Gränzbote

Ein Jahr Corona: Die Hoffnung heißt Impfen

Am 13. März 2020 vermeldete der Landkreis die ersten drei Corona-Fälle – Fallzahlen steigen erneut an

- Von Dorothea Hecht

KREIS TUTTLINGEN - Vor einem Jahr war es ein Freitag, der 13., als das Tuttlinger Landratsam­t die ersten drei Corona-Fälle vermeldete. An diesem Samstag ist dieses denkwürdig­e Ereignis genau ein Jahr her, und für Landrat Stefan Bär ist es „noch viel zur früh, Bilanz zu ziehen“. Im Gegenteil: „Wir sind noch mittendrin“, sagte er in einer Pressekonf­erenz am Freitag.

Tatsächlic­h sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Mit weiteren 26 positiven Corona-Fällen am Freitag wird der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt pro 100 000 Einwohner bei 91 liegen und Tuttlingen damit wieder unter den zehn Landkreise­n mit der höchsten Inzidenz in Baden-Württember­g sein. „In relativ kurzer Zeit hat sich das Geschehen völlig gedreht“, stellte Bär fest. Nur kurzfristi­g lag der Wert im Landkreis unter 50. Dass die Schwelle von 100 bald wieder überschrit­ten wird, hält nicht nur Bär für sehr wahrschein­lich.

Liegt der Landkreis drei Tage über 100, treten wieder Beschränku­ngen in Kraft. Unter anderem dürfen sich dann nur ein Haushalt und eine Person treffen (statt wie aktuell zwei Haushalte), und der Einzelhand­el darf kein Click & Meet mehr anbieten. Eine problemati­sche Gemengelag­e für den Tuttlinger Landrat, er hofft auf ein „kreiseinhe­itliches Vorgehen“im ganzen Bundesland.

Zumal sich schwer sagen lässt, was nun die Fallzahlen in die Höhe treibt: Werden mehr Fälle entdeckt – auch durch die vielen Schnelltes­ts – oder facht die britische Virusmutat­ion das Geschehen an? Bär hält eher Letzteres für wahrschein­lich, weil die Variante inzwischen gut ein Drittel der Fälle ausmacht und als aggressive­r gilt. „Aber wie die tatsächlic­he Situation aussieht, weiß keiner so richtig“, räumte er ein.

Gibt es auch bei der Kontaktnac­hverfolgun­g des Gesundheit­samts erneut Schwierigk­eiten? Eine Leserin berichtete, dass sie nach einer Corona-Erkrankung zwei Anrufe vom Gesundheit­samt erhalten habe, in denen die Mitarbeite­r nicht vom jeweils anderen wussten. Natürlich werde die Kontaktnac­hverfolgun­g bei größeren Zahlen wieder schwierige­r, sagte Bär. Wegen der Mutationen müssten nun auch deutlich mehr Menschen in Quarantäne. Dass ein Einzelfall mal nicht rund laufe, könnte bei 100 Mitarbeite­rn im Gesundheit­samt vorkommen. Alle Mitarbeite­r arbeiteten aber gewissenha­ft.

Immerhin: Was positiv stimmt, sind zwei Entwicklun­gen. Zum einen müssen weniger Leute wegen einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhau­s als noch zu Beginn des Jahres. Aktuell sind es elf Patienten, zwei werden beatmet. Zwar sind diese Fälle dann oft schwere Erkrankung­en von Betroffene­n mittleren Alters, aber, und das ist die andere positive Entwicklun­g, es sind weniger ältere Menschen betroffen. Vor allem nach den Impfungen in den Pflegeheim­en seien die Fallzahlen deutlich zurückgega­ngen, sagte Bär. Auch die Todeszahle­n sind erheblich niedriger als über den Jahreswech­sel. Aktuell sind 14 Heimbewohn­er und 17 Mitarbeite­r infiziert. Bisher gibt es keine Infektion nach einer Zweitimpfu­ng.

Dennoch ist er noch nicht vorbei, „der tägliche Kampf mit den Fallzahlen“, wie Bär ihn nennt. Auch nach einem Jahr Corona: „Man starrt jeden Tag auf die landesweit­e Zahl und wartet auf 12.30 Uhr, was wohl bei uns passiert. Das macht mürbe und frustriert.“Das Landratsam­t setzt deshalb wie alle anderen auf die Impfungen. 600 Impfdosen am Tag werden im Kreisimpfz­entrum verabreich­t, ab April soll auch in Arztpraxen geimpft werden. „Das geht nur mit mehr Impfstoff “, stellte Bär abermals klar. Es mache keinen Sinn, den Impfstoff zwischen dem Impfzentru­m und den Praxen aufzuteile­n.

Laut Ankündigun­gen vom Bund sollen dem Landkreis bald 3800 Impfdosen wöchentlic­h zur Verfügung stehen. „Das sind gerade mal 500 mehr als bisher, da muss noch mehr kommen“, so Bär.

 ?? GRAFIK: KEVIN RUDNER/DATEN: LANDRATSAM­T TUTTLINGEN: ?? Das Jahr in Corona-Balken: So haben sich die Fallzahlen pro Woche über ein Jahr hinweg entwickelt. Nach der ersten Welle im April 2020 gingen die Zahlen im Juni und Juli auf Null herunter. Die zweite Welle begann im Oktober und gipfelte um die Weihnachts­feiertage herum. Nach einem kurzen Abflachen im Februar ist im März nun der Anstieg zu einer möglichen dritten Welle zu sehen.
GRAFIK: KEVIN RUDNER/DATEN: LANDRATSAM­T TUTTLINGEN: Das Jahr in Corona-Balken: So haben sich die Fallzahlen pro Woche über ein Jahr hinweg entwickelt. Nach der ersten Welle im April 2020 gingen die Zahlen im Juni und Juli auf Null herunter. Die zweite Welle begann im Oktober und gipfelte um die Weihnachts­feiertage herum. Nach einem kurzen Abflachen im Februar ist im März nun der Anstieg zu einer möglichen dritten Welle zu sehen.

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