Gränzbote

Guido Wolf holt sich das Direktmand­at

Politik-Neuling Jens Metzger liegt nur knapp hinter dem CDU-Mann

- Von Matthias Jansen, Ingeborg Wagner, Dorothea Hecht und Anja Schuster

Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen liegt der CDU-Kandidat knapp vorne.

TUTTLINGEN - Der Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschi­ngen 55 wird im Stuttgarte­r Landtag weiter durch Guido Wolf vertreten. Der CDU-Politiker musste bei der Landtagswa­hl zwar geringe Verluste gegenüber dem Jahr 2016 hinnehmen, ließ mit 29,3 Prozent der Stimmen aber Jens Metzger (Bündnis 90/Die Grünen) in der Wählerguns­t knapp hinter sich. Der 30-jährige Schreiner-Azubi kam auf Anhieb auf 28,1 Prozent der Stimmen. Ein Zweitmanda­t im Wahlkreis sicherte sich eigenen Angaben zufolge Niko Reith (FDP).

„Ich bin wirklich erleichter­t und beginne nun, mich zu freuen“, sagte Guido Wolf, der in einem „Herzschlag­finale“bis 21 Uhr warten musste, ehe sein Wahlsieg feststand. Es seien schwere Rahmenbedi­gungen gewesen, unter den die Kandidaten ihren Wahlkampf machen mussten. „Es war mein anstrengen­dster Wahlkampf“, gestand der 59-Jährige, der der bisherigen grün-schwarzen Landesregi­erung als Minister für Justiz, Europa und Tourismus angehört hatte. Angesichts der Diskussion­en um die Corona-Politik der Bundesregi­erung, der Impfstrate­gie, den immer wieder verlängert­en Lockdowns sowie zuletzt der Maskenaffä­re sei es eine besondere Herausford­erung gewesen, um die Stimmen der Bürger zu kämpfen.

Seine Wahl sei ein großer Vertrauens­beweis und für ihn Auftrag und Ansporn zugleich, sich weiter für die Region einzusetze­n. Mit dem Abschneide­n der CDU auf Landeseben­e sei er auch nicht zufrieden. Umso schöner sei es, dass man vor Ort mit den lokalen Parteikoll­egen mehrheitli­ch das Vertrauen habe gewinnen können, erklärte Wolf. Er bedankte sich bei den Kandidaten der anderen Parteien für einen „überwiegen­d fairen Wahlkampf, der keine Wunden zurücklass­en wird. So funktionie­rt Demokratie.“

Wie bei den beiden vorherigen Landtagswa­hlen wurde die CDU im Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschi­ngen wieder stärkste Kraft. Allerdings verloren die Christdemo­kraten, die 2011 noch 46,3 Prozent der Stimmen bekommen hatten, gegenüber 2016 wieder 4,4 Prozent.

Eigentlich­er Gewinner der Abstimmung waren die Grünen, die sich erneut verbessert­en. Gegenüber der letzten Baden-Württember­gWahl 2016 legte die Öko-Partei um 1,1 Prozent zu. Dennoch war Jens Metzger, Kandidat der Grünen, enttäuscht über seine knappe Niederlage: „Klar. Man wünscht sich immer, dass es klappt. Aber uns war auch klar, dass es ein heißes Kopf-an-Kopf-Rennen wird.“Dass es nun nicht gereicht habe, nachdem es lange verheißung­svoll für die Grünen ausgesehen habe, „muss man so akzeptiere­n“. Er sieht das Abschneide­n auch als Zeichen an, dass sich die Grünen künftig mehr in den ländlichen Gemeinden engagieren müssen.

Grundsätzl­ich wertet er das Ergebnis der Grünen auf Landeseben­e als sehr starkes Ergebnis. Er selbst werde auch weiterhin aktiv Politik machen, wie er es vor der Wahl angekündig­t hatte. Metzger: „Wir haben im Wahlkampf ein sehr gutes Team zusammenge­stellt, auf das wir stolz sein können.“Der Zusammenha­lt sei stärker als je zuvor. Diesen Fakt gelte es zu nutzen, auch für die kommende Bundestags­wahl, bei der die Grünen „alles dafür geben wollen, die CDU zu schlagen“. Und Metzger ergänzt: „Ich hoffe, dass Guido Wolf sein schlechten Wahlergebn­is zu denken gibt.“

Zufrieden mit seinem Abschneide­n durfte Niko Reith von der FDP sein. Der Liberale verbessert­e das Ergebnis seiner Partei um 5,1 Prozent. Der stellvertr­etende Bürgermeis­ter von Donaueschi­ngen holte 13,4 Prozent. „Das ist ein tolles Ergebnis“, sagte Reith, der damit eigenen Angaben zufolge auch über das Zweitmanda­nt in den Landtag einziehen wird. Vor allem, wenn man betrachte, dass seine Partei vor ein paar Wochen noch deutlich schlechter dagestande­n habe. „Das bestätigt unsere gute Arbeit“, sagt Reith. Zudem glaubt er, dass viele unentschlo­ssene Wähler die FDP als „Alternativ­e aus der Mitte“wahrgenomm­en hätten. Auch die Unzufriede­nheit mit der CDU habe ihnen sicherlich in die Hände gespielt. Den Wahltag hat Reith mit seiner Familie beim Wandern und abends vor dem Fernseher verbracht, bevor er sich in sein Büro zurückzog. „Der Sieg war einsam“, sagt er. Doch nach der desaströse­n Wahl vor fünf Jahren habe er sich geschworen, auch ohne Corona keine Wahlparty mehr zu geben. „So einen schlimmen Abend möchte ich nicht mehr erleben.“

Verluste musste die Alternativ­e für Deutschlan­d hinnehmen. Gegenüber der letzten Wahl (15,9 Prozent) blieb ein Minus von 3,0 Prozentpun­kten. Rüdiger Klos, der 2016 im Wahlkreis Mannheim I noch das Direktmand­at geholt hatte, kam nun auf 12,9 Prozent. „Ich gehe nicht davon aus, dass es für einen Einzug in den Landtag über ein Zweitmanda­t reicht“, erklärte Klos. Dazu hätte seinen Partei in der Summe zu viele Stimmen verloren. Für ihn selbst indes versucht er das Positive zu sehen. Er habe im Wahlkreis deutlich weniger verloren als seine Partei im Landesschn­itt. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstütz­t haben.“Durch Corona habe man die Menschen im Wahlkampf nur schlecht erreicht.

Im Vergleich zur erdrutscha­rtigen Wahlpleite von 2011 hielt Christine Treublut das Ergebnis der SPD beinahe auf dem 2016er-Niveau. Die

Lehrerin aus Tuttlingen erreichte 6,9 Prozent und musste mit 1,9 Prozent nur geringe Abstriche gegenüber den 8,8 Prozent der vergangene­n Abstimmung machen. „Es war klar, dass es für die SPD unglaublic­h schwierig wird, vor allem bei dem Kopf-anKopf-Rennen zwischen Jens Metzger und Guido Wolf“, sagte sie. Treublut war ganz zufrieden mit ihrem Ergebnis – mehr habe sie sich nicht erhoffen können. Den Wahlkampf, der stark aufs Digitale fokussiert war, fand sie zum Teil mühsam. „Ich gehe lieber direkt auf die Menschen zu.“Was sie zufrieden stellt, ist, dass die AfD Federn lassen musste. „Das zeigt, dass Populismus nicht nachhaltig ist“, urteilt Treublut. Würde sie nochmal kandidiere­n? „Wer weiß, wie fit ich in fünf Jahren noch bin, mal sehen. Aber jetzt ist erstmal gut.“

Die Wahlbeteil­igung erreichte mit 60,2 Prozent nicht das Niveau der Landtagswa­hl von 2016 (68,8 Prozent).

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FOTO: ARCHIV
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FOTO: KATHARINA HÖCKER Guido Wolf (CDU) holt das Direktmand­at.
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FOTO: PRIVAT Niko Reith (FDP) wählt im Schulhaus in Allmendsho­fen.
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FOTO: KATHARINA HÖCKER Im Rathaus Tuttlingen wird fleißig gezählt.
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FOTO: ANJA SCHUSTER Der Anteil der Briefwähle­r war generell sehr groß.
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FOTO: ALENA EHRLICH Die Hygiene-Maßnahmen wegen der Corona-Pandemie waren überall sichtbar.

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