Urlauber heiß ersehnt
Südwest-Tourismus hofft auf bessere Zeiten – Doch eine Saison wie vor Corona erwartet kaum einer
KONSTANZ/FREIBURG (dpa) - Wenn man derzeit so am Ufer des Bodensees entlangschlendert, könnte man fast meinen, die Touristen seien schon zurück: Mitten im Lockdown ist hier an lauen Frühlingstagen schon einiges los. Und trotz Unsicherheiten bereiten sich die Bodenseestädte schon auf die kommende Tourismus-Saison vor.
„Die Sommermonate sind bereits bei relativ vielen Gastgebern gut gebucht, insbesondere Ferienwohnungen sind weiterhin sehr gefragt“, heißt es etwa aus Überlingen, wo ab April auch die Landesgartenschau stattfinden soll. Mehr als 44 000 Tagestickets und rund 17 000 Dauerkarten sind laut den Organisatoren schon verkauft worden. Auf dem Gelände laufen die Arbeiten.
Doch wie steht es um die Tourismus-Branche insgesamt? Die coronabedingten Schließungen haben das baden-württembergische Gastgewerbe laut Branchenverband Dehoga bisher sieben Milliarden Euro Umsatz gekostet. Auch eine gute Sommersaison samt starkem Inlandstourismus könne die Verluste nicht kompensieren, teilt ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands mit.
Und auch das Tourismusministerium in Stuttgart zeichnet für die kommende Saison ein gemischtes Bild. Man gehe davon aus, dass Angebote in Baden-Württemberg erneut stark gefragt sein würden, sobald das Reisen wieder möglich sei – auch weil wegen der Pandemie vorrangig Trips im Inland möglich sein dürften, teilt ein Sprecher mit. „Aus unserer Sicht stehen daher die Chancen für eine ordentliche Sommersaison gut, auch wenn noch nicht zu erwarten ist, dass bereits in diesem Jahr wieder an die Rekordzahlen von vor der Krise angeknüpft werden kann.“Nach dem „brutalstmöglichen Absturz“im März 2020, zu Beginn
des ersten Corona-Lockdowns, sei mit einer nachhaltigen Erholung für den Tourismus im Südwesten nicht vor Mitte 2022 zu rechnen – wobei Camping- und Outdoor-Angebote schneller wieder auf die Beine kommen könnten, so der Sprecher. Mit diversen Förderprogrammen und Hilfsangeboten sollen demnach Hotels und andere Gastgeber sowie Busreiseunternehmen, Schausteller, Heilbäder und andere unterstützt werden.
„Wenn die Krise eine Chance beinhaltet“, erklärt Tourismusminister Guido Wolf (CDU), „dann die, dass
Baden-Württemberg auch für Inlandsgäste als attraktives Reiseziel an Bedeutung gewonnen hat.“Bereits im vergangenen Sommer hätten die Gäste auch etwas weniger bekannte Ziele entdeckt.
Über zu wenig Bekanntheit kann sich der Schwarzwald wohl nicht beklagen. Hier werden normalerweise 40 Prozent aller Übernachtungen in Baden-Württemberg generiert, wie Hansjörg Mair, Geschäftsführer der Schwarzwald Tourismus GmbH, sagt. Rein wirtschaftlich zügelt er die Erwartungen an diese Saison: „Wenn es gelingt, bis Ende 2022 an die früheren Bruttoumsätze von 7,56 Mio. aufzuschließen, können wir von Glück reden.“Probleme hätten jetzt ganz besonders die gut 8000 Kleinvermieter, die bei der Unterstützung aus Landes- und Bundestöpfen häufig leer ausgingen.
Dennoch gibt Mair sich für die Zukunft optimistisch. Denn der Schwarzwald biete vieles, wonach die Menschen sich nach den Entbehrungen und Unsicherheiten des Lockdowns sehnten: „Vertrautheit, Sicherheit, Weite und Freiheit“. Noch dazu gehe der Trend dahin, dass Touristen sich wie Mitbewohner auf Zeit fühlen wollten. Das funktioniere besonders gut in den kleinen Betrieben mit persönlichem Kontakt im Schwarzwald. „Genau das suchen die Gäste.“Eine im Februar veröffentlichte Studie des
Deutschen Instituts für Tourismusforschung belege zudem, dass das Interesse der Deutschen an einem Urlaub im Schwarzwald in der Folge der Corona-Pandemie deutlich gestiegen sei.
Der Europa-Park, vor der Corona-Pandemie ein beliebtes Ziel für Besucher aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz, geht davon aus, zunächst nur mit coronabedingt beschränkten Kapazitäten starten zu können. „Wir hoffen auf ein schrittweises Hochfahren der Besucherzahlen im Sommer“, sagt EuropaPark-Geschäftsführer Roland Mack. Dafür könne man auf ein erprobtes Hygienekonzept zurückgreifen. „Für den Europa-Park und auch für die Wasserwelt Rulantica haben wir ein komplettes Onlineticketing implementiert. Das heißt, jeder Name der Besucher ist erfasst“, erklärt Mack. Auch habe man eine eigene App entwickelt, die helfe, Schlangenbildung zu verhindern.
Zurück zum Bodensee, wo der Optimismus zu überwiegen scheint: Wegen der Buchungslage gehe man von einer guten Sommersaison 2021 am See aus, sagte eine Sprecherin der Stadt Konstanz. Alternativ zu den Großveranstaltungen seien kleine hochwertige sowie regionale Veranstaltungen geplant. „Insgesamt rechnen wir in diesem Jahr mit einem starken, spontanen Inlandstourismus.“