„Korrekturen sind online schwieriger“
Jens Kistenfeger, Leiter der Volkshochschule Trossingen, zum Experiment von Online-Bewegungskursen
TROSSINGEN/SPAICHINGEN - Die Volkshochschulen in Trossingen und Spaichingen machen derzeit ein Experiment – das offenbar funktioniert. Weil Präsenzkurse im Gesundheitsbereich wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr coronabedingt untersagt sind, haben die beiden Volkshochschulen den Kurs „5x5 – Online gesund in den Frühling“gestartet (wir berichteten). Der Kurs läuft inzwischen seit mehreren Wochen. Redakteur Michael Hochheuser befragte den Leiter der VHS Trossingen, Jens Kistenfeger, zur Resonanz und zu Vor- und Nachteilen von Bewegungskursen in der virtuellen Variante.
Wird das neue Angebot mit Kursen in Yoga, Autogenem Training, Fitnessgymnastik, Pilates und Quigong angenommen?
Wir haben damit gerechnet, dass es gut angenommen wird – aber sind schon überrascht, dass sich der Kurs so schnell bis zur maximalen Teilnehmendenzahl gefüllt hat. Der Kurs läuft jeden Abend von Montag bis Freitag je eine Stunde, insgesamt über fünf Wochen bis zu den Osterferien. Bisher waren an jedem Abend zwischen 20 und 30 Teilnehmende anwesend – und das vom ersten Tag bis heute. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass sich die Zahl der Teilnehmenden je Kursabend noch reduziert, was aber nicht so ist. Wir müssen noch Erfahrungen sammeln, wo die Grenze solcher Veranstaltungen liegt.
Wie läuft ein solcher Abend ab?
Die Kursleitung ist daheim oder bei der VHS Trossingen oder Spaichingen und macht Übungen vor. Je nach Situation wirft die Kursleitung einen Blick in die Runde oder reagiert bei Bedarf auf Anfragen der Teilnehmenden. Online-Kurse an der Volkshochschule sind auf Interaktivität angelegt – es muss die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Kursleitung und Teilnehmenden geben, um möglichst nahe an die Präsenzsituation zu kommen.
Funktioniert die Technik bei dem Kursus, der über das KonferenzProgramm Zoom läuft, zuverlässig?
Ja, es klappt alles in allem gut. Wenn Teilnehmende in Gebieten mit schlechter Internetverbindung wohnen, bewirkt das schon mal Qualitätsverluste; oder es ist mal ein Mikrofon falsch eingestellt. Vor Kursbeginn haben wir eine TechnikSprechstunde für die Teilnehmenden eingerichtet. Bei der Anmeldung zum ersten Termin gab es bis auf bei drei, vier Teilnehmende keine Probleme. Bis auf eine Ausnahme konnten wir die aus der Welt schaffen. Die Kursleitungen hatten in der Regel schon häufiger auf diese Weise gearbeitet – mit einer Ausnahme, die wir eingearbeitet haben. Das Alter der Teilnehmenden reicht von Mitte 20 bis etwa 70 – mit einer Häufung im mittleren bis etwas höheren Alter. Aber technische Versiertheit kann man nicht am Alter festmachen: So wie es technisch versierte ältere Teilnehmende gibt, gibt es andererseits auch wenig technikaffine jüngere.
Worin sehen Sie die Nachteile bei der Weitergabe von Entspannungsund Bewegungstechniken mittels eines Bildschirms ins heimische Wohnzimmer?
Im sozialen Aspekt: Wenn Kursleitung und Teilnehmende in einem Raum sind, sind sie sich einfach näher. Es kommt eher ein Gemeinschaftsgefühl zustande. Und online ist es für die Kursleitung schwieriger, Korrekturen durchführen, als in einer Turnhalle mit Teilnehmenden vor sich. Durch den näheren Kontakt sind die Möglichkeiten zum Eingreifen größer. Außerdem möchte nicht jeder daheim die Kamera mitlaufen lassen. Ich vermute, dass manche keine Fremden in ihr Wohnzimmer schauen lassen wollen.
Und was sind Vorteile eines Online-Kurses im Vergleich zu einem Präsenzangebot?
Dass wir Teilnehmende auch aus anderen Regionen haben. Die kommen bei Online-Angeboten der Volkshochschulen Tuttlingen, Trossingen und Spaichingen nun auch aus Siegen, Bautzen, Hamburg oder Paris. Wenn Teilnehmende dort mitbekommen, dass wir ein Angebot haben, das sie interessiert, dann können sie sich einfach bei uns melden und den Kurs problemlos besuchen. Ein Vorteil ist auch, dass die Teilnehmenden im Winter bei Schnee und Dunkelheit nicht raus müssen, sondern von daheim aus mitmachen können. Eine gehbehinderte Frau vom Heuberg hat uns gesagt, dass ihr Online-Kurse lieber sind als Präsenzangebote.