Gränzbote

Verzögerun­g bei Schnelltes­ts

Kritik am Krisenmana­gement der Regierung wächst

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BERLIN (dpa) - Vor dem angekündig­ten Beginn kostenlose­r Corona-Tests an diesem Montag gibt es Kritik an einer unzureiche­nden Vorbereitu­ng. Dabei zeichnete sich bereits ab, dass es zum Wochenstar­t zunächst keine flächendec­kende Versorgung mit dem von Bund und Ländern vereinbart­en Angebot geben wird. Aus der Opposition und der Koalition gab es Vorwürfe gegen Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Der wehrte sich: „Es war nie vereinbart, dass der Bund diese Tests beschafft“, sagte er. „Was vereinbart war, ist, dass wir mithelfen, dass sie zugänglich sind, dass sie verfügbar sind.“Schnelltes­ts seien „mehr als genug verfügbar“. Die kostenlose­n Schnelltes­ts durch geschultes Personal soll es in Apotheken, Testzentre­n und auch bei Hausärzten geben. Sogenannte Selbsttest­s zur Eigenanwen­dung bieten Discounter bereits an. Sie waren am Wochenende aber schnell ausverkauf­t.

ESSEN (AFP) - Der Verkaufsst­art von Corona-Selbsttest­s im Einzelhand­el hat am Samstag die große Nachfrage der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r vielerorts nicht befriedige­n können. In zahlreiche­n Filialen waren die Tests bereits am Vormittag ausverkauf­t, wie die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd mitteilten. Zugleich schürte der Verkaufsst­art neue Kritik an der Teststrate­gie der Bundesregi­erung.

Neben Aldi hatte am Samstag auch Lidl den Verkauf von Schnelltes­ts für den privaten Gebrauch eingeläute­t – zunächst allerdings nur über seinen Onlineshop, der unter der Nachfragel­ast zeitweilig nicht mehr erreichbar war. Nachdem das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) Ende Februar erstmals Selbsttest­s zur Anwendung durch Laien freigegebe­n hatte, hatten zuletzt neben Aldi und Lidl unter anderem auch die Drogeriemä­rkte Rossmann und dm angekündig­t, die Selbsttest­s in der kommenden Woche zu verkaufen; auch Apotheken wollen die Selbsttest­s anbieten.

Aldi hatte für den Verkaufsst­art am Samstag eine hohe Nachfrage zwar erwartet und die Abgabemeng­e auf eine Packung pro Kunde begrenzt. Dennoch habe das Interesse „in dieser Intensität doch überrascht“, erklärte eine Sprecherin von Aldi Süd. In den kommenden Tagen wird nach Unternehme­nsangaben nun Nachschub erwartet.

Die Selbsttest­s sollen eine Ergänzung zu den Tests sein, die durch geschultes Personal vorgenomme­n werden müssen. Grundsätzl­ich gelten Tests neben den Impfungen als wichtiger Baustein bei der Bekämpfung der Pandemie.

Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium wies am Samstag darauf hin, dass die Selbsttest­s es ermöglicht­en, „schnell und unkomplizi­ert zu überprüfen, ob eine akute Infektion mit dem Coronaviru­s vorliegt“. Zu beachten sei allerdings auch, dass bei Symptomen oder Kontakt zu Infizierte­n ein Selbsttest nicht ausreiche, sondern in diesem Fall Ärztin oder Arzt kontaktier­t und ein PCR-Test gemacht werden solle.

Das Haus von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) steht in der Frage der Verfügbark­eit von Tests in der Kritik, nicht zuletzt nachdem der Ressortche­f zunächst zugesagt hatte, dass alle Bürger vom 1. März an kostenlose Corona-Schnelltes­ts bekommen sollten. CSU-Generalsek­retär Markus Blume kritisiert­e in der „Welt“(Samstagsau­sgabe), es sei bei Schnelltes­ts „zu spät, zu langsam, zu wenig bestellt“worden.

Ab Montag will der Bund für alle Bürger mindestens einmal pro Woche einen Schnelltes­t finanziere­n. Getestet werden soll in lokalen Testzentre­n, welche die Kommunen mit Partnern organisier­en. Bereits am Freitag hatte Spahn betont, dass die Lager nach Hersteller­angaben voll seien, die Tests aber nicht überall gleich am Montag bereit stehen würden, da diese auch ausgeliefe­rt und die Anwendung organisier­t werden müssten.

Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) nahm hierbei auch die Länder in die Pflicht: „Es war nie verabredet, dass der Bund für die Länder Schnelltes­ts bestellt“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe vom Samstag. „Das ist die Aufgabe der Länder selbst.“Zudem rief Braun die Unternehme­n dazu auf, sich an der CoronaSchn­ellteststr­ategie zu beteiligen und Mitarbeite­r zu testen.

Eine für Freitag geplante Gesprächsr­unde der Bundesregi­erung mit Wirtschaft­s- und Gewerkscha­ftsvertret­ern zum Thema CoronaSchn­elltests in Betrieben war allerdings geplatzt. Scharfe Kritik daran äußerte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Die Wirtschaft­sverbände seien fassungslo­s, „dass Aldi und einige andere – Lidl, dm, Rossmann – die Schnelltes­ts zur Verfügung stellen können, der Bund aber nicht“, sagte er den Sender RTL und ntv. „Das ist wirklich ein Treppenwit­z der Geschichte.“

Die Zunahme von Tests könnte nach Einschätzu­ng von Baden-Württember­gs Regierungs­chef Winfried Kretschman­n (Grüne) unterdesse­n dazu führen, dass die gemessene Inzidenzra­te – die wiederum für die nach der jüngsten Bund-Länder-Runde in Aussicht gestellten Öffnungssc­hritte von Bedeutung ist – steigt. „Wenn wir jetzt massenhaft testen, werden wir natürlich mehr Infektione­n feststelle­n – und die Dunkelziff­er erhellen“, sagte er der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEA/DPA Ein Mann hält eine Packung CoronaSelb­sttests von Aldi in der Hand.

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