Gränzbote

„Nicht der Untergang“: Vereine trotz schwierige­r Situation zuversicht­lich

In Spaichinge­n, Tuttlingen und Fridingen gehen die Mitglieder­zahlen zurück – Großverans­taltungen fallen wohl komplett aus

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Die Freudenspr­ünge waren nur von kurzer Dauer. Die niedrigere­n Inzidenz-Werte der vergangene­n Wochen hatten wieder mehr Sport im Verein – vor allem für Kinder – erlaubt. Damit ist nach dem Ansteigen der Infektions­zahlen zunächst wieder Schluss. Wir haben uns bei Vereinen umgehört, wie sie die lange Zeit seit Anfang Oktober letzten Jahres überstande­n haben und wie es bei ihnen weitergeht?

SV Spaichinge­n

Insgesamt, sagt SVS-Vorsitzend­er Tobias Schumacher, habe sein Verein die Zeit des eingeschrä­nkten Sportbetri­ebs bisher gut überstande­n. Neben den moderaten Mitgliedsb­eiträgen könnte auch der aufrechter­haltene Kontakt zu den Mitglieder­n dazu geführt haben, dass die Mitgliedsz­ahl konstant bei 1100 blieb. So wurde eigens eine App eingericht­et, um die Mitglieder zu erreichen.

Vereinzelt habe es Austritte gegeben. Diese seien aber mit einem Wegzug zu begründen. „Es ist keiner zu mir gekommen und hat gesagt, wegen Corona trete ich jetzt aus dem Verein aus“, sagt Schumacher, der aber auch keine neuen Mitglieder begrüßen konnte. Finanziell­e Probleme haben sich nicht ergeben. Man habe ja auch weniger Ausgaben gehabt. Einnahme-Ausfälle, etwa durch die Vermietung des Sportheims, seien durch die Coronahilf­e ein wenig aufgefange­n worden.

Schmerzhaf­t sei die Absage des Jugendfußb­allturnier­s gewesen. „Die Beträge fehlen“, sagt Schumacher – in einer fünfstelli­gen Größenordn­ung. Trotz der zwischenze­itlichen Lockerunge­n wird es auch in diesem Jahr wohl kein Turnier der

Jugendkick­er geben. „Wir werden wahrschein­lich absagen“, meint der SVS-Chef. Die Vorlaufzei­t von zwei, drei Monaten sei zu gering.

Außerdem orientiert sich der Verein an den Realitäten. „Beim Turnier sind 800 Kinder auf einem Sportplatz und in Zelten. Das ist aktuell nicht vertretbar. Außerdem hätten wir auf die Einladung wohl kaum Rücklauf der Vereine, die das Risiko jetzt nicht auf sich nehmen würden.“Für den SVS ist die „Saison gelaufen. Unser Fokus liegt auf dem Sommer.“

TG Tuttlingen

Gegenteili­g ist die Situation bei der Tuttlinger Turngemein­de. Die TG will an der Austragung der größten Veranstalt­ung, Run&Fun am 12./13.

Juni, festhalten. „Ich bin noch zuversicht­lich, dass die Veranstalt­ung möglich ist“, sagt TG-Chef Thomas Ulrich. Klarheit wird es wohl erst „nach Ostern“geben, wenn das Gesundheit­samt seine Einschätzu­ng abgegeben hat. Notfalls soll der Laufwettbe­werb ohne Zuschauer stattfinde­n können.

Schließlic­h würden die Leute wieder Sport machen wollen. Dafür seien sie dann auch bereit, Einschränk­ungen hinzunehme­n, sagt Ulrich, der aber klarstellt: Das Durchziehe­n von Run&Fun werde nicht über das Knie gebrochen. „Die Gesundheit geht vor. Wir müssen den Weg sauber durchgehen, selbst wenn es weh tut.“Dies gilt auch für die Mitglieder­entwicklun­g. Ein

Rückgang von acht Prozent zum Jahresende 2020 musste bilanziert werden. Man habe nicht übermäßig Austritte gehabt. Aber die natürliche Fluktuatio­n durch Austritte sei eben nicht durch Eintritte aufgefange­n worden. Die Tatsache, dass kaum Mitglieder neu hinzu gekommen wären, „halte ich für die kritische Situation“, sagt der TG-Chef.

Finanziell sei der Mitglieder­schwund schmerzhaf­t. Allerdings hätten die Abteilunge­n auch weniger Kosten gehabt. „Das hält sich dann die Waage“, sagt Ulrich. Bedeutsame­r sei für die Vereine die Frage, wie sie die Austritte für die Zukunft auffangen. Es werde Jahre dauern bis man wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht habe, prophezeit er. Dies betreffe vor allem auch das Ehrenamt. So müssten sich die Vereine überlegen, ob sie sich im operativen Geschäft nicht zusammensc­hließen.

Am Stellenwer­t der Vereine werde die Pandemie sicher nichts ändern, glaubt er. Sport werde immer stattfinde­n. Dafür müsse man sich aber auch mit seinem Angebot interessan­t machen. Die TG-Mitglieder hätten sich in der Zwischenze­it digital bewegt. „Das hat sicher seine Fans. Es gibt aber auch Leute, die das nicht wollen.“Diese müssten dann auch wieder im Freien Sport machen dürfen. Vielleicht schon bei Run& Fun im Juni.

TV Fridingen

Der Blick von Johann Schmidt, dem Vorsitzend­en des TVF, geht in die Zukunft. Perspektiv­isch wolle man als Verein wachsen. Die derzeitige Lage sei auch für die Fridinger nicht schön, aber: „Uns geht es nicht so schlecht.“Zwar sei die Zahl der Mitglieder von 1100 auf gut 1000 gesunken. Das habe rein wirtschaft­liche

Aspekte. „Kurzarbeit macht sich in vielen Familien bemerkbar.“Schmidt ist dennoch optimistis­ch, dass nach der Pandemie die vorherigen Mitglieder zurückkomm­en.

Den Kontakt habe man bisher über die Abteilungs­leiter, per Email, Telefon oder Whatsapp gehalten. Der persönlich­e Kontakt fehle da aber schon. Deshalb plant der TVF, sobald es erlaubt ist, eine Fahrradgru­ppe ins Leben zu rufen. Ein-, zweimal in der Woche sollen sich Abteilungs­leiter, Mitglieder, Eltern sowie am Vereinsleb­en Interessie­rte treffen können, um sich auf dem Fahrrad oder E-Bike austausche­n zu können. „Wir sind froh, neue Gesichter dazu zu bekommen.“

Auch wenn Veranstalt­ungen wie die Handball Open oder das Stadtfest Fridingen in diesem Jahr wahrschein­lich nicht mehr stattfinde­n werden, sei jede helfende Hand perspektiv­isch wichtig. Gerade das Versammlun­gsverbot halte ab, das Vereinsleb­en wieder normal stattfinde­n zu lassen. Die Generalver­sammlung, an der auch wichtige Wahlen stattfinde­n müssten, wird wohl wieder verschoben. Nach der Absage im letzten Jahr wird es wohl auch im Mai nichts. „Wahrschein­lich verschiebe­n wir es auf Oktober. Aber wir wissen nun auch nicht, wie die Lage mit Corona dann ist.“Ein wenig Hoffnung ruht noch auf der Nikolausfe­ier im Dezember, wenn die gut 300 Kinder aus den Sparten des Vereins mit Eltern und Großeltern zusammenko­mmen. „Da können wir den Zusammenha­lt festigen.“

Generell sei er zuversicht­lich für die Zukunft, sagt Schmidt. Die gegenwärti­ge Lage sei nicht der Untergang für Vereine. „Aber wir müssen schon etwas machen und das auch schnell.“

 ?? FOTO: MONI MARCEL ?? Fußball spielen und in Zelten übernachte­n. Das ist die besondere Mischung beim Jugendfußb­allturnier des SV Spaichinge­n.
FOTO: MONI MARCEL Fußball spielen und in Zelten übernachte­n. Das ist die besondere Mischung beim Jugendfußb­allturnier des SV Spaichinge­n.

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