Raser verwechseln Hauptstraße mit Hockenheimring
Trossinger Innenstadt ist immer wieder Schauplatz illegaler Autorennen – Entzug des Wagens droht
TROSSINGEN - Immer wieder ist die Trossinger Hauptstraße Schauplatz illegaler Autorennen. Vergangene Woche rasten erneut zwei hochmotorisierte Wagen mit bis zu 90 Stundenkilometern dicht hintereinander zwischen Marktplatz und dem Kreisverkehr Bahnhofstraße hin und her (wir berichteten). Von einer Raserund Poser-Szene in Trossingen will die Polizei „noch nicht“sprechen – jedoch käme es in den Abendstunden „immer wieder zu Hinweisen zu Autos, die die Hauptstraße zu schnell und mehrfach in kurzer Zeit hoch und runter fahren“.
Der 19-jährige BMW-Fahrer und der ein Jahr ältere Mann am Steuer eines Mercedes vergangene Woche Donnerstag hatten Pech: Als sie gegen 22.30 Uhr die Hauptstraße mit dem Hockenheimring verwechselten, hatte die Polizei ein Laserg es ch windigkeitsmess gerät aufgebaut. Gegen sie wird nun wegen einer Straftat ermittelt, sie müssen mit führerschein rechtlichen Maßnahmen rechnen.
Rund um den Rudolf-MaschkePlatz und an der Hauptstraße kontrollierte die Polizei gleichzeitig zudem mehrere junge Männer mit ihren Autos, die zum Teil beanstandet wurden.
Zwischen Posern und Tunern sei zu unterscheiden, sagt Dieter Popp vom Polizeipräsidium Konstanz. „Die, die uns durch Fahrstil und Gehabe Sorgen bereiten, sind nicht unbedingt die mit den getunten Autos.“Es seien „eher die höher motorisierten Serienfahrzeuge, deren meist junge Nutzer Probleme bereiten“. Es gebe Schnittmengen, „aber den Tunern haftet ab und an zu Unrecht das Poser-Image an“.
Von Gefährdungen von Passanten an der Hauptstraße oder anderen Verkehrsteilnehmern ist der Polizei „bis heute nichts bekannt“, so Popp. Am Steuer der Autos sitzen fast immer junge Männer. „Es handelt sich um ein typisches männliches Verhalten, weil man anderen zeigen möchte, wie stark man ist“, zitiert Popp aus der „einschlägigen Literatur“wie der juristischen Fachdatenbank BeckOnline. „Durch das Männlichkeitsgehabe möchte „Mann“seine Erfolglosigkeit im Beruf, in den sozialen Beziehungen, im sozialen Status kompensieren. Für viele Männer ist dies der einzige Weg, sich mit anderen Kontrahenten zu messen, da die sozialen und geistigen Komponenten nicht sehr ausgeprägt sind. „Mann“hat weder Angst vor Regeln und Gesetzen, noch vor dem Tod. Eher sogar das Gegenteil, je schneller und spektakulärer (auch die möglichen Unfälle) sind, desto besser. Die Frauen werden hierbei sehr reduziert wahrgenommen. Sie „dienen“meistens nur als Beiwerk, eher als Galionsfigur.“
Entsprechend schwierig ist es für die Polizei, einen Zugang zu finden zu den Rasern und Posern und vorbeugend aktiv zu werden. Verkehrserzieherische Gespräche hätten „keinerlei präventive Wirkung“und seien nicht erfolgversprechend, stellt Popp fest.
Es gehe den Teilnehmern solcher Rennen „ja gerade darum, sich über geltende Regeln und Gesetze hinwegzusetzen“. Die Reaktionen bei Kontrollen – mit dem Hinweis auf die möglichen Folgen eines selbstverschuldeten Unfalls - reichten „meist von Gleichgültigkeit bis zum hämischen Grinsen“.
Ein Umdenken bei den Teilnehmern der Rennen könne aus Sicht der Polizei „nur durch konsequente Verkehrsüberwachung und Ausschöpfung sämtlicher Sanktionen erfolgen“, sagt Popp. Diese reichen bis zur rechtlichen Einziehung des Fahrzeugs, was „ein präventiver Ansatz ist, der sich in der Rennszene herumspricht“, so Popp. „Leider wird dies im Rahmen der möglichen Sanktionen seitens der Staatsanwaltschaften nur sehr wenig bis gar nicht praktiziert.“
Die Polizei kontrolliere vor allem an den Wochenenden an Brennpunkten, erläutert Popp. „Eine Lasermessung macht Sinn, wenn viele Fahrzeuge der Rennszene unterwegs sind – wir haben eigentlich immer unser Laserhandmessgerät und das Schallpegelmessgerät an Bord.“Die Überwachungstrupps wechselten innerhalb eines Dienstes „häufig die Örtlichkeit, weil die Polizeikontrollen durch soziale Medien, so auch WhatsApp-Gruppen der entsprechenden Klientel, innerhalb kürzester Zeit verbrannt sind“.
Zugenommen habe die Zahl illegaler Rennen mangels alternativer Beschäftigungen während der Pandemie nicht, sagt Dieter Popp. Die Ausgangsbeschränkungen wegen Corona hätten ihren positiven Teil dazu beigetragen. Die Aktivität der Renn- und Poser-Szene habe vielmehr „deutlich nachgelassen“in Corona-Zeiten: „Wenn die Poser niemand haben, der ihnen zuschaut, weil alle daheim sind, macht es keinen Sinn zu Posen.“