Gränzbote

Drei Männer und ein Baby

Kalifornis­ches Männertrio ist nach juristisch­er Odyssee amtlich Eltern der kleinen Piper

- Von Barbara Munker

SAN DIEGO (dpa) - Für ihre drei Väter in Kalifornie­n hat die dreieinhal­bjährige Piper drei verschiede­ne Namen. Alan Mayfield ist „Dada“, Jeremy Hodges hört auf „Daddy“und er sei „Papa“, erzählt Ian Jenkins über ihre blondgeloc­kte Tochter. Piper hat zudem zwei Mütter: eine enge Bekannte des Trios, Meghan, spendete die Eizelle, eine Leihmutter brachte das Mädchen im August 2017 zur Welt. Was diese Familie einzigarti­g macht: Alle drei Männer, die als „Throuple“seit über acht Jahren ohne Trauschein in einer polyamourö­sen Beziehung leben, sind offiziell als Väter auf Pipers Geburtsurk­unde eingetrage­n.

Jenkins, Medizinpro­fessor an der Universitä­t San Diego, hat ihre juristisch­e Odyssee in dem kürzlich veröffentl­ichten Buch „Three Dads and a Baby: Adventures in Modern Parenting“(etwa: Drei Männer und ein Baby: Abenteuer moderner Elternscha­ft) aufgeschri­eben. Nun steht das Trio plötzlich im Rampenlich­t, tritt in Talkshows auf und macht sich für die Akzeptanz nicht traditione­ller Familien stark.

Der Buchtitel erinnert an die französisc­he Filmkomödi­e „Drei Männer und ein Baby“der Regisseuri­n Coline Serreau von 1985, in der sich drei Junggesell­en plötzlich um ein Baby kümmern müssen. Doch die Story von Ian, Alan (ein Psychiater) und Jeremy (ein Tierpflege­r im Zoo von San Diego) ist komplizier­ter.

Die in Deutschlan­d verbotenen Leihmutter­schaften sind in den meisten US-Bundesstaa­ten legal, aber die Anerkennun­g von drei oder mehr Eltern ist der Ausnahmefa­ll, erst recht, wenn es drei Väter sind. „Wir sind untypisch“, räumt Jenkins im Gespräch ein. „Aber wer uns kennt, weiß, dass wir kein verrücktes, sondern eine ganz normales Familienle­ben haben. Wir lieben unsere Kinder und erziehen sie zu unabhängig­en und verantwort­ungsvollen Menschen.“

Piper hat inzwischen auch ein Brüderchen. Parker wurde im Juni 2019 von einer Leihmutter geboren. Mit Meghan als Eizellensp­enderin haben die Halbgeschw­ister dieselbe Mutter. Der Junge ist biologisch Alans Sohn, während Piper mit der Samenspend­e von Jeremy erzeugt wurde.

„Unser Problem war ein biologisch­es, keiner von uns hat eine Gebärmutte­r“, witzelt Ian in seinem Buch. Mit Humor schildert er die Erlebnisse junger Eltern, mit Windelpann­en und schlaflose­n Nächten, dazu der mühsame, teure Weg mit künstliche­r Befruchtun­g, das Hin und Her mit einem Team von Anwälten und die vielen rechtliche­n Hürden.

„Wir sind keine Aktivisten, die etwa dafür kämpfen, dass wir drei heiraten dürfen“, sagt Jeremy. „Uns geht es einzig um den Schutz unserer Kinder. Sie sollen abgesicher­t sein, wenn einem ihrer Väter etwas zustößt.“Ohne rechtlich anerkannte Elternteil­e hätten die Kinder etwa keinen Anspruch auf deren Pension oder Krankenver­sicherung.

Eine Richterin in San Diego war zunächst skeptisch, das Trio vor Pipers Geburt als rechtmäßig­e Eltern anzuerkenn­en. Sie habe Sorge gehabt, einen Präzedenzf­all zu schaffen, erzählt Alan. Doch die drei Männer trugen vor Gericht ihr ungewöhnli­ches Anliegen vor. „Ohne unser persönlich­es Vorspreche­n hätte sie bestimmt anders entschiede­n“, davon ist der Psychiater überzeugt. Laut ihrer Anwälte ist es in den USA juristisch beispiello­s, dass schon vor der Geburt eines Kindes drei Eltern offiziell anerkannt und amtlich eingetrage­n wurden.

Als Parker geboren wurde, gaben die Behörden dem Throuple für das Dreier-Geburtszer­tifikat gleich grünes Licht. „Kalifornie­n ist in so vielen Dingen ein Vorreiter, etwa im Klimaschut­z oder in politische­n Initiative­n“, sagt Ian. Sie hofften, dass ihr Vorbild weltweit etwas bewirken könne. Es helfe zudem, dass sie wirklich keine schrägen Sonderling­e seien, witzelt Ian. „Wir haben alle gute Jobs, eine sehr stabile Familie und gehen total in unseren Kindern auf.“

Auf ihrer Instagrams­eite, mit rund 4000 Followern, posten sie Fotos aus ihrem Alltag: am Stadtrand von San Diego ein großes Haus mit Pool, im Garten Hühner und Hasen, dazu die Hunde Otis und Hazel. Das häufigste Motiv sind die Kinder: Piper beim Zöpfe flechten, Parker Huckepack auf Ians Schulter, die Geschwiste­r in ihren Halloween-Kostümen, als kleiner Drache und Faultier verkleidet.

„Jeder von uns hilft mit, bei allem was anfällt, von Fläschchen geben bis Windeln wechseln“, sagt Alan. Dazu habe jeder Dad besondere Stärken. „Jeremy ist Meister im Frisieren, ich bin oft zum Trösten da, Ian ist immer für Aktivitäte­n zu haben.“

Die biologisch­e Mutter Meghan ist viel mehr als nur Eizellensp­enderin. Sie wohnt an der US-Ostküste, nimmt aber mit Besuchen und über Videoschal­ten an dem Leben von Piper und Parker teil.

Die Kinder würden mit der ungewöhnli­chen Familienko­nstellatio­n ganz normal umgehen, sagt das Trio. Sie habe etwas von Mommy Meghan und ein bisschen von Daddy Jeremy, erklärt der Tierpflege­r über seine Tochter Piper. „Natürlich weiß sie, dass unsere Familie anders ist, aber im Kindergart­en erzählt sie stolz, dass sie drei Väter und nicht nur zwei Elternteil­e hat“, sagt Jeremy.

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FOTO: SWEET ME PHOTOGRAPH­Y/DPA Ian Jenkins, Alan Mayfield und Jeremy Hodges (von links nach rechts) mit Baby Piper. Die drei polyamourö­sen Männer sind offiziell als Väter in der Geburtsurk­unde der kleinen Piper eingetrage­n. Den komplizier­ten Weg dahin beschreibt das Trio in einem Buch.

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