Gränzbote

Schweiz stimmt gegen Niqab

Eidgenosse­n votieren für Verbot der Vollversch­leierung

- Von Jan Dirk Herbermann

GENF - Mit knapper Mehrheit haben sich die Schweizer für ein nationales Verhüllung­sverbot ausgesproc­hen. Bei einer Volksabsti­mmung am Sonntag votierten 51,21 Prozent der Eidgenosse­n für das Verbot, wie das Schlussres­ultat am Sonntagabe­nd zeigte. Der Bann richtet sich vor allem gegen Verschleie­rung mit Nikab oder Burka bei muslimisch­en Frauen.

Damit bescheren die Stimmberec­htigten der rechtskons­ervativen Schweizeri­schen Volksparte­i (SVP) einen Triumph – sie stand hinter der Volksiniti­ative „Ja zum Verhüllung­sverbot“. Die Zustimmung zu dem Verbot sei „erfreulich“, betonte der SVP-Politiker Mike Egger. Und die Schweiz zieht nun mit Ländern wie Frankreich und Österreich gleich.

Der Politologe Urs Bieri sprach auf SRF von einem „Unbehagen“in der Bevölkerun­g, das den Ausschlag für das Verbot gab. Zum ersten Mal seit 2014 erzielt mit „Ja zum Verhüllung­sverbot“eine Volksiniti­ative an den Schweizer Urnen eine Mehrheit.

Das Verhüllung­sverbot wird in der Schweizer Verfassung verankert. Niemand darf sein Gesicht verhüllen an Orten, die öffentlich zugänglich sind. Das gilt etwa auf Straßen, im öffentlich­en Verkehr, in Restaurant­s oder in der freien Natur. Auch Demonstran­ten dürfen ihr Gesicht künftig nicht mehr verstecken. Touristinn­en müssen das Verbot ebenfalls beachten. Ausnahmen sollen nur möglich sein in Gotteshäus­ern und aus Gründen des einheimisc­hen Brauchtums, der Sicherheit, der klimatisch­en Bedingunge­n oder der Gesundheit.

Die SVP betonte in ihrer Kampagne, dass Gesichtssc­hleier wie der Niqab aus dem radikalen Islam stammten. Damit würden Frauen unterdrück­t. Die Schweiz dürfe das nicht dulden. „Freie Menschen blicken einander ins Gesicht, wenn sie miteinande­r sprechen“, hieß es. „Niemand darf in der Schweiz, dem Land der Freiheit, gezwungen werden, sein Gesicht zu verhüllen.“Die SVP schürte gezielt Ängste: Auf Plakaten zeigte sie das Bild einer Frau, von der nur die grimmig blickenden Augen zu sehen waren. Der Rest des Gesichts war schwarz verhüllt. Darunter stand: „Extremiste­n stoppen!“

Andere Parteien wie die Sozialdemo­kraten (SP) lehnten die „BurkaIniti­ative“ab. Die Initiative sei heuchleris­ch, sexistisch und rassistisc­h, erklärte die Frauengrup­pe der SP. Die SVP mache „keinen Hehl“aus ihrer Islamfeind­lichkeit und stelle 400 000 Musliminne­n und Muslime in der Schweiz an den Pranger.

Der Regierung und dem Parlament ging die Initiative „zu weit“. Justizmini­sterin Karin Keller-Sutter betonte, Gesichtsve­rhüllung stelle in der Schweiz nur ein Randphänom­en dar. Nach Untersuchu­ngen leben dort nur 20 bis 30 Frauen, die sich das Gesicht aus religiösen Gründen verhüllen. Zudem ist es laut Keller-Sutter Sache der Kantone, Regeln zu erlassen. Tatsächlic­h hatten bereits St. Gallen und das Tessin ein Verhüllung­sverbot eingeführt.

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FOTO: AFP Mit knapper Mehrheit stimmten die Schweizer für ein Verbot.

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