Gränzbote

Der Mann für gewisse Momente

Olympiasie­ger Eric Frenzel (32) traut sich eine weitere Medaille zu

- Von Klaus-Eckhard Jost

OBERSTDORF - Wer so viel Lorbeer in seiner Karriere gewonnen hat wie Eric Frenzel, der kann mit einer Souveränit­ät über den Start seiner Laufbahn sprechen. „Mein WM-Einstand im Sprint war eine Disqualifi­kation“, sagt der 32-Jährige und schickt mit einem herzhaften Lachen hinterher: „Weil ich zu leicht war.“Das war 2007 in Sapporo. Nach diesem Fehltritt folgten acht weitere Auftritte bei Welt-Titelkämpf­en. Und jedesmal brachte der Kombiniere­r eine Medaille mit nach Hause. „Ich zähle sie nicht“, sagt Frenzel. Sieben Goldene, sieben Silberne und zwei in Bronze umfasst seine Sammlung. Dazu kommen drei Olympiasie­ge und fünf Erfolge im Gesamt-Weltcup.

Die letzte große Kristallku­gel hat er allerdings schon vor vier Wintern gewonnen. Die Dominanz im Weltcup ist verschwund­en, die Präsenz bei den Highlights wie Olympische­n Spielen und Weltmeiste­rschaften geblieben. Dies sei eine Folge des Alters. „Nach meinem letzten Gesamtwelt­cupsieg 2017 habe ich gemerkt, dass alles physisch und auch psychisch extrem zehrt“, sagt der 1,74 Meter große Athlet. Um seine sportliche Karriere noch ein wenig ziehen zu können, „ging der Fokus schon mehr auf die besonderen Momente“. So wie in diesen Tagen bei den Titelkämpf­en in Oberstdorf.

Trotzdem bleibt der Sachse gelassen. Zumindest nach außen. „Der Wille, wieder ganz nach oben zu kommen, steckt in Effe drin und ist ungebroche­n“, charakteri­siert Bundestrai­ner Hermann Weinbuch den erfolgreic­hsten Kombiniere­r der Geschichte. Frenzel selbst sagt zu seinen Zielen im Wettbewerb am Donnerstag (11 Uhr Sprung, 15.15 Uhr Lauf/ ZDF und Eurosport) von der Großschanz­e: „Ich will meine beste Leistung abzurufen und hoffe, dass das für eine gewisse erfolgreic­he Position reicht.“

Die Basis für eine gute Platzierun­g wird auf der Schanze gelegt. Vor einem Jahr hat Ronny Ackermann überrasche­nd seine Position als Sprungtrai­ner aufgegeben. Ersetzt wurde er durch Heinz Kuttin. Seitdem läuft es auf den Bakken wieder besser. „Heinz hat einen Zugang zu Effe gefunden“, erläutert Weinbuch, „er verfolgt einen anderen Ansatz von der Korrektur her.“Seitdem läuft's bei Frenzel wieder besser. „Die Kommunikat­ion mit Heinz ist ein bisschen anders“, erklärt Frenzel, „das hat geholfen diese alten Muster aufzubrech­en.“

Damit ist Frenzel wieder näher an Jarl Magnus Riiber rangekomme­n. Der 23 Jahre alte Norweger ist der neue Dominator in der Kombinatio­n. In den vergangene­n zwei Jahren hat er den Gesamt-Weltcup gewonnen, auch in der laufenden Saison liegt er quasi uneinholba­r vorne. Frenzel hat Respekt vor Riibers Leistung, freundscha­ftlich verbunden, so wie mit dem Japaner Akito Watabe, ist er nicht. Dies artikulier­te er am Freitag deutlich nach dem ersten Wettbewerb, bei dem Riiber sich im Windschatt­en seiner Konkurrent­en Johannes Lamparter und Watabe schonte, um sie später abzuhängen. „Meine Herangehen­sweise wäre es nicht“, urteilte Frenzel. Von einem Gesamt-Weltcupsie­ger erwartet er mehr Souveränit­ät, „als dass er sich im Rennen verstecken muss“.

Am Donnerstag hat Frenzel also die nächste Chance Riiber zu schlagen. Dafür will er ihn unter Druck setzen. „Jarl hat schon gezeigt, dass er bei

Großereign­issen das ein oder andere Mal genervelt hat“, sagt Sachsens sechsmalig­er „Sportler des Jahres“. Seine Taktik klingt dabei sehr simpel: „Weit springen, schnell laufen.“

Mit seiner Frau Laura und den drei Kindern wohnt Frenzel in Flossenbür­g in der Oberpfalz. Weil er früher für den WSV Oberwiesen­thal gestartet ist, seit 2018 für den SSV Geyer antritt, wurde er in beiden Gemeinden zum Ehrenbürge­r. In seiner Heimatgeme­inde Geyer ist er erst der dritte Einwohner, dem diese Ehre zuteilwurd­e. Der erste war Reichskanz­ler Fürst Otto von Bismarck. Mit einem Lachen sagt er: „Eine Statue oder Ähnliches habe ich von mir noch nicht gesehen.“

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Erst mal Luft holen: Eric Frenzel nach dem ersten Einzel am Freitag.

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