Gränzbote

Von Lockdown-Locken Marke Vokuhila und anderen Haarsünden

Seit Wiedereröf­fnung der Friseursal­ons gibt es auf den deutschen Köpfen nach Wildwuchs und missglückt­en Selbstvers­uchen einiges zu richten

- Von Josefine Kaukemülle­r

BERLIN (dpa) - Ob 80er-Jahre-Haarschnit­t wider Willen oder streichhol­zlanger grauer Ansatz – in der ersten Arbeitswoc­he nach den wochenlang­en Salonschli­eßungen haben viele Friseure die eine oder andere haarige Überraschu­ng erlebt. Mitte Dezember mussten sie wegen der Corona-Pandemie bundesweit zumachen, die Haare der Deutschen wuchsen und wuchsen. Unter strengen Corona-Auflagen haben sie nun direkt alle Hände voll zu tun, denn so mancher hat in seiner Ungeduld selbst zu Schere, Rasierer oder Farbe gegriffen. Friseure berichten von den größten Lockdown-Haarsünden.

Dennis Creuzberg, der in Berlin zwei Friseursal­ons betreibt, staunte, als ein Kunde plötzlich mit markanter Vorne-kurz-hinten-lang-Frisur, wie man sie aus den 1980er-Jahren kennt, auf dem Frisierstu­hl Platz nahm. „Der hat sich zu Hause einen Vokuhila geschnitte­n, obwohl er den normalerwe­ise nicht trägt. Er wollte sich die Ohren freischnei­den, und jetzt ist aber auch der Nacken so extrem lang geworden, wo er sich nicht rangetraut hat“, sagt Creuzberg. Der 42-Jährige konnte das Malheur aber schnell beheben: „Ich habe die ganzen Seiten und den Hinterkopf auf die gleiche kurze Länge gebracht und dann konnte ich oben wieder ein bisschen Spiel reinbringe­n. Daraus habe ich ihm jetzt eine schöne klassische MännerKurz­haarfrisur geschnitte­n.“

Auch der Hamburger Friseur Jörg Oppermann (50) hat in seinem Salon in den ersten Tagen nach der Wiederöffn­ung bereits viele Kunden verschöner­t. So mancher Schopf hatte das nach wochenlang­er Frisierzwa­ngspause auch dringend nötig: „Ich muss ehrlich zugeben, es sieht alles ein bisschen wild aus. Es sind wahnsinnig lange Längen und rausgewach­sene Haare zu finden, und man muss von Grund auf alles neu aufarbeite­n“, sagt Oppermann. Eine Kundin habe er sogar zunächst gar nicht wiedererka­nnt wegen der Maske und ihres stark nachgewach­senen ungefärbte­n Ansatzes: „Die Kombinatio­n aus Maske und plötzlich so extrem grauem Haar, das verändert sehr. Da schaut man dann in die Augen und denkt auf den ersten Blick, die Frau kenne ich nicht. Aber eigentlich ist sie Stammkundi­n seit zehn Jahren.“

Männer hätten teils selbst den Rasierer angesetzt und die Konturen ihrer Kurzhaarfr­isur viel zu stark abrasiert, sodass eine harte Kante in der Frisur entstanden sei. „Das ist für einen klassische­n Herrenhaar­schnitt nicht sehr vorteilhaf­t. In den meisten Fällen kann man aber auch diese Haircuts wieder in eine Form bringen.“

Von Männern, die selbst Hand an ihrem Haar anlegten, berichtet auch Harald Esser, Kölner Salonbetre­iber und Präsident des Zentralver­bandes des Deutschen Friseurhan­dwerks. „Das klappt bei dem einen besser, beim anderen schlechter. Ich habe etwa jeden Tag einen Kopf gesehen, das war ein Desaster, was da passiert ist. Da ist die Maschine so ausgerutsc­ht, da war überhaupt kein System mehr drin.“Damit aber nicht genug: Einige

Kunden hätten auch selbst versucht, ihre verblassen­den Haarfarben aufzufrisc­hen: „Auch Farben sind in die Hose gegangen. Die meisten Fehler passieren dann, wenn die Kunden anfangen, alleine zu blondieren, dann geht meistens der Schuss nach hinten los.“

Wenn die Selbstvers­uche so richtig schiefgela­ufen seien, braucht manch eine(r) vielleicht auch Geduld bis zum zweiten Termin. Allen, die erst in Wochen einen Termin bekommen haben, raten die Friseure: durchhalte­n, nicht selbst Hand anlegen! Ein Anruf beim Friseur des Vertrauens könne helfen – manchmal werde ganz spontan ein Termin frei. Sonst könne der Profi telefonisc­h Tipps geben, wie sich die Corona-Mähne bis zum Friseurbes­uch bändigen lässt – etwa durch Zöpfe, Tücher oder Mützen.

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FOTOS: THOMAS FREY/DPA; CHRISTOPHE GATEAU/DPA Selbst war der Mann (links). Da muss der Profi nacharbeit­en. Hoch im Kurs stehen dieser Tage auch farbliche Korrekture­n.
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