Mehr Bildung, mehr Digitalisierung und weniger Steuern
In ihrem Wahlprogramm setzt die FDP vor allem auf liberale Klassiker
BERLIN - Die FDP zieht mit einem deutlichen Modernisierungskurs in den Bundestagswahlkampf. „Wie es ist, darf es nicht bleiben“lautet der tonangebende erste Satz ihres Programmentwurfs, der an diesem Dienstag vorgestellt werden soll und unserer Zeitung bereits vorliegt. Viele Menschen hätten dem Versprechen vertraut, dass Deutschland das Land bleiben könne, „in dem wir gut und gerne leben, ohne dass wir etwas verändern müssen“, ist in dem Papier in Anspielung auf einen früheren CDUWahlslogan zu lesen. Spätestens die Pandemie habe gezeigt, dass das falsch sei.
Auf 68 Seiten schildern die Liberalen, wie sie sich in den Bereichen Wirtschaft, Steuern, Bildung und Gesellschaft ein moderneres Deutschland vorstellen. Für wenig Überraschung sorgen dabei die liberalen Klassiker Bürokratieabbau und Steuersenkungen, die am Anfang stehen. So sollen Unternehmenssteuern auf den OECD-Schnitt von 25 Prozent sinken. Bei der Einkommensteuer soll der „Mittelstandsbauch“abgeschafft werden, der Spitzensteuersatz erst ab einem Einkommen von 90 000 Euro greifen. Der Solidaritätszuschlag soll komplett abgeschafft werden. Steuererklärungen sollen nach dem Willen der FDP zukünftig von den Finanzämtern vorbereitet werden, die Bürger müssten die Angaben nur noch bestätigen („Easy Tax“).
Der Verwaltungsapparat soll grundsätzlich auf Vordermann gebracht werden. „Während andere
Staaten ihre Verwaltung digitalisiert haben, haben wir an Formularen und Zettelwirtschaft festgehalten“, beklagen die Liberalen. Sämtliche Bürgerdienstleistungen sollen deswegen zukünftig auch online erledigt werden können. Auch das Gesundheitswesen soll stärker digitalisiert werden. Damit diese Vorhaben nicht wie bisher „unkoordiniert,
ziellos und chaotisch“verlaufen, will die FDP nun ein „Ministerium für Digitale Transformation“schaffen.
Viel Raum wird außerdem dem Thema Bildung gewidmet. So soll ein Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen in den Bildungssektor fließen. Eine Reform des Bildungsföderalismus soll dem Bund zudem mehr Einfluss sichern, um die Qualität der Bildung bundesweit zu verbessern. Auch im Berufsleben soll Weiterbildung gefördert werden, etwa durch ein „Midlife-Bafög“.
Klimapolitisch grenzen sich die Liberalen besonders von den Grünen ab, indem sie vor allem auf einen Emissionshandel setzen: Der Staat solle festlegen, wie viel CO2 noch emittiert werden darf und danach Zertifikate verteilen, den Rest würde der Markt erledigen.
Zu möglichen Koalitionen ist in dem Papier zwar nichts zu lesen. Ein Jamaika-Bündnis könne aber „durchaus wieder eine Option sein, über die man sprechen sollte“, sagte Parteichef Christian Lindner. Wichtigstes Wahlziel sei allerdings, „zweistellig zu werden, damit Schwarz-Grün und Grün-Rot-Rot keine eigene Mehrheiten haben und die FDP für eine Regierungsbildung gebraucht wird“.