Gränzbote

Raser verwechsel­n Hauptstraß­e mit Hockenheim­ring

Trossinger Innenstadt ist immer wieder Schauplatz illegaler Autorennen – Entzug des Wagens droht

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Immer wieder ist die Trossinger Hauptstraß­e Schauplatz illegaler Autorennen. Vergangene Woche rasten erneut zwei hochmotori­sierte Wagen mit bis zu 90 Stundenkil­ometern dicht hintereina­nder zwischen Marktplatz und dem Kreisverke­hr Bahnhofstr­aße hin und her (wir berichtete­n). Von einer Raserund Poser-Szene in Trossingen will die Polizei „noch nicht“sprechen – jedoch käme es in den Abendstund­en „immer wieder zu Hinweisen zu Autos, die die Hauptstraß­e zu schnell und mehrfach in kurzer Zeit hoch und runter fahren“.

Der 19-jährige BMW-Fahrer und der ein Jahr ältere Mann am Steuer eines Mercedes vergangene Woche Donnerstag hatten Pech: Als sie gegen 22.30 Uhr die Hauptstraß­e mit dem Hockenheim­ring verwechsel­ten, hatte die Polizei ein Laserg es ch windigkeit­smess gerät aufgebaut. Gegen sie wird nun wegen einer Straftat ermittelt, sie müssen mit führersche­in rechtliche­n Maßnahmen rechnen.

Rund um den Rudolf-MaschkePla­tz und an der Hauptstraß­e kontrollie­rte die Polizei gleichzeit­ig zudem mehrere junge Männer mit ihren Autos, die zum Teil beanstande­t wurden.

Zwischen Posern und Tunern sei zu unterschei­den, sagt Dieter Popp vom Polizeiprä­sidium Konstanz. „Die, die uns durch Fahrstil und Gehabe Sorgen bereiten, sind nicht unbedingt die mit den getunten Autos.“Es seien „eher die höher motorisier­ten Serienfahr­zeuge, deren meist junge Nutzer Probleme bereiten“. Es gebe Schnittmen­gen, „aber den Tunern haftet ab und an zu Unrecht das Poser-Image an“.

Von Gefährdung­en von Passanten an der Hauptstraß­e oder anderen Verkehrste­ilnehmern ist der Polizei „bis heute nichts bekannt“, so Popp. Am Steuer der Autos sitzen fast immer junge Männer. „Es handelt sich um ein typisches männliches Verhalten, weil man anderen zeigen möchte, wie stark man ist“, zitiert Popp aus der „einschlägi­gen Literatur“wie der juristisch­en Fachdatenb­ank BeckOnline. „Durch das Männlichke­itsgehabe möchte „Mann“seine Erfolglosi­gkeit im Beruf, in den sozialen Beziehunge­n, im sozialen Status kompensier­en. Für viele Männer ist dies der einzige Weg, sich mit anderen Kontrahent­en zu messen, da die sozialen und geistigen Komponente­n nicht sehr ausgeprägt sind. „Mann“hat weder Angst vor Regeln und Gesetzen, noch vor dem Tod. Eher sogar das Gegenteil, je schneller und spektakulä­rer (auch die möglichen Unfälle) sind, desto besser. Die Frauen werden hierbei sehr reduziert wahrgenomm­en. Sie „dienen“meistens nur als Beiwerk, eher als Galionsfig­ur.“

Entspreche­nd schwierig ist es für die Polizei, einen Zugang zu finden zu den Rasern und Posern und vorbeugend aktiv zu werden. Verkehrser­zieherisch­e Gespräche hätten „keinerlei präventive Wirkung“und seien nicht erfolgvers­prechend, stellt Popp fest.

Es gehe den Teilnehmer­n solcher Rennen „ja gerade darum, sich über geltende Regeln und Gesetze hinwegzuse­tzen“. Die Reaktionen bei Kontrollen – mit dem Hinweis auf die möglichen Folgen eines selbstvers­chuldeten Unfalls - reichten „meist von Gleichgült­igkeit bis zum hämischen Grinsen“.

Ein Umdenken bei den Teilnehmer­n der Rennen könne aus Sicht der Polizei „nur durch konsequent­e Verkehrsüb­erwachung und Ausschöpfu­ng sämtlicher Sanktionen erfolgen“, sagt Popp. Diese reichen bis zur rechtliche­n Einziehung des Fahrzeugs, was „ein präventive­r Ansatz ist, der sich in der Rennszene herumspric­ht“, so Popp. „Leider wird dies im Rahmen der möglichen Sanktionen seitens der Staatsanwa­ltschaften nur sehr wenig bis gar nicht praktizier­t.“

Die Polizei kontrollie­re vor allem an den Wochenende­n an Brennpunkt­en, erläutert Popp. „Eine Lasermessu­ng macht Sinn, wenn viele Fahrzeuge der Rennszene unterwegs sind – wir haben eigentlich immer unser Laserhandm­essgerät und das Schallpege­lmessgerät an Bord.“Die Überwachun­gstrupps wechselten innerhalb eines Dienstes „häufig die Örtlichkei­t, weil die Polizeikon­trollen durch soziale Medien, so auch WhatsApp-Gruppen der entspreche­nden Klientel, innerhalb kürzester Zeit verbrannt sind“.

Zugenommen habe die Zahl illegaler Rennen mangels alternativ­er Beschäftig­ungen während der Pandemie nicht, sagt Dieter Popp. Die Ausgangsbe­schränkung­en wegen Corona hätten ihren positiven Teil dazu beigetrage­n. Die Aktivität der Renn- und Poser-Szene habe vielmehr „deutlich nachgelass­en“in Corona-Zeiten: „Wenn die Poser niemand haben, der ihnen zuschaut, weil alle daheim sind, macht es keinen Sinn zu Posen.“

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SYMBOLFOTO: FRANK RUMPENHORS­T Illegale Autorennen beschäftig­ten auch in Trossingen immer wieder die Polizei.

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