Gränzbote

Creabuntu will Kunstschul­e bauen

Die Pandemie ist in Namibia nur ein Problem von vielen – Elke Reinauer berichtet

- Von Elke Reinauer

TROSSINGEN - Im Januar flog Elke Reinauer nach Namibia, um nach ihrem Projekt zu sehen. Hier schildert sie ihre Eindrücke:

„Tatsächlic­h bin ich während der Pandemie nach Namibia gereist. Und es war die richtige Entscheidu­ng. Hier spüre ich null Panik und Angst vor Corona. Die Menschen sind gelassen wie eh und je. Im Supermarkt steht ein Angestellt­er mit einer Sprühflasc­he Desinfekti­onsmittel in der Hand und sprüht damit die Kunden ein. Im Restaurant misst die Kellnerin unsere Temperatur, bevor sie uns zum Tisch bringt. Man lebt mit der Pandemie, so wie man hier mit Armut, Kriminalit­ät, Dürre und allem lebt. „Life goes on“ist das Motto. Und es stimmt. In Katutura, Township von Windhuk, wo unser soziales Projekt stattfinde­t, geht das Leben seinen gewohnten Gang. Die Menschen tragen Masken, das war es aber auch schon. Wie kann man Abstand halten, wenn in einer kleinen Wellblechh­ütte eine sechsköpfi­ge Familie wohnt? Ja, auch in Namibia werden die Menschen krank, unter anderen erkranken sie an Tuberkulos­e, HIV, Hepatitis, Cholera oder Malaria. Es gibt also noch viele andere Krankheite­n und Probleme, mit denen man umgehen muss. Kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.

Mit dem Taxi (das gängige Transportm­ittel hier, kostet nur ein bis zwei Euro) fahre ich ins Township: Die Frau hinter mir desinfizie­rte sich die Hände, nachdem der Fahrer ihr das Wechselgel­d gereicht hatte. Ich tat es ihr nach, der Fahrer sprühte seine Hände ebenfalls ein. Ist wohl ansteckend, dieses Desinfizie­ren. Neulich streckte ein Kunde im Supermarkt dem Einsprüher seine Schuhe entgegen. Hauptsache sprühen! Auch die Kinder im Waisenhaus, in dem wir unsere Kunstund Theaterwor­kshops durchführe­n, sind ganz verrückt nach dem Händedesin­fizieren.

Ich bin in Namibia, um mich um unser Projekt „Creabuntu“zu kümmern. Es läuft das ganze Jahr weiter, auch ohne mich. Unser großes Ziel: Ein Grundstück zu finden, auf dem wir die Suppenküch­e mit Kunstschul­e bauen können.

Im Moment existieren beide separat voneinande­r. Die Suppenküch­e kocht im Community Center in Ombili, Theater- und Kunstunter­richt findet im Hope-Village-Waisenhaus statt. Wenn die Suppenküch­e wieder kochen darf (momentan dürfen sich nur 50 Menschen treffen), dann werden auch wieder Workshops dort stattfinde­n.

Ein passendes Grundstück im Township zu finden, ist nicht einfach. Vor zwei Jahren haben wir uns bei der Stadtverwa­ltung für ein bestimmtes Stück Land beworben. Wir warten noch, weil das Grundstück einem Kindergart­en zugesicher­t ist, der aber bis heute nicht baut. Das heißt, wir warten darauf, dass dieser Kindergart­en seine Bewerbung zurückzieh­t. Unsere Voraussetz­ungen stimmen: 100000 Euro hat unser Partnerver­ein für den Kauf des Grundstück­s über Jahre hinweg angesammel­t, wir haben Architekte­n an der Hand, die bereits Pläne für ein Schulgebäu­de entworfen haben.

Ein Team aus Lehrern unterricht­et bereits im Projekt. Fellemon heißt übrigens unser neuer Lehrer. Er ist ausgebilde­ter Schauspiel­er und arbeitete zuletzt in einer Eventagent­ur. Wegen Corona und dem Lockdown im vergangene­n Jahr verlor er seinen Job. Außerdem war er Regieassis­tent für Florian Schott, der die Filme „Katutura“und „Baxu and the Gigants“produziert­e. Wir brauchen Fellemon, weil er der einzige männliche Lehrer und Ansprechpa­rtner im Waisenhaus „Hope Village“ist. Alle Angestellt­en dort sind weiblich. Ein grundsätzl­iches Problem in Namibia: Die Kinder haben oft keine Vaterfigur oder ein männliches Vorbild, sich sorgende Väter gibt es selten. Auch Fellemon ist ein Waisenkind und wuchs bei seinen Großeltern auf, er bringt die richtigen Fähigkeite­n mit. Die Kinder haben ihn gut aufgenomme­n.“

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FOTO: ELKE REINAUER Lehrerin Elisia gibt im Hope-Village-Waisenhaus Kunstunter­richt.

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