Neugierig aufs Leben
Drehbuchautor und Regisseur Wolfgang Kohlhaase wird 90
Genaue Milieuzeichnung, pointierte Dialoge: Wolfgang Kohlhaase hat mit seinen Drehbüchern zu Filmen wie „Berlin – Ecke Schönhauser“, „Solo Sunny“und „Sommer vorm Balkon“die deutsche Filmgeschichte geprägt. Am Sonntag wird er 90 Jahre alt.
Wolfgang Kohlhaases Sprachwitz ist zeitlos. Kaum einer hat wie er die Atmosphäre und den manchmal barschen Tonfall Berlins eingefangen, oft mit dokumentarischem Flair, doch immer auch mit sehr zarten, poetischen Momenten, ganz nah an der Gefühlswelt seiner Figuren. Nach Anfängen als Journalist kam Kohlhaase 1950 als Dramaturgie-Assistent zum Defa-Studio. Ersten Drehbüchern zu Kinderfilmen folgte eine Reihe von Arbeiten, die seine Heimatstadt bereits im Titel tragen: In „Berliner Romanze“(1956) erzählten er und Regisseur Gerhard Klein eine Liebesgeschichte im geteilten Berlin vor dem Bau der Mauer.
Mit „Berlin – Ecke Schönhauser“gelang den beiden 1957 einer der ganz großen Klassiker der Defa. Das Ende der DDR bedeutete für Kohlhaase, anders als für viele seiner Defa-Kollegen, keinen Bruch seiner Karriere. Für seine Arbeit wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Filmpreis Lola für sein Lebenswerk und dem Goldenen Ehrenbär der Berlinale.
1993 führte er gemeinsam mit Gabriele Denecke bei „Inge, April und Mai“Regie, der sehr zart von der ersten Liebe eines 15-Jährigen in den letzten Kriegswochen erzählt. Für OscarGewinner Volker Schlöndorff schrieb Kohlhaase 1999 das intensive Drama „Die Stille nach dem Schuss“über RAF-Terroristen, die in der DDR untertauchen. Eine weitere intensive Kreativ-Partnerschaft entwickelte er mit Regisseur Andreas Dresen: Ein Triumph wurde bereits ihr erstes gemeinsames Projekt „Sommer vorm Balkon“(2005). Bittersüß fielen weitere Kooperationen: „Whisky mit Wodka“(2009) mit Henry Hübchen als alterndem Schauspieler und „Als wir träumten“(2015), nach dem Roman von Clemens Meyer, über die Nachwendejahre in Leipzig. (epd)