In Hausen kratzen die Grünen an 40 Prozent
CDU verliert vor allem an die FDP – AfD verliert in fast allen Gemeinden
SPAICHINGEN/PRIMTAL/HEUBERG - Es ist eine Wahl mit großen Überraschungen gewesen. Der Erfolg des jungen grünen Kandidaten Jens Metzger dürfte viele erstaunt haben. In Spaichingen ist das Ergebnis historisch: Die CDU liegt – wie in Trossingen, Tuttlingen und Donaueschingen – hinter dem grünen Kandidaten. Die CDU hat ihre Basis nach wie vor in den ländlichen Gemeinden.
Trotz Besonderheiten des Wahlkreises folgt der Bereich Spaichingen/Primtal/Heuberg doch auch dem Trend im Land. Klarer Gewinner
ist Kretschmann (immerhin in Spaichingen geboren!), seine Grünen, klar verloren haben CDU und SPD. Die FDP holt auch in den Gemeinden in und rund um Spaichingen klar auf.
Die Wahlbeteiligung, die 2016 sprunghaft angestiegen war, weil die Menschen durch die Bewältigung der Flüchtlings-Zuzüge politisiert waren, ist wieder abgesunken. Bis auf eine Gemeinde: Egesheim.
Diese Gemeinde sticht in mehrfacher Hinsicht heraus und folgt keinem Trend. Zum einen stieg die Wahlbeteiligung von 54,5 Prozent auf 64,05 Prozent. Was bemerkenswert ist. Zum anderen wird in der Grafik die SPD gar nicht mehr ausgewiesen, weil sie von 3,7 noch weiter auf 0,76 Prozent abrutscht. Zum Dritten verlieren die Grünen gegen den Trend rund drei Prozent, aber auch die AfD sinkt um drei Prozent auf 15,15 Prozent. Damit ist die Gemeinde nicht mehr an dritter Stelle im Landkreis.
Reichenbach behält allerdings den „ersten Platz“bei den AfD-Stimmen. In der Gemeinde wollten 2016 fast ein Viertel der Wähler diese Partei im Landtag haben (23,8 Prozent). Mit 20,62 Prozent in 2021 sinkt der Anteil aber deutlich. In Bubsheim legt die AfD kräftig auf 20,18 Prozent zu und in Aldingen wählen 17,9 Prozent diese Partei. Die QuerdenkerParteien spielen demgegenüber aber keine Rolle in den Gemeinden im Bereich
des Heuberger Boten.
Die FDP legt überall zu. In den Gemeinden, in denen die CDU besonders viel verliert, bekommt die FDP besonders hohe Ergebnisse, etwa in Gosheim 14,25 Prozent Anteil, Wehingen mit 13,4, Deilingen mit 13,3 und Denkingen mit 13,04 Prozent. Hier sinkt der Anteil der Grünen aber um ein Prozent – gegen den Trend. Vollkommen ungewöhnlich das Ergebnis in Hausen: Sage und schreibe 37,9 Prozent holten hier die Grünen. Der CDU-Vorsitzende Gosheims, Karl Werner Bode, sagt auf unsere Bitte um Stellungnahme: „Natürlich bin ich enttäuscht, aber nach den Geschichten der Maskenraffkes war klar, dass wir das zurück aufs Panier kriegen.“Es sei eine Kretschmann-Wahl gewesen. Was künftige Koalitionen angeht, gefällt ihm die Vorstellung, dass die CDU vielleicht mit der AfD auf der Oppositionsbank sitzen und vielleicht sogar gemeinsam abstimmen würde, nicht. „Die CDU-Mitglieder wären damit mit Sicherheit nicht einverstanden.“
Er sehe aber auch keinen Anlass, etwas an der vorhandenen Koalition zu ändern. „Die Koalition hat gute Arbeit gemacht. Es gibt keine Wechselstimmung bei den Wählern.“Auch wenn er für Gosheim persönlich enttäuscht sei über die Verluste der CDU, könne er wenigstens damit leben, dass diese offenbar zur FDP gewandert seien und nicht zur AfD.
Annette Reif, Bundestagskandidatin der Grünen, segelt jetzt mit Rückenwind auf ihre Wahl zu. Sie sagt: „Es ist unfassbar knapp geworden, ein großer Erfolg für Jens Metzger.“Das Ergebnis sei ein Aufbruchsignal „für unseren schwarzen Wahlkreis.“Man sehe, dass Glaubwürdigkeit und Kompetenz zählten.
Was sie zu den doch überdurchschnittlich hohen Werten, gerade auch in ihrer Gemeinde Aldingen, der AfD sagt? „Das ist schwierig zu sagen. Sind diese Leute mit Fakten noch erreichbar? Ich werde es auf jeden Fall versuchen.“
Spaichingens CDU-Vorsitzender und Kreisgeschäftsführer Uli
Braun sagt: „Es freut uns, dass Guido Wolf das Direktmandat gewonnen hat, denn er hat gute Arbeit geleistet.“Was das Ergebnis für Spaichingen bedeute, werde man in den kommenden Tagen intern besprechen. Über dieses Ergebnis sei er natürlich enttäuscht. „Wir hatten natürlich auch keinen Rückenwind aus Berlin mit Impfchaos und Maskenaffäre.“
Man müsse analysieren, wie man wieder mehr Vertrauen in den Städten erwerben könne. Persönlich fehle ihm das direkte Feedback, das man durch Wahlkampf-Veranstaltungen bekomme. „Jeder hockt daheim und wir machen Webex-Konferenzen.“Das sei einfach nicht dasselbe, wie wenn man mit den Bürgern spreche. Die CDU habe es wenigstens mit
Marktständen versucht. Marcel Aullia, FDP-Vorsitzender in Spaichingen, sagt zum Wahlausgang ein Wort: „Wahnsinn“. „Wir sind ja sonst nicht so erfolgsverwöhnt.“Es sei eines der besten Wahlergebnisse in Spaichingen seit den 80er-Jahren. Die FDP legte auf 12,9 Prozent zu von 8,1 und liegt damit sogar vor der einstigen FDP-Hochburg Trossingen: „Das ist ein tolles Ergebnis für die Liberalen in Spaichingen.“Welche Koalition es letztlich werde müsse man sehen, er könne sich eine Ampel durchaus vorstellen. Es hänge aber von den Inhalten ab, die im gesellschaftlichen Bereich durchaus Schnittmengen zu den Grünen hätten. „Da hat es in den letzten Jahren eine Annäherung gegeben.“
Die Wahlergebnisse der einzelnen Gemeinden finden Sie auf Seite 16.