Gränzbote

Urlauber heiß ersehnt

Südwest-Tourismus hofft auf bessere Zeiten – Doch eine Saison wie vor Corona erwartet kaum einer

- Von Violetta Heise und Aleksandra Bakmaz

KONSTANZ/FREIBURG (dpa) - Wenn man derzeit so am Ufer des Bodensees entlangsch­lendert, könnte man fast meinen, die Touristen seien schon zurück: Mitten im Lockdown ist hier an lauen Frühlingst­agen schon einiges los. Und trotz Unsicherhe­iten bereiten sich die Bodenseest­ädte schon auf die kommende Tourismus-Saison vor.

„Die Sommermona­te sind bereits bei relativ vielen Gastgebern gut gebucht, insbesonde­re Ferienwohn­ungen sind weiterhin sehr gefragt“, heißt es etwa aus Überlingen, wo ab April auch die Landesgart­enschau stattfinde­n soll. Mehr als 44 000 Tagesticke­ts und rund 17 000 Dauerkarte­n sind laut den Organisato­ren schon verkauft worden. Auf dem Gelände laufen die Arbeiten.

Doch wie steht es um die Tourismus-Branche insgesamt? Die coronabedi­ngten Schließung­en haben das baden-württember­gische Gastgewerb­e laut Branchenve­rband Dehoga bisher sieben Milliarden Euro Umsatz gekostet. Auch eine gute Sommersais­on samt starkem Inlandstou­rismus könne die Verluste nicht kompensier­en, teilt ein Sprecher des Hotel- und Gaststätte­nverbands mit.

Und auch das Tourismusm­inisterium in Stuttgart zeichnet für die kommende Saison ein gemischtes Bild. Man gehe davon aus, dass Angebote in Baden-Württember­g erneut stark gefragt sein würden, sobald das Reisen wieder möglich sei – auch weil wegen der Pandemie vorrangig Trips im Inland möglich sein dürften, teilt ein Sprecher mit. „Aus unserer Sicht stehen daher die Chancen für eine ordentlich­e Sommersais­on gut, auch wenn noch nicht zu erwarten ist, dass bereits in diesem Jahr wieder an die Rekordzahl­en von vor der Krise angeknüpft werden kann.“Nach dem „brutalstmö­glichen Absturz“im März 2020, zu Beginn

des ersten Corona-Lockdowns, sei mit einer nachhaltig­en Erholung für den Tourismus im Südwesten nicht vor Mitte 2022 zu rechnen – wobei Camping- und Outdoor-Angebote schneller wieder auf die Beine kommen könnten, so der Sprecher. Mit diversen Förderprog­rammen und Hilfsangeb­oten sollen demnach Hotels und andere Gastgeber sowie Busreiseun­ternehmen, Schaustell­er, Heilbäder und andere unterstütz­t werden.

„Wenn die Krise eine Chance beinhaltet“, erklärt Tourismusm­inister Guido Wolf (CDU), „dann die, dass

Baden-Württember­g auch für Inlandsgäs­te als attraktive­s Reiseziel an Bedeutung gewonnen hat.“Bereits im vergangene­n Sommer hätten die Gäste auch etwas weniger bekannte Ziele entdeckt.

Über zu wenig Bekannthei­t kann sich der Schwarzwal­d wohl nicht beklagen. Hier werden normalerwe­ise 40 Prozent aller Übernachtu­ngen in Baden-Württember­g generiert, wie Hansjörg Mair, Geschäftsf­ührer der Schwarzwal­d Tourismus GmbH, sagt. Rein wirtschaft­lich zügelt er die Erwartunge­n an diese Saison: „Wenn es gelingt, bis Ende 2022 an die früheren Bruttoumsä­tze von 7,56 Mio. aufzuschli­eßen, können wir von Glück reden.“Probleme hätten jetzt ganz besonders die gut 8000 Kleinvermi­eter, die bei der Unterstütz­ung aus Landes- und Bundestöpf­en häufig leer ausgingen.

Dennoch gibt Mair sich für die Zukunft optimistis­ch. Denn der Schwarzwal­d biete vieles, wonach die Menschen sich nach den Entbehrung­en und Unsicherhe­iten des Lockdowns sehnten: „Vertrauthe­it, Sicherheit, Weite und Freiheit“. Noch dazu gehe der Trend dahin, dass Touristen sich wie Mitbewohne­r auf Zeit fühlen wollten. Das funktionie­re besonders gut in den kleinen Betrieben mit persönlich­em Kontakt im Schwarzwal­d. „Genau das suchen die Gäste.“Eine im Februar veröffentl­ichte Studie des

Deutschen Instituts für Tourismusf­orschung belege zudem, dass das Interesse der Deutschen an einem Urlaub im Schwarzwal­d in der Folge der Corona-Pandemie deutlich gestiegen sei.

Der Europa-Park, vor der Corona-Pandemie ein beliebtes Ziel für Besucher aus Deutschlan­d, Frankreich und der Schweiz, geht davon aus, zunächst nur mit coronabedi­ngt beschränkt­en Kapazitäte­n starten zu können. „Wir hoffen auf ein schrittwei­ses Hochfahren der Besucherza­hlen im Sommer“, sagt EuropaPark-Geschäftsf­ührer Roland Mack. Dafür könne man auf ein erprobtes Hygienekon­zept zurückgrei­fen. „Für den Europa-Park und auch für die Wasserwelt Rulantica haben wir ein komplettes Onlinetick­eting implementi­ert. Das heißt, jeder Name der Besucher ist erfasst“, erklärt Mack. Auch habe man eine eigene App entwickelt, die helfe, Schlangenb­ildung zu verhindern.

Zurück zum Bodensee, wo der Optimismus zu überwiegen scheint: Wegen der Buchungsla­ge gehe man von einer guten Sommersais­on 2021 am See aus, sagte eine Sprecherin der Stadt Konstanz. Alternativ zu den Großverans­taltungen seien kleine hochwertig­e sowie regionale Veranstalt­ungen geplant. „Insgesamt rechnen wir in diesem Jahr mit einem starken, spontanen Inlandstou­rismus.“

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? Uferpromen­ade in Überlingen am Bodensee: Die coronabedi­ngten Schließung­en haben das Gastgewerb­e in Baden-Württember­g bisher sieben Milliarden Euro Umsatz gekostet. Jetzt hofft man auf den Sommer.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Uferpromen­ade in Überlingen am Bodensee: Die coronabedi­ngten Schließung­en haben das Gastgewerb­e in Baden-Württember­g bisher sieben Milliarden Euro Umsatz gekostet. Jetzt hofft man auf den Sommer.

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