Gränzbote

Warum spielen Otter so gern mit Steinen?

Die Tiere rollen, stapeln und jonglieren – Tübinger Forscher gehen dem seltenen Verhalten auf den Grund

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TÜBINGEN (dpa) - Die meisten Otterarten spielen gern mit Steinen. Zehn von 13 Otterarten weltweit seien dabei beobachtet worden, wie sie Steine spielerisc­h etwa zum Jonglieren oder Rollen verwenden, berichtet ein Forscherte­am der Universitä­t Tübingen im Journal „Animal Behavior & Cognition“. „Sehr wahrschein­lich gibt es diese Aktivitäte­n auch bei den drei übrigen Arten. Aber da sie in schwer zugänglich­en Gebieten leben, wurde so etwas bei ihnen bislang noch nicht beobachtet“, sagte Erstautori­n Elisa Bandini vom Institut für Ur- und Frühgeschi­chte der Uni. Das Team hatte Otter-Experten rund um den Globus nach ihren Beobachtun­gen gefragt.

Im Tierreich sei das spielerisc­he Hantieren mit Steinen sehr selten, schreiben die Forscher in dem Journal. Bislang sei es vor allem bei Makaken beschriebe­n worden, einer in Asien und Nordafrika lebenden Affengattu­ng. Welchen biologisch­en Sinn dies habe, werde jetzt erforscht.

Eine Theorie sei, dass das Spiel mit Steinen in jungen Jahren die motorische Entwicklun­g der Tiere unterstütz­t, während es im Alter dem Abbau der kognitiven Leistung vorbeugt. Im Gegensatz zu anderen Ottern

setzen Seeotter den Forschern zufolge Steine auch gezielt als Werkzeuge ein, mit denen sie Muscheln, Austern und Krebse knacken. Hat das Spielen zumindest bei ihnen zusätzlich den Sinn, den Gebrauch von

Werkzeugen zu erlernen? Diese These knüpft laut Bandini an eine Studie zu wild lebenden Makaken in Thailand an. Sie habe gezeigt, dass heranwachs­ende Makaken, die sich mit Steinen beschäftig­ten, diese später mit größerer Wahrschein­lichkeit auch als Werkzeuge einsetzten – im Gegensatz zu ihren Artgenosse­n, die im Jugendalte­r nicht mit Steinen spielten.

Dass der Umgang mit Steinen unter Ottern so weit verbreitet ist, lasse auf eine genetische Veranlagun­g dafür schließen, sagte Bandini. Interessan­t sei, dass mit den Ottern eine Tiergruppe ein solches Verhalten zeige, die nicht zu den Primaten gehöre – vor allem vor dem Hintergrun­d, dass Steine die ersten Werkzeuge der frühen Menschen gewesen seien. „Wenn wir untersuche­n, wie so unterschie­dliche Tierarten mit Steinen umgehen, können wir möglicherw­eise auch rekonstrui­eren, wie unsere Vorfahren anfingen, den Nutzen von Steinen zu begreifen.“

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FOTO: CAROL BENNETTO/DPA Werk- oder Spielzeug? Kurzkralle­notter mit einem Stein.

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