Metaller streiken für sichere Beschäftigung
SHW-Mitarbeiter legen Arbeit nieder – Arbeitgeberverband zeigt keinerlei Verständnis
TUTTLINGEN - Die Friedenspflicht ist abgelaufen, die Tarifverhandlungen in vollem Gange. Die Gewerkschaft IG Metall und damit die Metaller legen in der Region in diesen Tagen kurzzeitig ihre Arbeit nieder, um sich mit Entschlossenheit für ihre gewünschten Forderungen stark zu machen – so auch bei der SHW Automotive GmbH in Tuttlingen.
Mehr als 140 Arbeitnehmer aus den metallverarbeitenden Berufen stoppten am Donnerstag für eine Stunde die Produktion – Warnstreik. Die IG Metall Albstadt mit ihrem ersten Bevollmächtigten Michael Föst stattete die SHW-Mitarbeiter mit Fahnen, Trillerpfeifen, roten Masken und Kappen aus, um sich als eine geschlossene Einheit für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn stark zu machen.
Neben Michael Föst sprach auch der SHW-Betriebsratsvorsitzender Isni Aliji durch das Megafon zu seinen Metallern. „Wir fordern keine Medaillen, sondern eine faire Bezahlung und eine planbare und sichere Zukunft“, hallte es lautstark über den Mitarbeiterparkplatz als Appell an die Arbeitgeber. „Beschäftigung zu sichern – jetzt und für die Zukunft – ist für die IG Metall ein zentrales Ziel in den Tarifverhandlungen. Wenn es nicht genug Arbeit für alle im Betrieb gibt, müssen wir die Arbeitszeit besser auf alle verteilen“, findet Aliji und spricht in diesem Zusammenhang eine Vier-Tage-Woche an. Die Arbeitgeber würden nur sparen wollen. Zwar würden sie auch Beschäftigung und Zukunft sichern wollen, allerdings „ohne verbindliche tarifliche Regeln“, sagte der Betriebsratsvorsitzende und erhält regelmäßigen Beifall aus den eigenen Reihen während des Warnstreiks. Er warnte auch davor, dass es keine bezahlten Pausen mehr geben solle, auch keine oder nur bedingte Schichtzuschläge für Spät- und Nachtschichten. Genauso würden die Arbeitgeber „Einschränkungen der Alterssicherung“ fordern.
Die IG Metall fordert zudem Rahmenregelungen für Zukunftsverträge der Betriebe. Isni Aliji setzt sich für einen tariflichen Rahmen für solche Verträge ein, in denen Investitionen und keine Kündigungen vereinbart werden sollen. Und als weiterer zentraler Punkt nannten er und Föst die Stärkung der Einkommen mit einem Entgeldvolumen von plus vier Prozent.
Mit Blick auf Corona findet der Betriebsratsvorsitzende: „Die Arbeitgeber nutzen die Krise für sich und sagen, dass wir das nicht finanzieren können“– das stimme so nicht und er führt als Argument an, dass die SHW-Umsätze in 2020 gegenüber dem Vorjahr gestiegen seien. Und auch die Übernahme aller Auszubildenden soll gesichert werden. Laut Föst sei das Gesamtpaket der Forderungen wichtig, nicht nur das Geld, sondern auch Anliegen wie die
Beschäftigungssicherung.
Die Metaller der SHW Automotive zogen am Donnerstag nach den Ansagen von Föst und Aliji lautstark quer über das Betriebsgelände und auch Thomas Maile von der Betriebsseelsorge marschierte mit seinem Schild um den Hals und der Aufschrift „Betriebsseelsorge ist solidarisch“und entsprechender Fahne mit.
Keinerlei Verständnis für die von der IG Metall organisierten Warnstreiks zeigt der Arbeitgeberverband Südwestmetall mit den Arbeitgebern der Metall- und Elektroindustrie in der Region. „Unsere Industrie und unser Land befinden sich nach wie vor in der schwersten Wirtschaftskrise der Geschichte der Bundesrepublik“, teilte uns der Südwestmetall-Geschäftsführer der Bezirksgruppe Schwarzwald-Hegau, Markus Fink mit und ergänzte: „Wer in dieser Situation für vier Prozent mehr Geld auf die Straße geht, streikt an der Realität völlig vorbei. Welches Signal sendet die IG Metall da aus, wenn sie ihre sehr gut bezahlten und größtenteils abgesicherten Mitglieder dazu auffordert, die Arbeit niederzulegen?“, kritisierte Fink. Die Arbeitgeber seien gerne bereit, mit der IG Metall Lösungen zu finden, die die Betriebe und die Beschäftigten dabei unterstützen, jetzt Arbeitsplätze zu sichern. „Die Betriebe heil aus der Krise herauszubekommen und sie erfolgreich durch den anstehenden Strukturwandel zu lotsen, hat dabei höchste Priorität“, so Fink.
Die IG Metall Albstadt kündigte an, in diesen Tagen bis zur nächsten Verhandlung am Dienstag, 9. März, weitere Warnstreiks zu veranstalten – so am Freitag, 5. März, um 10 Uhr beim Medizintechnikunternehmen Aesculap.