Gränzbote

Stiko-Chef pro Astra-Zeneca

Ulmer Virologe Mertens spricht sich gegen Impfstopp aus

- Von Claudia Kling

RAVENSBURG (dan) - Thomas Mertens, der Vorsitzend­e der Ständigen Impfkommis­sion am Robert-KochInstit­ut (Stiko), warnt vor einem Impfstopp mit dem Vakzin von Astra-Zeneca. „Es gibt bislang keinen Hinweis darauf, dass die gemeldeten Fälle ursächlich mit der Impfung zusammenhä­ngen“, sagte er am Freitag der „Schwäbisch­en Zeitung“. Alle Fälle müssten aber „natürlich mit allen Mitteln sehr gründlich untersucht werden“. Neben der Untersuchu­ng der Einzelfäll­e werde statistisc­h überprüft, ob es bei Geimpften zu mehr Krankheits­fällen komme. „Dies ist derzeit nicht der Fall“, sagte der Ulmer Virologe. Der Stiko-Chef befürchtet einen „erhebliche­n Schaden“für die Impfkampag­ne, wenn vorschnell Zusammenhä­nge zwischen Nebenwirku­ngen und Impfstoffe­n hergestell­t würden.

Mehrere Staaten hatten die Impfung mit dem Astra-Zeneca-Vakzin ausgesetzt, nachdem es zu schweren Fällen von Blutgerinn­seln gekommen war.

BERLIN - Es sind nicht nur die 21 Jahre Altersunte­rschied, die den badenwürtt­embergisch­en Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n und Grünen-Vorsitzend­en Robert Habeck trennen. Der Regierungs­chef im Autoland und der Parteichef in Berlin liegen auch politisch nicht immer auf einer Wellenläng­e, selbst wenn sie derselben Partei angehören. Ähnliches gilt für die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer und die SPD-Vorsitzend­e Saskia Esken. Die eine punktet mit dem Faktor Sympathie, die andere eher nicht. Auch deshalb ist es schwierig, von den Wahlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz auf den Bund zu schließen. Das verlangt ein wenig Kaffeesatz­leserei, aber nicht nur. Folgendes erscheint realistisc­h:

Laschet wird Kanzlerkan­didat der Union

Für den neuen CDU-Parteivors­itzenden Armin Laschet gilt das Bonmot „Wer zu spät kommt, bestraft das Leben“derzeit mit Sicherheit nicht. Die Landes-CDU in Baden-Württember­g mag abstürzen, der rheinland-pfälzische Kandidat Christian Baldauf im Rennen gegen Regierungs­chefin Dreyer auf der Strecke bleiben – Laschet wird sich für diese Niederlage­n kaum verantwort­en müssen. Dafür ist er schlicht zu kurz im Amt. Dazu kommt: Noch ist nicht vergessen, dass gerade die CDU im Südwesten seinen Konkurrent­en im Ringen um den Parteivors­itz, Friedrich Merz, unterstütz­t hat. Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident wird folglich auch nach den beiden Landtagswa­hlen den Anspruch erheben, dass er – und nicht der Parteichef der kleinen Schwester CSU – der nächste Kanzlerkan­didat der Union ist. Bislang deutet nichts darauf hin, dass er von Parteifreu­nden gedrängt würde, Markus Söder den Vortritt zu lassen.

Kretschman­n bleibt Kretschman­n – und die Grünen die Grünen

Wenn sich das Wahlergebn­is am Sonntag an die Umfragen hält, wird Winfried Kretschman­n auch weiterhin der einzige grüne Ministerpr­äsident in Deutschlan­d sein. Mit diesem Amt ging allerdings auch eine gewisse Absonderun­g vom Rest der Grünen in der Republik einher. Während die Grünen in der Hauptstadt beispielsw­eise vom E-Auto träumten, warb Kretschman­n Seit’ an Seit’ mit Söder und dem Niedersach­sen Stefan Weil für eine Kaufprämie für Verbrenner. Dass die Wahl in BadenWürtt­emberg den Bundes-Grünen weiteren Schub verleihen wird, ist deshalb nicht zu erwarten. Kretschman­n spricht im Südwesten auch das konservati­ve Wählerklie­ntel an, die Parteivors­itzenden im Bund, Annalena Baerbock und Robert Habeck, machen dies eher nicht.

Die SPD – der Scheinries­e unter den Parteien

Wenn man von der Ferne auf den politische­n Betrieb in Berlin schaut, könnte man denken, die SPD sei eine bedeutende Partei, die an der Regierung beteiligt ist und Ministerie­n besetzt. In vielen Bundesländ­ern ist es allerdings mit der Bedeutung nicht mehr so weit her, in Baden-Württember­g kommen die Sozialdemo­kraten in Umfragen derzeit auf zehn Prozent. Dass sich Malu Dreyer in RheinlandP­falz erneut auf die Polepositi­on vorgearbei­tet hat und in Umfragen auf 31 Prozent kommt, liegt weniger an ihrer Parteizuge­hörigkeit als an ihrer Person. Neuen Schwung kann sich die Bundes-SPD von ihrer möglichen Wiederwahl deshalb nicht erwarten. Denn weder funktionie­rt die Parteispit­ze aus Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans und Kanzlerkan­didat Olaf Scholz als überzeugen­der Sympathiet­räger

noch glückt es dem Trio klarzumach­en, wofür die SPD eigentlich steht – Genderdeba­tten oder Armut und soziale Ungleichhe­it. Der Wähler wird’s vermutlich nicht danken.

Besser mitregiere­n als nicht regieren – oder doch anders?

Was für ein erfolgreic­hes Jahr könnte 2021 für die Liberalen werden – mit Koalitions­optionen zuhauf. In Baden-Württember­g wäre voraussich­tlich statt Grün-Schwarz auch eine Ampel (Grün-Gelb-Rot) möglich, in Rheinland-Pfalz sieht es ebenfalls nach einer Fortsetzun­g dieser Regierungs­koalition aus. Auch Parteichef Christian Lindner träumt bereits von einem Platz am Kabinettst­isch nach der nächsten Bundestags­wahl – aber natürlich nur zu bestimmten Bedingunge­n. So kündigte er bereits an, mit Parteien, die Steuererhö­hungen fordern, keine Koalition eingehen zu wollen. All jenen, die im November 2017 dabei waren, als der FDP-Chef die Koalitions­gespräche platzen ließ, könnten solche Sätze eine Warnung sein. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, hatte Lindner damals gesagt – und damit CDU und Grüne, aber auch Mitglieder seiner eigenen Partei verprellt. Der Ruf, ein unsicherer Kantonist zu sein, haftet der FDP noch immer an.

Politische Farbenlehr­e

Wer derzeit seriös etwas über die nächste Regierungs­koalition vorhersage­n will, braucht noch eine ziemlich große Glaskugel. Als Favorit gilt zwar eine schwarz-grüne Vermählung nach der Bundestags­wahl, doch bislang stehen ja noch nicht einmal die Spitzenkan­didaten von Union und Grünen fest. Dass Olaf Scholz eine Regierung unter Ausschluss der Union bilden kann, erscheint hingegen wenig realistisc­h. Denn nach den derzeitige­n Umfragen wäre die nur mit einem rot-rot-grün-gelbem Bündnis möglich. Auf der anderen Seite könnte die Union statt Schwarz-Grün rein rechnerisc­h auch in Wiederaufl­age der Großen Koalition regieren – oder in einer sogenannte­n Deutschlan­d-Koalition. Dann wäre auch die FDP mit an Bord.

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COLLAGE: SCHWÄBISCH­E ZEITUNG; FOTOS: IMAGO IMAGES (D. GRETHEN)

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