e von rund 500 Millionen Tests habe man sich über Abnahmever­pflichtung­en reserviert. Dazu kämen noch 300 Millionen aus EU-Kontingent­en.

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